In guter Erinnerung
Ein dünnes, vergilbtes Blatt Papier, auf dem die Schreibmaschinenschrift leicht verblasst ist, erregt Aufmerksamkeit: Es ist die Liste mit den Adressen, wo die britische Kommandantur 1945 Offiziere einquartiert hatte.
Mark Thomas, der Sohn des ehemaligen britischen Stadtkommandanten Walter Ian Thomas, präsentiert das Schriftstück mit anderen Dokumenten den beiden stellvertretenden Bürgermeistern Bernd Tondorf und Hinnerk Tegtmeier. Die Stadt Velbert gab dem Sohn des ehemaligen Stadtkommandanten, der vor drei Jahren verstarb, und seiner Witwe Joan einen offiziellen Empfang im Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum.
„Da kam ein Stadtkommandant nach Velbert, der wusste, wie man mit der Jugend umgeht“, beschreibt Hinnerk Tegtmeier das Wirken von Major W. Ian Thomas. „Drei Jahre nach Kriegsende tut er etwas, das damals ganz ungeheuerlich war: Er lädt deutsche Jugendliche, darunter drei aus Velbert, zu einem Besuch nach England ein“, erinnert Tegtmeier. „Aus dem christlichen Gedanken, unterstützt von der Evangelischen Allianz, entwickelte sich die Fackelträger-Bewegung, die Ihr Vater und Gatte ins Leben gerufen hat. Wir danken Ihnen, dass er dafür die Weichen gestellt hat.“
Für diese Fackelträger-Bewegung erwarb W. Ian Thomas in Nordwestengland ein altes Schloss, in dem sich Jugendliche aus den beiden Ländern trafen und gemeinsam die Bibel studierten. Später wurden auch in Deutschland entsprechende Freizeitheime geschaffen. Begleitet wurden Joan und Mark Thomas durch Peter Arhelger. Der Mettmanner kam als 15-Jähriger zu den „Fackelträgern“ und wurde zu einem engen Freund und Dolmetscher der Familie.
„Die Fackelträger-Arbeit ging von Velbert aus“, stellt er fest. Die enge Verbundenheit, die Major Thomas und seine Frau schon kurz nach dem Krieg zu den Deutschen im Allgemeinen und den Velbertern im Besonderen aufnahm, drückt sich nicht nur in weiteren persönlichen Briefen aus, sondern auch in der Tatsache, dass der britische Offizier seinen jüngsten Sohn John in die Obhut der Fabrikantenfamilie Witte gab, damit seine Frau ihn bei seinen Reisen begleiten konnte.
Bernd Tondorf wartet mit einer ganz persönlichen Anekdote auf, warum er froh war, dass nach der Befreiung 1945 die Amerikaner bald durch die Briten abgelöst wurden. „Ich hatte als Kind fast schwarze Haare und ein Gesicht, das einem Koreaner ähnlich war. Trafen wir auf amerikanische Patrouillen, wurde ich immer weg gescheucht, bei den Amerikanern saß das Trauma des Korea-Krieges tief. Bei den Engländern war das anders, da fiel auch für mich schon mal ein Stück Schokolade ab, die damals sensationell gut schmeckte...“
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