Die Deichöffnung zwischen Altrhein und Urdenbacher Kämpe hat begonnen

Dr. Volkhard Wille vom Vorstand der NRW-Stiftung, Kristin Wedmann vom Rheinisch-Bergischen Wasserverband, Dr. Ulrike Nienhaus als Vertreterin der Bezirksregierung, Heinz-Günther Nösler von der Biologischen Station Urdenbacher Kämpe und Helga Stulgies, Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Düsseldorf, vor dem Schreitbagger in der Urdenbacher Kämpe.  Fotos: Michael de Clerque
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  • Dr. Volkhard Wille vom Vorstand der NRW-Stiftung, Kristin Wedmann vom Rheinisch-Bergischen Wasserverband, Dr. Ulrike Nienhaus als Vertreterin der Bezirksregierung, Heinz-Günther Nösler von der Biologischen Station Urdenbacher Kämpe und Helga Stulgies, Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Düsseldorf, vor dem Schreitbagger in der Urdenbacher Kämpe. Fotos: Michael de Clerque
  • hochgeladen von Thomas Spekowius

Spaziergänger, Jogger und Radfahrer müssen sich in den kommenden Wochen auf bedeutende Einschränkungen bei ihren Ausflügen in die Urdenbacher Kämpe einstellen.

An diesem Montag begannen dort, zunächst ganz im Südosten, die Aushub-Arbeiten für die Öffnung des alten Sommerdeiches an zwei Stellen – einmal in Richtung Urdenbach sowie nochmal südlich bei Hellerhof und Baumberg. Bis voraussichtlich März wird der Deichweg aus diesem Grund gesperrt bleiben. Die mit einem sogenannten Schreitbagger in Angriff genommenen Arbeiten sind Teil eines groß angelegten Renaturierungs-Projektes, über die der Wochen-Anzeiger bereits vor einigen Wochen ausführlich berichtet hat.

Vor allem mit Landesmitteln und unter enger fachlicher Begleitung des Teams der Biologischen Station Urdenbacher Kämpe auf Haus Bürgel wird hier ein spannender Spagat gewagt. Die Auenlandschaft soll in den kommenden Monaten und Jahren noch einmal deutlich aufgewertet und in ihrer Entwicklung wieder mehr den Launen der Natur überlassen werden. Gleichzeitig aber soll die Landschaft auch für den Menschen noch attraktiver und erlebbarer gestaltet werden. So werden dem jetzt erfolgten Deichdurchbruch auch zwei neue Brücken mit später dann ganz neuen Blicken in die Auenlandschaft folgen. Das erklärte Ziel: Es soll noch mehr Wasser in die Naturlandschaft gebracht werden. Und die naherholungssuchenden Menschen sollen künftig noch näher an das Wasser und dessen Bewohner herangebracht werden.

Zwischen diesen Brücken wird entlang des Baumberger Grabens ein flaches Niederungsgewässer entstehen. „Einzigartig in NRW“, wie die Düsseldorfer Umweltdezernentin Helga Stulgies am Montag nicht ohne Stolz betonte.
„Auch in diesem Sommer haben wir ja wieder viel über natürlichen Hochwasserschutz gehört. Hier ist er tatsächlich sichtbar und erlebbar“, betonte Dr. Volkhard Wille vom Vorstand der NRW-Stiftung. Bei Hochwasser fungiert die Auenlandschaft in der Kämpe wie ein Schwamm, saugt das Wasser förmlich auf und gibt es danach vor allem auch nur langsam ab, nimmt dem Rhein also auch Fließgeschwindigkeit. Gut so! Denn alle wissen inzwischen, dass die Einengung und Verdichtung der Flüsse mit Blick auf Hochwassersituationen keine gute Idee war.

Mit der Deichöffnung wird der Garather Mühlbach, der in der Kämpe in den „Altrhein“ übergeht, nun ganz bewusst wieder in ein „ungemachtes Flussbett“ entlassen, um sich auf der anderen Deichseite, also zum Rhein hin, selbst sein neues, deutlich verbreitertes Bett zu suchen.

Der in den 50er-Jahren aufgeschüttete Deich hatte das bislang verhindert, um die landwirtschaftlich genutzten Felder in der Kämpe nicht zu überfluten. Inzwischen hat das Land NRW jedoch viele der so „gefährdeten“ Flächen nach und nach aufgekauft, um sie nun kontrolliert an die Natur zurückzugeben.
Im heutigen Gewässerverlauf werden zunächst künstlich Querwälle aus Lehm und Totholz angelegt, um den Wasserabfluss zu verlangsamen, bis sich der natürliche Zustand wieder eingestellt hat. Das Ergebnis soll dann ein außerordentlich lebendiger und vielfältiger Fließgewässerabschnitt rund um den Deichweg sein. Nach etwa 2,5 Kilometer Fließstrecke ab Hellerhof wird das Wasser dann schließlich durch eine zweite Deichöffnung in Höhe der heutigen Mündung des Baumberger Grabens in den Urdenbacher Altrhein zurück geleitet.
Der bestehende Wanderweg bleibt den Fußgängern, Radfahrern und Joggern nach Abschluss der Arbeiten nicht nur erhalten, er wird sogar deutlich an Attraktivität gewinnen. Die zwei neuen Brücken über die Deichöffnungen werden wechselnde Perspektiven auf den Urdenbacher Altrhein bieten. Gerade an der Überleitung des Altrheins in seine „neue“ Aue ist mit interessanten Entwicklungen zu rechnen. Natur als Naherlebnis! Mit Holger Pieren von der Biologischen Station Urdenbacher Kämpe hoffen nun alle Naturfreunde auch auf neue Gäste in der Auenlandschaft. Und auf deutlich mehr Raum für die, die schon da, aber bislang kaum zu sehen sind. Die Rohrammer und der Teichrohrsänger etwa, der Kleinspecht und der Sumpfrohrsänger – im Schilf und in der Luft. Im beruhigteren Wasser dürften sich Hecht und die im Flachwasser laichende Schleie ebenso wohlfühlen wie Quappe und Karausche. Und wussten Sie, dass es in der Aue schon heute allein 25 verschiedene Libellenarten gibt? Ach ja, und dann hoffen Holger Pieren und seine Mitstreiter auch noch auf die Rückkehr des Wachtelkönigs. – „Das wäre im wahrsten Sinne des Wortes die Krönung.“

Hintergrund

Der Urdenbacher Altrhein ist Teil des Naturschutzgebietes Urdenbacher Kämpe im Süden von Düsseldorf. Die Kämpe gehört zu den letzten Flussauen am Niederrhein, die regelmäßig bei Hochwasser überschwemmt werden. Als so genanntes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet hat sie einen hohen Rang unter den europäischen Naturschutzgebieten. Verursacher des Hochwassers in der Kämpe sind der Rhein, aber auch der Garather Mühlenbach. Dieser fließt bei Hellerhof in die Rheinaue und folgt dem Verlauf eines alten Rheinbettes. Ab dort heißt er dann „Urdenbacher Altrhein“.

Auf den ersten Blick sieht das Altrhein-Gewässer zwar „natürlich“ aus, aber durch die für einen Flachlandbach unnatürlich hohe Fließgeschwindigkeit verlagert sich der Sand in der Bachsohle ständig, so dass es für Kleintiere wie Krebse und Larven sowie für Unterwasserpflanzen keinen Halt gibt – für sie eine extrem lebensfeindliche Situation.

Baubedingte Einschränkungen


Ein Bauvorhaben wie die Renaturierung des Altrheines ist aus Sicherheitsgründen nur mit zeitlich überschaubaren Sperrungen umzusetzen. Die Tiefbauarbeiten gleich an mehreren Stellen mit Baufahrzeugverkehr und Maschineneinsatz müssen so ausgeführt werden, dass keinerlei Risiko für Spaziergänger und Radfahrer besteht. “.

Die größte Einschränkung betrifft den Dammweg. Dieser muss ab Mitte August 2013 bis voraussichtlich März 2014 gesperrt werden. Der betroffene Abschnitt befindet sich zwischen der weiterhin uneingeschränkt zugänglichen Holzbrücke Urdenbach und dem Rodelberg Hellerhof.

Auch die Fußgängerbrücke in Höhe Emil-Barth-Straße wird gesperrt. Die Baustellen können nicht umgangen werden.

Eine Exkursion zur Deichöffnung wird am Samstag, 12. Oktober, von der Biologischen Station angeboten. Treffpunkt ist um 15 Uhr der Wanderparkplatz Baumberger Weg (Piel‘s Loch).

Dr. Volkhard Wille vom Vorstand der NRW-Stiftung, Kristin Wedmann vom Rheinisch-Bergischen Wasserverband, Dr. Ulrike Nienhaus als Vertreterin der Bezirksregierung, Heinz-Günther Nösler von der Biologischen Station Urdenbacher Kämpe und Helga Stulgies, Umweltdezernentin der Landeshauptstadt Düsseldorf, vor dem Schreitbagger in der Urdenbacher Kämpe.  Fotos: Michael de Clerque
Sieht natürlich aus, ist aber doch ein von Menschenhand gelenktes Flussbett. Der Altrhein in der Urdenbacher Kämpe.
Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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