Glosse
Aus der Reihe „Grausame Kinderlieder“ - Heute: „Häschen in der Grube“

Foto: Collage unter Verwendung eines Hasens aus dem Eulenspiegel-Kinderbuchverlag
  • Foto: Collage unter Verwendung eines Hasens aus dem Eulenspiegel-Kinderbuchverlag
  • hochgeladen von Franz Bertram Firla

Erstleser inklusive Erstleserinnen werden sich fragen, was für eine Tätigkeit in der Grube hier gemeint ist und wie das so abläuft, dieses Hä-schen? Wie häscht man richtig` Muss es korrekt nicht „haschen“ heißen? Ja, „Haschen in der Grube“, ein Bergmannsspiel, bei dem alle hinter dem mit den längsten Ohren herlaufen. - Nie gehört?

Meine Schwierigkeiten mit dem Lied lagen aber bei einem ganz anderen Wort. Ich konnte das weiche, stimmhafte s am Wortanfang schon immer schlecht hören. Deshalb hatten Kinderlieder für mich oft andere Bedeutungen als für die übrigen Gleichaltrigen.

„Häschen in der Grube“ war eins davon. Mein Häschen saß nicht, es aß.
Es aß und schlief. Das schien sich mit meinen Beobachtungen in Opa Wilhelms Kaninchenstall zu decken. Opa nannte das zwar „mümmeln“, aber gut.
Nein, nicht gut! Dieses Mümmeln wurde und wird von anderen offenbar als krank empfunden:

„Armes Häschen bist du krank,
dass du nicht mehr hüpfen kannst!“

Und dann die herzlos - sarkastischen Kommandos:

Häschen hüpf!
Häschen hüpf!
Häschen hüpf!

Es wird offenbar ein friedlich mümmelnder Hase brutal beim Mittagsmahl aufgeschreckt und zum Herumhüpfen gezwungen. Das sollte mal jemand mit uns machen!

Aber damit nicht genug. Er sitzt ja bereits in einer Grube. Was aber ist das für eine Grube?
Haben sich all die Kitaliederperformer schon mal eigenständig Gedanken darüber gemacht?
Grubenpferde ja, die gab es. Aber Grubenhasen? Ich habe meinen Opa, den Bergmann, damals nach Grubenhasen befragt. Er war sich sicher, dass da unten vor Ort keine Langohren gezüchtet wurden.
Sieht also nach einer Fanggrube aus, die jemand ausgehoben hat, um sich einen Hasenbraten zu verschaffen oder sich nach den zynischen Kommandos „Has hüpf!“ an dem verzweifelten Gehoppel des Hasen in zwei Meter Tiefe zu ergötzen.

Fazit: Ein Tierquälerlied der übelsten Sorte!!!

Nächstes Mal: „Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal“
und das Grimmsche Märchen von „Hase und Igel“

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.