FrostbeulenPestAlarm!

Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung. Halten Sie sich ausreichend warm - oder schreien Sie um Hilfe!
  • Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung. Halten Sie sich ausreichend warm - oder schreien Sie um Hilfe!
  • hochgeladen von Anke Müller

Letzte Woche war es doch saumäßig kalt. Erinnern Sie sich? Mir ist da ein Ding passiert - Liebe Leute, ich bin echt blöd! Lassen Sie sich erzählen!

Wissen Sie alle, was Frostbeulen sind?
Wenn die Haut gefrostet wird, entstehen Beulen; wie der Name schon sagt. Früher dachte ich immer, "Frostbeulen zu haben" sei so was wie eine Beleidigung. Genau wie man in meiner Jugend als abfällige Bemerkung verwendete: "Der hat Krätze". Zumindest tat man das da, wo ich herkomme. Ich kannte halt früher keinen, der jemals an einem von beidem krankte. Aber die Zeiten ändern sich! Gerade stand es in der Presse: Mülheim hat aktuell 91 Fälle von Krätze. - Aber lassen wir diesen Strang mal fahren, hier geht es nur um Frostbeulen!

Ausgerechnet in diesem Winter habe ich mir den Mist nämlich gleich zweimal zugezogen! Können Sie sich noch an den Schneesturm eines Sonntags im letzten Dezember erinnern? Nach nur zwei Stunden fanden wir uns in Mülheim unvermittelt in einem hochverschneiten Wintermärchen wieder. In den Alpen schneit es einen Dreck dagegen!

Nun wohne ich lange genug hier in unserem beschaulichen Kohlenpott, um zu wissen: Sobald Schnee fällt: Nix wie sofort raus in die weiße Pracht! Wenn man bis nach dem Mittagessen wartet, ist die eh schon wieder weggetaut.
So auch an jenem Sonntag: Kurz nach zehn, mitten im fettesten Schneetreiben, machte ich mich mit meinen Mannen auf den Weg in den Wald: Der Schlittenberg war unser Ziel. Normalerweise hätten wir das Auto genommen, denn man stapft bei hohem Schnee schon um die 25 Minuten dort hin, doch die Pferdekutsche war so hoch zugeschneit: Mein Mann hätte sie erst freischaufeln müssen. Den anderen Wagen hätte er auch nur mit Mühe aus seinem behüteten Kellerstellplatz bekommen – gingen wir also zu Fuß. Das ist auch besser fürs Klima.
Sie lesen es: So weit war der Ausflug durchdacht!

Jetzt hatten wir aber, wie schon erwähnt, etliche Jahre im Pott keinen Schnee mehr  gehabt - die drei mickrigen Federschäuerchen zwischendurch zählen nicht – und außerdem kam das viele schöne Schneeweiß ja unangekündigt bei uns an. Will sagen: Hätte ich mehr Zeit gehabt, mich auf Mülheimer Schneeverwehungen und Wintermärchen einzustellen, hätte ich vermutlich am Morgen nicht meine beige Sommerhose angezogen, sondern was Dickeres von weiter hinten aus im Schrank gewählt. Hatte ich aber nicht.

Wir fuhren also ein paar Runden Schlitten. Indes zog es mir immer frischer um die Beine herum. Nach vielleicht vier Abfahrten sagte ich deswegen zu meinen Leuten: „Jungs und Mädel, die Mutter wandert schon mal heimwärts, die friert.“
Mein Mann schien sich auch zu dünn eingekleidet zu haben, denn er schloss sich mir an. Außerdem dürstete ihn nach einem Kaffee, schließlich war ja Wochenende. Couch flätzen, Füße hochlegen, dampfender Kaffee, ganz frischer Kuchen und ein Loch ins Kaminfeuer stieren: Sie kennen das.

Wir Alten machten uns also auf den Heimweg. Nachdem wir den Wald verlassen hatten, kämpften wir uns schutzlos durch den Schneesturm. Der tobte von vorn und fatschte mir im Senkrechtflug kiloweise Neuschnee gegen meine Sommerhose. Die Flocken waren riesengroß und entsprechend nass, und wir wissen alle vom Phsyikunterricht aus der Schule und vom Strandurlaub, wie sich das mit nasser Körperoberflache bei Wind verhält: Man friert. Bei Sturm friert man entsprechend heftiger und wenn es noch dazu eh schon saukalt ist: Schockgefriert man quasi wie Petersilie. Wäre ich jünger gewesen und nicht so abgeklärt: Ich hätte laut gejammert!

Nachdem ich also unterwegs halb verstarb, erreichten wir irgendwann mit letzter Kraft unsere Hütte. Drinnen war es mollig warm und schön trocken. Ich wollte mich eben steifgefroren und erleichtert meiner nassen Kleidung entledigen, als meine Oberschenkel mit einem Mal fürchtlich anfingen zu jucken. Sie juckten und sie brannten, sie waren feuerrot und glühten – es fühlte sich an, als hätte ich in einen Ameisenhaufen genächtigt. Ich kratzte und kratzte und konnte mehr als eine Stunde lang gar nicht mehr damit aufhören. Irgendwann wurde es besser.
Den Rest des Sonntags verbrachte ich eingerollt in einer Decke auf dem Sofa. Sie brauchen nicht mit mir zu schimpfen, ich weiß es selber: Beim nächsten Mal ziehe ich mehr an!

Am Montagabend erzählte mir mein Mann eine Geschichte, die mich emotional so mitnahm, dass ich mich erst einmal hinsetzte und meinen Kopf in die Hände schloss. Wie ich dazu eben meine Ellbogen auf die Oberschenkel aufstützte, durchfuhr mich in beiden ein heftiger Schmerz. Aua! Wat, zur Hölle, war dat denn??
Ich zog meine Bux herunter, um nachzuschauen – da waren meine beiden Oberschenkel blitzblau und heftig angegeschwollen! Ich sah an den Beinen aus, als hätte ich mit meinem Mann eine Meinungsverschiedenheit ausgetragen und dabei den Kürzeren gezogen. Oder als wäre ich, ungeschickt wie ich bin, mit meinem Pubertikel beim Boxtraining gewesen. Den zweiten Vergleich erwähne ich nur, nicht dass noch jemand meint, mir ginge es daheim schlecht.
„Schau dir das an!!“, sagte ich entsetzt zu meinem Mann. „Was sind das für dunkelblaue Dinger??“
Mein Mann war auch erschrocken. „Ich glaube, das sind Frostbeulen.“ Zur Sicherheit guckte er aber noch einmal im Internet nach. Die dicken Veilchen würden ungefähr vier Wochen bleiben, las er mir vor. Neben den Schmerzen würden sie auch fürchterlich jucken. Man darf auf gar keinen Fall kratzen! (Dämliche Klugscheißer!)

Irgendwann verschwanden die hässlichen Beulen, ich vergaß sie auch gänzlich wieder. Bis zum letzten Wochenende. Zu meiner Ehrenrettung sei darauf verwiesen, dass wir hier im Pott nicht nur keinen Schnee kennen – um richtig knackige Kälte steht es bei uns ebenso mager.
Jetzt bin ich ja ein Fahrradfanatiker, ich erzählte es bereits. Mittlerweile schulte ich altersbedingt auf Schönwettersportler um, zumindest wenn es um nasses Gelände geht. Mit meinem Sportrad ohne Schutzblech heize ich nur noch los, wenn die Sonne scheint. Und es wird noch besser: Seit diesem Winter lasse ich es bis zum Frühjahr gleich im Stall stehen und nehme stattdessen das Citybike. Wenn ich mich zu einer Runde aufmache, muss ich dann nicht erst die Kleidung wechseln, denn mit einem Damenrad fährt man nun mal gemütlicher. Außerdem: Ein im Wind flatternder Wollschal mit Bommeln auf einem Mountainbike: Das sieht schon scheiße aus.

Aber kommen wir mal zum letzten Wochenende zurück! Mir wäre es ja eigentlich eh zu kalt für einen Ausritt gewesen, doch mein Mann nötigte mich. „Komm, fahr eine Runde mit dem Fahrrad, dann bist du ausgeglichener“, meinte er mütterlich, als ich wohl ein wenig herumgezickt hatte.
Konnte ja nicht schaden, dachte ich mir und machte mich auf den Weg zu: 'Meine Kleine Winterrunde‘. Die geht über knapp 30 Minuten und beinhaltet zwei schöne Steigungen. Kurz überprüfte ich meine Kleidung: Ich trug nach langer Zeit endlich einmal wieder meine beige Sommerhose und obenherum zwei Schichten Stoff: die untere aus Baumwolle, die äußere aus Fleece. Darüber dann Softshelljacke, Wollschal, Mütze und Handschuhe - bei solch kurzer Strecke ist die Kleidung eh fast egal und ich düste los.

Bissiger Winterwind pfiff mir um die Nase und kniff mir in die Wangen, er riss an meiner Mütze und biss feindselig in meine Ohren – ich trat schneller als gewöhnlich in die Pedale und machte, dass ich wieder nach Hause kam. Das waren verdammt harte 30 Minuten für mich!

Endlich langte ich wieder daheim an. Es dämmerte bereits und ich sauste mit dem Cityesel in die Garage. Ein wenig achtlos band ich ihn fest und stürmte ins Haus. Mollige Wärme begrüßte mich und die Tür krachte hinter mir ins Schloss. Erleichtert entledigte ich mich meiner äußeren Kälteschutzschichten und als ich eben auch die Schuhe auszog, fingen auf einmal meine Knöchel an zu jucken wie Hulle!

Sie juckten und sie brannten, sie waren feuerrot und sie glühten – es fühlte sich an, als wäre ich mittenrein in einen Ameisenhaufen getrampelt. Ich sage Ihnen weiter nichts!
Wie kann eine einzige Frau nur so blöd sein?
Den Rest des Winters bleibe ich jetzt jedenfalls drinnen!

Autor:

Anke Müller aus Mülheim an der Ruhr

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