Höntroper Entschärfungskrimi dauerte 75 Minuten - Anwohner mussten für vier Stunden Wohnungen verlassen

Nach  75 Minuten konnte Feuerwerker Gerd Mattee die herausgeschraubten Zünder der entschärften Bomben präsentieren. | Foto: Wolf-Dedo Goldacker
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Für Gerd Mattee und sein Team vom Kampfmittelräumdienst Arnsberg war es zwar am Montag in Höntrop ein "Routinejob", doch ungefährlich sind Bombenentschärfungen nie. Bei den zwei englischen Fünf-Zentner-Bomben konnte der Feuerwerker die Zünder mit dem Spezial-Schraubenschlüssel herausdrehen. Bei der amerikanischen Zehn-Zentner-Bombe war der Zünder allerdings so festgerostet, dass er sich per Hand keinen Millimeter bewegen ließ.

Hier musste Mattee ein Spezialverfahren einsetzen. Dabei werden am Zünder zwei Mini-Sprengpatronen angebracht, die per Fernzündung zu gleichzeitiger Explosion gebracht werden. Dabei erzeugen sie für Sekundenbruchteile ein so hohes Drehmoment, dass sich der festgerostete Zünder im Gewinde löst und dann später mit dem Schraubenschlüssel herausgedreht werden kann. "Der amerikanische Zünder besteht aus Stahl und war deshalb so festgerostet. Die englischen Zünder sind auf Messingbasis gebaut und kaum korrodiert", erläutert der Feuerwerker den Unterschied. Rund 75 Minuten - von 11 bis 12.15 Uhr - brauchten die Kampfmittelräumer bis die entschärften Bomben sich auf dem LKW verstaut waren. Dann konnte Entwarnung gegeben werden.

Evakuierte blieben gefasst

Die Entwarnung wurde natürlich von den evakuierten Anwohnern des gesperrten Gebietes mit Erleichterung aufgenommen. 1200 Personen hatten den 300-Meter-Sperrkreis bereits um 8 Uhr am Montagmorgen verlassen müssen. Davon fanden sich 130 Anwohner in der Betreuungsstelle, dem neuen Feuerwehr-Gerätehaus der Löschzüge Eppendorf und Höntrop, ein.

Unter ihnen befanden sich rund 40 Flüchtlinge aus der Unterkunft Emilstraße. "Die Familien hatten die Nachricht vom Bombenfund und der Evakuierung unterschiedlich aufgenommen. Sie kommen aus dem Irak, Syrien und Serbien. Einige kannten den Begriff ,Bombe' und bekamen Angst. Doch wir konnten sie beruhigen, sodass alle sich gefasst evakuieren ließen", berichtet Sozialarbeiterin Petra Kobalt.

Gefasst waren auch die deutschen Evakuierten im Spritzenhaus. So wie Monika Stepien von der Straße "Am Ahbach": "Als ich am Freitag den Zettel mit der Evakuierungsnachricht fand, dachte ich zwar zuerst ,Oh mein Gott' und dann ,Es wird wohl nicht so schlimm werden'. Zufällig hatte ich mir für den Montag bei meiner Arbeitsstelle frei genommen."

Ihre Nachbarin Angelika Rosenkewitz betreut ihren Vater, der an den Rollstuhl gebunden ist: "Wir hatten seit 8 Uhr auf das Transportfahrzeug gewartet. Zweimal kamen falsche Wagen, die keine Rollstuhlfahrer mitnehmen konnten. Erst der dritte Wagen konnte meinen Vater um kurz vor 11 Uhr mitnehmen. Wir waren die Letzten, die aus unserer Straße herausgefahren wurden."

"Zustandsstörer" sollen zahlen

Vom Bombenfund besonders betroffen sind Waltraud und Bernd Dittrich. Eine der Bomben wurde nämlich auf ihrem Grundstück in der Straße Harenburg in sieben Meter Tiefe gefunden. "Wir müssen uns unter Umständen an einem Teil der Räumungskosten beteiligen", befürchtet Bernd Dittrich.
In solchen Fällen würden Grundstückseigner als "Zustandsstörer" eingestuft. Dies bedeute, dass sie die Kosten für vorbereitende, begleitende und abschließende Maßnahmen (mit)zutragen hätten. Vor der Bombenräumung mussten die Dittrichs Bäume fällen, einen Zaun einreißen und eine Beton-Stützmauer abreißen lassen. Auch für die Gelände-Vermessung könnten die Grundstücksbesitzer eine Rechnung erhalten. "Und wer zahlt die Verfüllung des Lochs und den Wiederaufbau der Stützmauer?", fragen sich die Dittrichs und hoffen auf eine kulante Haltung der Stadt Bochum.

Liebevolle Betreuung

Liebevoll betreut wurden die Evakuierten im Gerätehaus von DRK-Helferinnen und -Helfern sowie von Feuerwehrleuten im Gerätehaus. Sie verteilten belegte Brötchen und schenkten Tee, Kaffee und Limo aus. Insgesamt waren 90 Kräfte von DRK und allen Wattenscheider Feuerwehr-Löschzügen am Einsatz beteiligt.

Auf http://www.notfallinfo-bochum.de/index.php?option=com_content&view=article&id=674:es-liegen-keine-warnungen-vor&catid=95:warnungen können die einzelnen Schritte der Entschärfung nachgelesen werden.

Autor:

Wolf-Dedo Goldacker aus Wattenscheid

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