Ein Regenbogenmärchen

Es war einmal ein Regenbogen. Er war immer schon bunt, doch was fehlte, war
der Glanz. Er wusste nicht, was es war das ihm fehlte, damit auch er glänzen
konnte. Aber er hatte von fern andere Bögen gesehen, die glänzten und
funkelten.
Der Regenbogen wollte auch so glänzen. Aber er konnte nicht fragen, weil die
anderen so fern waren. Und er wusste auch garnicht, wonach er fragen sollte.
Ein Regenbogen hatte ihm mal gesagt, das manche der anderen nur glänzen,
weil am Ende ein Topf mit Gold steht.
Aber das sei nicht der RICHTIGE Glanz.
Das sei nur der Glanz, den das Gold auf den Bogen werde. Den richtigen
Glanz, das echte Funkeln, das müsse der Bogen fühlen.
Aber was war das? Fühlen? Der andere Bogen sagte, Fühlen sei das, was das
Leere in ihm ausfüllen würde. Erst wenn es voll sei mit Gefühl, dann könne
auch er glänzen.
Doch woher bekam man Gefühl?..."Du musst jemanden finden, der dir zeigt, wie
du es bekommst. Aber davon gibt es nicht viele...Du musst warten."
Also ging der Regenbogen los. Da er nicht wusste, wo er anfangen sollte,
suchte er zuerst in der Stadt. Er fragte die Häuser, ob sie jemanden kennen,
der ihm zeigt was Fühlen ist. Aber die Häuser sagten, das möchten sie
garnicht wissen. Die Menschen die in ihnen wohnen, sagten immerzu, sie
fühlen sich schlecht. Er solle lieber nicht weitersuchen. Und warum er denn
glänzen wolle? Es gäbe doch sowieso keinen der ihn ansehen würde. Keiner
hätte Zeit dazu.
Der Regenbogen war enttäuscht und zog weiter...in die Berge...
...und fragte den ersten, ob er ihm sagen könne, wie er fühlen lerne, um
glänzen zu können.
Doch der Berg sagte:" Ich bin aus Stein. Stein kann nicht
fühlen. Stein ist kalt und hart. Und wenn ein Stein so gross und mächtig
ist, wie ich es bin, dann braucht er keine glänzenden Regenbögen. Und nun
lass mich in Ruhe!"
Der Bogen ging rasch weiter zum Wald. Er schien ihm freundlich, mit den
bunten Blättern und Blümchen. Und so fragte er den Wald.
Aber der meinte,das sich der Bogen nicht täuschen lassen soll. Tief innen im Wald, sei allesdunkel und modrig. Und oben die Blätter würden ihn den Bogen ohnehin nichtsehen lassen.
Es sei ihm eigentlich egal, ob er glänzen würde, oder nicht.
Er habe genug damit zu tun, jedes Jahr neue Blätter zu produzieren. Und weil
alles vergänglich sei, wäre es besser, nicht zu fühlen.
Und wieder wusste der Bogen nicht weiter. Er machte Rast über einer Wiese.
Sie hatte nur Gras und ab und zu eine Blume. Hier war nichts. Hier konnte er
sich ausruhen. Er schlief ein wenig, und der Wind drehte seine Wolken so,
das der Bogen im Schlaf mitgedreht wurde.
Als er wach wurde, sah er ein quirrliges silbernes Band. Es schien sehr
lebendig, obwohl es sich nicht wirklich veränderte. Neugierig näherte er
sich, und sah Steinchen, und Blumen und kleine Fische in dem Band.
"Wer bist du?":fragte er. "Ich bin ein Fluss. Ich fliesse zum
Meer.".:antwortete das Band und lächelte ihn an. Und aus seinem Mund sprang
ein glänzendes Fischlein.
Der Bogen wurde neugierig:"Zum Meer? Was ist ein Meer?"
"Ein Meer ist ganz viel Wasser. Es schäumt und zischt, ist ruhig und glatt,
es tobt und singt, stöhnt und macht Wellen. Ein Meer kann alles. Aus dem
Meer kommt die Welt. Und ich warte seit meiner Geburt darauf, mit ihm eins
zu werden."
"Kann ein Meer fühlen?": fragte der Bogen. Er war furchtbar nervös....
"Ja! Sicher kann es das. Es macht die Regenbögen glänzend, das Meer. Komm
mit mir. Lauf immer an mir entlang. Ich kenne den Weg." und schon sprangen
lustige kleine Wellen voran, und wiesen den Weg.
Die Reise dauerte lange. Manchmal war der Bogen erschöpft von dem was der
Fluss erzählte und fragte. Doch der Fluss sagte, es sei wichtig, das er
alles von ihm wisse, damit er nicht im Meer untergehen kann. Und so erzählte
der Regenbogen von seinem Leben und seiner Suche nach dem Glanz.
Eines Tages dann sagte der Fluss:"Morgen sind wir da!"
Der Bogen platzte bald vor Aufregung. Er hatte garnicht gemerkt, das er
schon glänzte...ein wenig nur...denn nervös und aufgeregt sein, waren schon
die ersten Gefühle Und noch eins lernte er kennen...Angst...er hatte Angst
vor der Begegnung mit dem Meer. Der Fluss hatte das alles wohl gemerkt, und
versuchte ihm die Aufregung und Angst zu nehmen, die zuviel waren. Aber ein
wenig musste bleiben. Das war wichtig!
"Wir sind da. Schau nicht hin Bogen! Ich werde jetzt zu einem Teil des
Meeres, und dich fühlen lehren, damit du heller und schöner glänzt als alle
anderen Bögen.
Und hab keine Angst. Ich passe auf dich auf! Schliesse deineAugen, und ich werde dich ins Meer führen."
Der Bogen tat wie ihm geheissen. Er schloss die Augen und überliess sich
ganz dem Fluss. Auf der langen Reise hatte er noch ein Gefühl gelernt.
Vertrauen!
Und dann führte ihn der Fluss, der ein Teil des Meeres wurde. Er liess den
Bogen von Tropfen kitzeln, und von Wellen schlagen, brachte ihm warmes
Wasser, dann kaltes, wirbelte ihn hoch, und hielt ihn mit Kraft nieder,
hielt ihn fest und liess ihn frei...
...er liess ihn jauchzen vor Lust und stöhnen vor Schmerz, jubeln vor Glück
und schluchzen vor Erleichterung, er liess ihn fühlen.

Als es vorbei war, schien der Regenbogen in sich zusammenzufallen vor
Erschöpfung. Aber so wurde es nicht. Nein! Er sammelte sich, reckte sich,
wurde grösser als je zuvor, und....er glänzte und strahlte, das die Sonne
nicht mehr zu sehen war.

Er sagte dem Fluss, der das Meer war das einzige Wort das alles enthielt,
was er fühlte....

DANKE!

Autor:

Claudia Jacobs aus Mülheim an der Ruhr

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