Versammlung der Emschergenossenschaft im Ruhrfestspielhaus

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In das 125. Jahr seit ihrer Gründung im Jahre 1899 geht die Emschergenossenschaft in fast genau einem Monat: am 14. Dezember. Anlässlich des bevorstehenden Jubiläumsjahres blickte die Emschergenossenschaft am Freitag im Rahmen ihrer Genossenschaftsversammlung im Recklinghäuser Ruhrfestspielhaus auf die großen Herausforderungen nicht nur der vergangenen Jahre und Jahrzehnte zurück, sondern auch auf die der Gegenwart und nahen Zukunft.

Insbesondere die Modernisierung der Anlagentechnik sowie die kontinuierliche Verbesserung des Hochwasserschutzes erfordern hohe Investitionen, die sich aufgrund massiv gestiegener Preise und Kosten kurzfristig auch auf die Beiträge in 2024 auswirken.

Als sondergesetzlicher Wasserwirtschaftsverband erbringt die Emschergenossenschaft nicht nur mit der Abwasserbeseitigung und -reinigung wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge, sondern ist auch für den Hochwasserschutz in der Region verantwortlich. „Sauberes Wasser, gesunde Flüsse und Bäche, lebenswerte Lebensräume an der Emscher und ihren Nebenläufen, die Anpassung an die Folgen des Klimawandels und der Schutz der Region vor Hochwasser bilden den Kern unserer Arbeit. Als Deutschlands erster Wasserwirtschaftsverband verstehen wir uns auch heute noch als Dienstleister unserer Partner und Mitglieder in der Region“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Als die Emschergenossenschaft 1899 in Bochum gegründet wurde, geschah dies aus einer Krise heraus. Die durch den Kohleabbau in der Region verursachten Bergsenkungen machten den Bau von unterirdischen Abwasserkanälen unmöglich. Der Emscher-Fluss und seine Nebenläufe wurden in der Folge als offene Schmutzwasserläufe genutzt. Aufgrund der Bergsenkungen konnten die Gewässer jedoch nicht frei fließen. Immer wieder trat das Fäkalwasser über die Ufer und verbreitete Krankheitserreger – Typhus und Cholera waren im ausgehenden 19. Jahrhundert hierzulande an der Tagesordnung.

Die Herausforderung der zur Lösung der Abwassermisere gegründeten Emschergenossenschaft: der technische Ausbau des Emscher-Systems zu einem Netz aus offenen Schmutzwasserläufen. Das Ziel: Das Abwasser sollte so schnell wie möglich fortgeschafft und Überschwemmungen verhindert werden. Die fortan mit Betonsohlschalen ausgekleideten und begradigten „Gewässer“ prägten in den folgenden Jahrzehnten das Bild der Region. Das neue Emscher-System war weder schön noch wegen der Absturz- und Ertrinkungsgefahr ungefährlich, aber es war immerhin hochfunktional.

Europas größtes Infrastrukturprojekt
Ende der 1980er-Jahre bot sich der Region mit der Nordwanderung des Bergbaus eine Chance, die die Emschergenossenschaft – in der Zwischenzeit gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken – erneut vor eine große Herausforderung stellte: Diesmal galt es, inmitten des nach Paris und London drittgrößten Ballungsraumes Europas ein Netz von mehr als 430 Kilometern unterirdischer Abwasserkanäle zu verlegen und vier moderne Großkläranlagen zu bauen. Die Emschergenossenschaft nahm die Herausforderung an – 1992 erfolgte der erste Spatenstich für das Generationenprojekt Emscher-Umbau, Europas größtes Infrastrukturprojekt und eines der weltweit größten Vorhaben zur Renaturierung eines Flusssystems. 30 Jahre wurden für die Befreiung der Emscher vom Abwasser veranschlagt.

Keine drei Jahrzehnte später, Ende Dezember 2021, war die Herausforderung bewältigt und das Ziel innerhalb des geplanten Zeitrahmens erreicht: Nach mehr als 170 Jahren als „Köttelbecke“ war die Emscher vollständig vom Abwasser befreit. Vor Ort an der neuen blauen Emscher gratulierten mittlerweile unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz. „Rund 5,5 Milliarden Euro investierte die Emschergenossenschaft in die Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität – ein Mehrwert nicht nur für Flora und Fauna, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger in der grünsten Industrieregion der Welt“, sagt Dr. Frank Dudda, Vorsitzender des Genossenschaftsrates der Emschergenossenschaft.

Vom Klärwerk zum Hybridkraftwerk
Nach und nach werden die abwasserfreie Emscher und ihre Nebenläufe in den kommenden Jahren naturnah umgestaltet, mehr als 170 Kilometer an Gewässern sind bereits renaturiert und bieten neuen Freiraum für das blaugrüne Leben, das an die einstigen Schmutzwasserläufe zurückkehrt. Doch längst hat sich die Emschergenossenschaft in den vergangenen Jahren neuen Herausforderungen zugewandt: „Unser Klärwerk in Bottrop haben wir zum Hybridkraftwerk Emscher umgebaut, eine von Deutschlands ersten vollständig energieautarken Großkläranlagen. Damit leisten wir unseren Beitrag zur Energiewende vor Ort“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.

Fotos,  Emschergenossenschaft

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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