STOAG-Geschäftsführung unter Beschuss

Bei den Stadtwerken ist Feuer unterm Dach, der Betriebsrat kritisiert die Geschäftsführung massiv. Foto: Jörg Vorholt
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„Chaotische Zustände“ macht der Betriebsrat der Stadtwerke Oberhausen seit dem Fahrplanwechsel am 9. Juni im eigenen Haus aus und richtet nun öffentlich scharfe Angriffe gegen die STOAG-Geschäftsführung.

Es muss schon einiges passieren, bis ein Betriebsrat mit einem Brandbrief an die Öffentlichkeit geht. Nach eigener Auskunft hat der Betriebsrat den diesbezüglichen Wunsch der Belegschaft geprüft und erkannt, dass Zurückhaltung keine Option mehr ist. Daher hat der Betriebsrat beschlossen, sich öffentlich zu erklären.

„Chaotische Zustände“

Der Fahrplanwechsel zum 9. Juni, er wird heftig aus dem Kreis der Fahrgäste kritisiert. Die Takte mehrerer Linien wurden ausgedünnt. Der Betriebsrat stellt unmissverständlich klar, dass weder Fahrer, noch Servicemitarbeiter für den derzeitigen Zustand verantwortlich seien. Vielmehr sei hier die Stadt Oberhausen mit ihrem Sparpaket, sowie der kaufmännische Geschäftsführer der STOAG für die „chaotischen Zustände“ nach dem Fahrplanwechsel verantwortlich.
„Abteilungen schrumpfen bei der STOAG hinsichtlich der Personalstärke, im letzten Jahr zum Beispiel eine Abteilung von acht auf fünf Mitarbeiter, ohne eine begleitende Reduktion der zu erledigenden Aufgaben. Die damit zwangsläufig verbundene Leistungsverdichtung war und ist von den verbleibenden Mitarbeitern nicht komplett aufzufangen, der Verlust von erfahrenen Mitarbeitern nicht ´ad hoc´ zu kompensieren. Bleiben dann – wie vorhersehbar – doch Aufgaben ganz oder teilweise unerledigt, oder werden nicht in der bisher gewohnten Zeit geschafft, trifft die verbliebenen Mitarbeiter scharfe Kritik“, führt Michael Stemmer, Betriebsratsvorsitzender der STOAG, aus.

Dem Unmut Ausdruck verleihen

Der Betriebsrat sehe sich daher die Pflicht, sich durch diese Veröffentlichung schützend vor die gesamte Belegschaft zu stellen, und appelliert an die Bürger, ihrem Unmut über Missstände bei der STOAG und der Stadt Oberhausen ziel – sach – und personenorientiert Ausdruck zu verleihen.
Auf die Kritik und Hinweise des Betriebsrates und der Belegschaft wurde von der Geschäftsleitung nach BR-Angaben bisher überwiegend despektierlich reagiert. Es sollen nun fünf bis acht Tage mehr pro Jahr gearbeitet werden, bei gleichzeitiger Erhöhung der täglichen Schichtzeit von bisher maximal neun Stunden auf bis zu neuneinhalb Stunden und das im Wechseldienst (bei Dienstteilung bis zu zwöf Stunden). Die planbaren freien Tage sollen nach Vorstellung der Geschäftsleitung ständig variieren. „Ein Unternehmen wie die STOAG, das sich mit der Auszeichnung `familienfreundliches Unternehmen`schmückt, aber dem größten Teil der Belegschaft, den circa 350 Beschäftigten im Fahrdienst, gegenteilige Maßnahmen zumutet, verliert per se die Legitimation sich mit dieser Auszeichnung zu brüsten“, so Stemmer.
Dem Betriebsrat ist es wichtig zu erklären, dass es nahezu aussichtslos ist, mit Personen über Würde und Menschlichkeit zu diskutieren, die das Wort „Würde“ nur als Konjunktiv zu kennen scheinen.

Erneute Provokation

Der Betriebsrat hat – um den Fahrplanwechsel am 9. Juni nicht zu gefährden – nach langen und harten Diskussionen mit der Geschäftsleitung dem dazugehörigen Dienstplan für sechs Wochen befristet zugestimmt. „Allerdings müssen wir aktuell feststellen, dass der vom Arbeitgeber vorgelegte Dienstplan für die Sommerferien ab dem 22. Juli erneut eine Provokation darstellt. Da wir bereits seit Frühjahr 2012 auf den Arbeitgeber zugegangen sind, mit dem festen Willen eine Einigung zu erzielen, halten wir es nunmehr für unerlässlich – um die Belegschaft zu schützen, die derzeit und zukünftigen strittigen Themen sehr konsequent zu behandeln. Dieses Vorgehen sehen wir mittelfristig auch im Interesse unserer Fahrgäste für unausweichlich an, um die Zuverlässigkeit des Fahrplanes wieder wesentlich zu erhöhen“, betont Stemmer.
Mit betrieblichen Aktionen wollen auch die ver.di Vertrauensleute bei der STOAG auf die neuen Dienstpläne reagieren. „So etwas hält kein Mensch aus, vor allem bleibt das Familienleben dadurch auf der Strecke“, sagt Thorsten Kamps, der stellvertretende ver.di-Vertrauensleutesprecher, der selber Busfahrer ist und weiß von was er spricht.

Belastungen im akzeptablen Bereich

In einer Stellungnahme zu diesen Vorwürfen erklärte die Geschäftsführung, dass sie sich bewusst sei, dass sich die Belastung der Mitarbeiter in den letzten Jahren erhöht hat, sich aber in einem akzeptablen Bereich bewege. Grund hierfür sei, dass die Tarifvertragsparteien sich einig gewesen sein sollen, dass nur so kommunale Arbeitsplätze im Fahrdienst gesichert werden können. Im Gegenzug bestehe bei der STOAG der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum Jahr 2019.

Warnstreik wäre rechtswidrig

Die Geschäftsführung der STOAG rechnet nicht damit, dass ver.di zu Warnstreiks aufruft. Es besteht ohnehin Friedenspflicht. Ein Warnstreik wäre danach rechtswidrig und hätte arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen die teilnehmenden Arbeitnehmer. Im Kern gehe es nicht um Angelegenheiten der Gewerkschaft, sondern um Fragen der Arbeitszeitverteilung, die mit dem Betriebsrat zu klären sind. Aus diesem Grund sei eine Arbeitsgruppe gebildet worden, in der sich Betriebsleitung und Betriebsrat mit dem Thema Dienstplan beschäftigen.
Zum Thema Fahr- und Dienstplan nimmt die Geschäftsführung wie folgt Stellung: Der Beitrag der STOAG zum Stärkungspakt Stadtfinanzen beträgt jährlich 3,5 Millionen Euro und setzt sich aus Einsparungen in verschiedenen Bereichen zusammen. So werden unter anderem 1,4 Millionen Euro im Verkehrsangebot eingespart – deshalb der neue Fahrplan. Einsparungen im Fahrdienst sind in Höhe von 350.000 Euro vorgesehen. Daher muss der Fahrdienst mit weniger Aufwand erbracht werden. Dieses wird unter anderem dadurch erreicht, indem Zeiten, in denen die Mitarbeiter des Fahrdienstes nicht lenken und Pausen haben, in geringerem Umfang als bisher als Arbeitszeit angerechnet werden. Dieses geschehe auf tarifvertraglicher Basis.
Die durchschnittliche Dienstzeit betrage heute 8:48 Stunden. Kürzere Dienstzeiten und damit kürzere Arbeitszeiten würden zu Lasten der freien Tage der Mitarbeiter im Fahrdienst gehen. Die Anzahl der freien Tage für Mitarbeiter im Fahrdienst betrage im Durchschnitt 104 Tage, bei einem Großteil der Fahrdienstmitarbeiter 108 bis 110 Tage. Der Fahrpersonal favorisiere mehr freie Tage mit längeren Diensten als kürzere Dienste und weniger freie Tage, dies hätten Befragungen des Fahrpersonals ergeben.
Die gesetzlichen Mindestpausen im Fahrdienst seien je nach Dienst unterschiedlich gestaltet. Sie können zweimal 20 oder einmal 30 Minuten Länge haben, aber auch mehrere kurze Pausen von zehn bis zwölf Minuten Länge sind laut Tarifvertrag zulässig. Durch den Fahrplanwechsel komme es nicht häufiger als vorher dazu, dass diese kurzen Pausen nicht in Gänze genommen werden können. Sollte durch Verspätungen eine Kurzpause nicht in vollem Umfang genommen werden können, würden sie in der Regel betriebsintern durch Ablösungen ermöglicht.

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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