Unzureichende Informationen zur Sparkassenfusion

Trotz der mehrheitlichen Zustimmung zur Sparkassenfusion im Haupt- und Finanzausschuss und in der Verbandsversammlung bleibt die Ratsfraktion der Wählergemeinschaft Gemeinsam Für Lünen (GFL) bei ihrer Haltung: Sie hält die vorgeschlagene Fusion der Sparkassen Lü-nen/Selm und Werne für nicht entscheidungsreif. Die bisher vorliegenden Informationen reichen nach Ansicht von Fraktionschef Prof. Dr. Johannes Hofnagel bei Weitem nicht aus.

Seine Fragen und Bedenken hat er in einem Fragenkatalog (s.u.) zusammengefasst, der am 29.10.2015 auch im Rat der Stadt Lünen behandelt wird. Diese Fragen sind seit langem dem Sparkassen Vorstand bekannt und immer noch nicht bzw. nicht ausreichend beantwortet.

Johannes Hofnagel hat darum beantragt, dass zunächst die Fragen beantwortet werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird.
Bezeichnend sei – so Hofnagel - auch, dass der Lüner Kämmerer Uwe Qitter sich auch nicht ausreichend informiert fühlt und sich in der Verbandsversammlung zu dem Fusionsvorschlag somit enthalten hat, weil er die Angemessenheit der Fusionspläne nicht beurteilen könne, wie er der lokalen Presse auf Anfrage mitgeteilt hat.

Die Haltung der SPD- und CDU-Fraktion, die die Fusion offensichtlich übers Knie brechen wol-len, sei eine schiere Machtdemonstration aus unterschiedlichen Motiven, meint der GFL-Chef. Der GFL-Fraktion gehe es darum, aus Sicht der Stadt Lünen und unter Beachtung des in der Gemeindeordnung festgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes, Alternativen zur Zukunft der Sparkasse Lünen ohne Vorfestlegungen bewerten zu können. Das sei jedoch eine sehr komplexe Bewertungsaufgabe, die eine Vielzahl an Informationen erfordert. Erst am Ende der Bewertung sollte dann die aus Sicht der Stadt Lünen vorteilhaftere Alternative umgesetzt werden.

In seinem Fragenkatalog geht es Hofnagel unter anderem um wichtige Ertrags- und Risiko-kennzahlen, um Planungszahlen, Substanzbewertungen, nicht betriebsnotwendiges Vermögen und weitere wichtige Bewertungskriterien bis hin zu Fragen zu den Stiftungen der Sparkasse Lünen sowie auch die Besetzung des Vorstandes, die offensichtlich ohne den Vorstandsvor-sitzenden der größeren Lüner Sparkasse stattfinden soll.

Es muss die sich aufdrängende Frage nachvollziehbar und sachlich beantwortet werden, ob Werne als Träger der Sparkasse bei der Fusion bevorteilt und wir mit unserer Stadt Lünen als Sparkassenträger in mehreren Bereichen benachteiligt werden?

Prof. Dr. Johannes R. Hofnagel
Mitglied des Rates der Stadt Lünen
Horstmarer Str. 37
D-44532 Lünen

An den Bürgermeister und
die Mitglieder des Rates der Stadt Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen Lünen, 29.10.2015

Ratssitzung am 29.10.2015
TOP II.5 „Vereinigung der Sparkasse Lünen mit der Stadtsparkasse Werne“
Anträge und Anfragen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratsmitglieder,

in meiner Funktion als Mitglied des Rates der Stadt Lünen und aufgrund des mir laut Gemeindeordnung NRW persönlich zustehenden Informationsanspruchs und Informationsrechts bean-trage ich, zum Tagesordnungspunkt II. 5 „Vereinigung der Sparkasse Lünen mit der Stadtsparkasse Werne“ der Ratssitzung am 29.10.2015 die folgenden Fragen in der gebotenen Form zu beantworten bzw. die u. g. Informationen/Unterlagen bereit zu stellen:

1. Kurze grafische oder tabellarische Darlegung der Entwicklung wichtiger Ertrags-, Bilanz- und Risikokennzahlen der beiden Sparkassen seit 2005 mit Kurzerläuterungen zu bedeu-tenden und auffälligen Aspekten

2. Vorlage bzw. Möglichkeit zur Einsichtnahme der Wirtschaftsprüfungsberichte oder zu-mindest der für eine Fusionsabsicht relevanten Passagen der Sparkasse Lünen und der Stadtsparkasse Werne für die letzten drei Jahre

3. Vorlage einer Mittelfristplanung der beiden Sparkassen (stand alone) und der fusionierten Sparkasse mit aussagekräftigen Erläuterungen der Planungsannahmen und Optimie-rungsmaßnahmen im Zuge der Fusion; die Vergleichbarkeit der Planungen ist ggf. herzu-stellen mit Blick auf Planungsannahmen, zu beachtender Rahmenbedingungen und Betriebsvereinbarungen u.a.

4. Vorlage üblicher Unternehmensbewertungen (Ertragswert-/DCF-Bewertung und Substanzbewertung) für folgende Einheiten (die Grundsätze zur Durchführung von Unter-nehmensbewertungen des INSTITUTS DER WIRTSCHAFTSPRÜFER, IDW Standard S 1, sollten selbstverständlich beachtet werden):
a. Sparkasse Lünen
b. Stadtsparkasse Werne
c. Fusionierte Sparkasse unter Berücksichtigung von Einspar- und Optimierungsmöglichkeiten

5. Bericht zur gezielten Chancen-/Risikoprüfung der Fusion und in erster Linie des möglichen Fusionspartners, der Stadtsparkasse Werne. Insbesondere zu folgenden Aspekten und Prüfungsbereichen sollten belastbare Informationen vorgelegt werden (sofern hierzu bisher kein Wirtschaftsprüfer beauftragt wurde, sollte dies in dem üblich gebotenem Maße nachgeholt werden):
a. Detaillierte Prüfung und Berichterstattung zur Nachhaltigkeit der Ertragskraft: In diesem Zuge ist die Stadtsparkasse Werne insbesondere hinsichtlich mögli-cher Investitionsstaus und ihrer Geschäftsausrichtung zu untersuchen. Ebenso ist die Vergleichbarkeit der Ertragsprognosen herzustellen (gleiche Planungs-annahmen sowie Anpassung evtl. unterschiedlicher Rahmen- und Betriebsver-einbarungen in den beiden Sparkassen). Erst auf Basis der dann bereinigten und dann vergleichbaren Ergebnis- und Bilanzdaten, sind die beiden Fusions-kandidaten kennzahlenmäßig gegenüberzustellen.
b. Risikoorientierte Schwerpunktprüfung des Kreditportfolios
c. Prüfung rechtlicher Risiken
d. Prüfung stiller Reserven und Lasten sowie die detaillierte Aufstellung nicht betriebsnotwendigen Vermögens bei den beiden Sparkassen

6. Darlegung der geplanten und bereits durchgeführten Maßnahmen bei der Sparkasse Lü-nen zur Vorbereitung der Fusion. Hierzu stellen sich u.a. folgende Fragen: Was passiert mit nicht betriebsnotwendigem Vermögen der Sparkasse (Immobilien- und Kunstbesitz u.a.)? Inwiefern ist gesichert, dass evtl. Erträge hieraus nur den Städten Lünen und Selm in den üblichen Quoten zufließen?

7. Nachvollziehbare Darlegung und Begründung der in dem Fusionsvertrag fixierten Quoten zur Beteiligung an den Jahresergebnissen und den Steuerzahlungen

8. Nachvollziehbare Darlegung und Begründung der in dem Fusionsvertrag dargelegten Sitzverteilungen in der Verbandsversammlung und in dem Verwaltungsrat

9. Nachvollziehbare Darlegung und Begründung der Vorstandsgröße und Vorstandsbeset-zung der fusionierten Sparkasse

10. Warum äußert sich der Vorstandsvorsitzende Ulrich Fischer nicht zu der Fusion? Wir benötigen klare Informationen zu dem Status des Anstellungsvertrags mit dem Vorstands-vorsitzenden der Sparkasse, Ulrich Fischer, da es sehr ungewöhnlich ist, dass sich Herr Fischer zu dem Thema der Fusion nicht äußert oder nicht äußern darf (?). Gab es / gibt es Probleme, Meinungsverschiedenheiten o.ä. zwischen den Vorständen, dem Verwaltungsrat und Herrn Fischer? Falls ja, welche?

11. Nachvollziehbare Erläuterungen der Besetzung der wichtigen Gremienfunktionen (Vorstandsvorsitz, Verwaltungsratsvorsitz und Verbandsversammlungsvorsteher).

12. Erläuterungen zu dem Umgang mit den Stiftungen der Sparkasse Lünen. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass das aktuelle Stiftungsvermögen nur den Städten Lü-nen und Selm zufließt. Wie wird dies bei einer Fusion sichergestellt?

13. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die beiden Sparkassen zusammen zu führen. Warum wur-de die in dem Vertrag dargelegte Möglichkeit gewählt? Uns fehlt eine Kurzgegenüber-stellung der Fusionsmöglichkeiten mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen aus Sicht der Stadt Lünen/Sparkasse Lünen sowie aus Sicht der fusionierten Sparkasse.

14. Warum wird der Rat erst jetzt in die Fusionsthematik eingebunden? Üblich und geboten ist eine frühzeitige Einbindung der Gesellschafter und somit des Rates. Warum wurde davon abgewichen?

15. Wer ist Mitglied der in der Vorlage angesprochenen Verhandlungskommission? Warum sind die Mitglieder nicht durch den Rat der Stadt Lünen festgelegt und entsandt worden?

16. Warum wurden die für eine Beurteilung einer Fusionsabsicht erforderlichen Informationen den Fraktionen bisher nicht zur Verfügung gestellt? Wer ist für die bisher nicht er-folgte Bereitstellung verantwortlich?

17. Wie beurteilt der Kämmerer der Stadt Lünen und das Beteiligungscontrolling der Stadt Lünen die Fusionsabsicht? Wo sind die Einschätzungen und Beschlussempfehlungen dieser fachverantwortlichen Stellen unserer Verwaltung?

18. Welche Vereinbarungen sind getroffen worden, zum Geschäftsbetrieb der beiden Sparkassen bis zur tatsächlichen Umsetzung der Fusion?

Für den Fall, dass die o.g. Fragen nicht beantwortet bzw. die o.g. Informatio-nen/Unterlagen nicht bereitgestellt werden, beantrage/n ich/wir,

1. die Beschlussfassung bis auf weiteres zu vertagen und

2. dass der Rat die von der Stadt Lünen in die Gremien der Sparkasse Lünen (Verbandsversammlung und Verwaltungsrat) entsandten Vertreter anweist, auf die Beantwortung der o.g. Fragen und die Bereitstellung der angeforder-ten Informationen in ihrer Gremienarbeit hinzuwirken.

Ich/Wir verlange/n die Bereitstellung der o.g. Informationen. Sofern bei einigen der o.g. Aspekte vermeintliche Geschäftsgeheimnisse betroffen sind, kann/sollte ggf. im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung verhandelt werden. Die Verschwiegenheitspflicht aus § 22 Sparkassengesetz NRW greift nicht gegenüber dem Rat unserer Stadt Lünen, die Anstaltsträgerin ist.

Wesentliche Fragen und zu klärende Aspekte zur vorgeschlagenen Sparkassenfusion wurden bereits in dem Gespräch mit den Bürgermeistern der Städte Lünen und Selm mit den Fraktionsvorsitzenden der jeweiligen Stadträte am 3. September 2015 in den Räumen der Sparkasse Lünen durch den GFL-Fraktionsvorsitzenden Prof. Hofnagel gegenüber dem Sparkas-senvorstand Herrn Rautert und dem Verwaltungsratsvorsitzenden Schwarz adressiert und dargelegt. Ergänzend wurden Fragen und ungeklärte Sachverhalte per Email am 16.10.2015 an Herrn Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick sowie dem Sparkassenvorstandsmitglied Herrn Rautert zugesandt.
Bedauerlicherweise sind bis heute die Fragen und Sachverhalte zum Großteil nicht bzw. nicht ausreichend durch entsprechende Unterlagen beantwortet/geklärt worden. Auch in den Gesprächen mit Herrn Rautert am 5. Oktober sowie mit den Herren Rautert und Lohmann (Vorstandsvorsitzender Stadtsparkasse Werne) am 21. Oktober konnten die Informationsdefizite nicht in der gebotenen Form aufgehoben werden.

An dieser Stelle muss die Frage gestellt werden, ob zumindest der Vorstand der Sparkasse in Anlehnung an die Vorstandshaftung verpflichtet ist, die unklare Beschlusslage durch ausreichende Informationsbereitstellung gegenüber dem Verwaltungsrat und der Verbandsversammlung sowie dem Rat der Stadt Lünen zu beseitigen. Es handelt sich bei den angeforderten Informationen, um übliche Aspekte, die bei einer Fusion standardgemäß mit der an-zusetzenden kaufmännischen Sorgfaltspflicht zu bearbeiten und gegenüber den Entschei-dungsträgern darzulegen sind. Dies sind übliche Standards bei Fusionen und Unternehmens-übernahmen, die auch in Lünen durch die Sparkasse Lünen beachtet werden sollten.

Sollte sich an dieser misslichen Informationslage nichts ändern, ist die vorgeschlagene Sparkassenfusion aus unserer Sicht aktuell nicht entscheidungsreif. Die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens kann ohne die o. g. Informationen nicht belastbar und mit der gebotenen Sorgfaltspflicht bewertet werden! Es liegt somit keine Beschlussfähigkeit vor.

Die o.g. Anträge und Anfragen wird die Ratsfraktion der Wählergemeinschaft Gemeinsam Für Lünen (GFL) ebenfalls in entsprechender Form stellen.

Bei Rückfragen und beratendem Gesprächsbedarf stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

(Prof. Dr. Johannes R. Hofnagel)

Autor:

Gerd Kestermann aus Lünen

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