Ganz ohne Zivis

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Mit Senioren einkaufen, ihnen Essen bringen oder einfach nur ein Schwätzchen halten: Dafür waren in den Seniorenheimen in den vergangenen Jahrzehnten die Zivis zuständig. Mit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht entfallen aber auch die Zivi-Stellen.

Wer kennt ihn nicht, den netten Zivi, der sich in den Seniorenheimen um die Unterhaltung und das Wohl der älteren Menschen kümmert und so frischen Wind in deren Alltag bringt? In Zukunft wird es ihn in dieser Form aber nicht mehr geben.

Denn durch die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht bundesweit fallen logischerweise auch die Stellen der jungen Menschen weg, die anstatt des Wehrdienstes ihren Ersatzdienst in den verschiedensten sozialen Einrichtungen abgeleistet haben. Das Problem hierbei: Viele dieser Einrichtungen sind seit Jahren auf die Arbeitskraft der Zivildienstleistenden angewiesen, und beziehen diese auch in ihre Arbeitsplanung mit ein. Dass diese Stellen jetzt wegfallen, stellt viele der Einrichtungen vor große Probleme. Die letzten Zivis nehmen nämlich bereits zum 30. Juni, allerspätestens aber zum 31. Dezember ihren Hut.
„Unseren letzten Zivildienstleistenden haben wir bereits Ende Februar entlassen, seitdem sitzen wir quasi auf dem Trockenen“, berichtet Monika Czubayko vom Domizil Burgfeld in Neviges. „Bis dato hatten wir drei Stellen in der Pflege und eine in der Haustechnik, die bei Zivis besonders beliebt war. Vor allem hier merken wir bereits jetzt die Auswirkungen, die ein Wegfall der Zivildienstleistenden mit sich bringt. Unser Hausmeister stöhnt schon unter der großen Last, die er nun alleine bewältigen muss, denn die Arbeit muss ja trotzdem gemacht werden.“ Und auch die Bewohner vermissen die jungen Leute, die oft nebenbei für ein kleines Schwätzchen zur Verfügung standen.
„Gerade in der Einzelbetreuung oder bei begleiteten Ausflügen hinterlassen die Zivis ein großes Loch“, so Gerhard Hubrich, Heimleiter der Seniorenresidenz Forststraße. „Unser letzter Zivi verlässt uns am 30. Juni und wir wissen noch nicht so richtig, wie es dann weitergehen soll. Schon jetzt bleibt ein großer Teil der anstehenden Arbeiten, wie beispielsweise Rasenmähen und Grünschnitt, einfach liegen, das ist halt der Preis des Wegfalls.“ Wie viele andere Einrichtungen werden auch das Domizil und die Seniorenresidenz sich bemühen, Einsatzkräfte über den Bundesfreiwilligendienst zu bekommen, der helfen soll, die Lücken zu füllen. Hierfür sind aber noch keine Bewerbungen eingegangen.
Eine andere Regelung trifft die Diakonie Niederberg. „Die meisten der Zivis gehen ja im Anschluss studieren und da das neue Semester erst Mitte Oktober anfängt, haben wir sie bis dahin noch weiterbeschäftigt als normale Angestellte“, berichtet Dagmar Czerny, stellvertretende Geschäftsführerin der Diakonie Niederberg. „Danach werden wir wohl neue Arbeitskräfte einstellen müssen, die Aufgaben wie beispielsweise den Menüdienst übernehmen werden. Trotzdem bieten wir natürlich auch weiterhin Dinge wie ein freiwilliges soziales Jahr an. Und über den Bundesfreiwilligendienst würden wir uns auch über ältere Bewerber freuen, die die Senioren begleiten oder einfach nur besuchen.“
Die Planungsunsicherheit, die der Wegfall der Zivis mit sich bringt, sieht Mechthild Exner vom Deutschen Roten Kreuz als das größte Problem an. „Unsere Zivis haben in der Vergangenheit Aufgaben wie Fahrdienste, Arztbesuche und auch die Pflege übernommen und dadurch, dass hier ein stetiger Wechsel war, konnten diese Arbeitskräfte auch eingeplant werden. Das ist natürlich in der Zukunft nicht mehr gegeben.“ Einig sind sich also alle: Das Loch, das die Zivildienstleistenden hinterlassen, wird groß. Wie sich der Bundesfreiwilligendienst als Ersatz entwickeln wird, bleibt indes abzuwarten.

Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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