Bürger gegen Fracking Erdgas-Fördermethode kann zu schwersten Umweltschäden führen

Eine Fracking-Bohranlage im norddeutschen Leer. | Foto: Foto: Wintershall
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Die Angst geht im Mülheimer Aktionsbündnis gegen Fracking um: Schon bald werden die ersten Rohre in die heimischen Böden versenkt, um zu erkunden, wieviel Erdgas im Schiefergestein unter unseren Füßen gespeichert ist. Ist die Menge hoch genug, droht die Förderung mit der umstrittenen Fracking-Methode.

Nahezu alle Mülheimer Bürgervereine, Umweltverbände und im Stadtrat vertretenen Parteien wehren sich gegen die mögliche Ausbeutung von Gasvorkommen mittels Fracking.
Das erklärte gestern Ute Möhlig, Sprecherin der Bürgervereine Links der Ruhr im Aktionsbündnis. Die Methode der Förderung gefährde massiv die Umwelt, weil es Risiken gebe, die nicht beherrschbar seien. Betroffen ist aber nicht nur Mülheims Süden, sondern die gesamte Region: In West-Ost-Richtung von der niederländischen Grenze bis Warburger Börde und in Süd-Nord-Richtung von Wuppertal bis nach Niedersachsen.
„Unter uns liegt Schiefergestein, in dem Erdgas eingelagert ist“, erklärte Professor Dr. Erhard Mohr, der Bergbau studiert hat und bundesweit ein Spezialist für Bergbau-Forschung ist. Diese Schieferschicht liege in einer Tiefe von bis zu über vier Kilometern. Allerdings hätten Erdverschiebungen im Laufe der vergangenen Millionen von Jahre dafür gesorgt, dass ein Teil dieser Schicht hier in der Region bis auf eine Tiefe von 200 Metern nach oben gedrückt wurde.
Das will sich Deutschlands größtes Erdgas- und Erdölförderunternehmen Wintershall, eine Tochter der BASF, zunutze machen. Durch Probebohrungen, die inzwischen genehmigt wurden, will das Unternehmen feststellen, ob eine förderwürdige Menge vorhanden ist. Reicht die Menge aus, will man bohren.
„Doch so einfach ist es nicht, das Gas zu fördern. Der festgedrückte Schiefer muss rissig werden, damit das Gas aufsteigen kann. Das erreicht man mit hohem Druck und einem Chemiecocktail“, erläuterte Mohr. Und gerade der sei brandgefährlich, denn 80 Prozent dieser Mittel verbleiben tief unten in der Erde. „Wir reden von tausenden von Tonnen“, warnte Mohr. Niemand könne vorhersagen, wie die Chemikalien, unter anderem verdünnte Säuren, Tenside (Waschmittel), Bleich- und Frostschutzmittel und Laugen, miteinander und mit denen aus dem Boden reagieren. Es sei aber bekannt, dass radioaktive Stoffe wie Radon und Strontium gelöst werden und Schwermetallverbindungen entstehen.
„Irgendwann steigen diese Gifte und radioaktiven Stoffe, zu denen sich noch Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoff gesellen, höher. So hoch, dass sie in die Trinkwasser- und soleführenden Schichten eindringen und verseuchen. Auch Restgase wie Methan werden diesen Weg nehmen“, sagte der Spezialist. Man müsse nicht in die USA schauen, wo dies passiert. „Bereits heute ist bekannt, dass die Methan-Quellen im Münsterland mit Radionukliden belastet sind.“
Die Firmen selbst würden garantieren, dass dies in den kommenden 80 Jahren nicht passiert. „Was ist aber danach?“, fragte Mohr. Doch das seien nicht die einzigen Gefahren. Durch die künstlich erzeugten Risse verschöben sich die Gesteinsschichten und können Erdbeben bis zu einer Stärke von 3,5 auf der Richterskala auslösen. Welche Auswirkungen dies auf die ohnehin vorhandenen Bergbauschächte habe, könne ebenfalls niemand vorhersagen.
Völlig offen sei auch, wie die verbleibenden 20 Prozent der Frac-Flüssigkeiten entsorgt werden. „Die Betreiberfirmen schlagen vor, diese in öffentlichen Kläranlagen zu entsorgen oder sie in ehemalige Öl-und Gaslagerstätten zu verklappen. Möglich sei auch, sie in die Tiefe versickern zu lassen oder in Flüsse einzuleiten.“
Die Nutzung der vorhandenen alternativen Energiereserven, wie heißes Grubenwasser und Geothermie, würden gar nicht ins Blickfeld gerückt, bedauerte Mohr. Käme die Gasförderung, wären diese Zukunftsalternativen verbaut.

Autor:

Dirk-R. Heuer aus Hilden

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