Einsatz in Swisstal bei Erfstadt / Weseler THW-Helfer aus dem Katastrophengebiet zurück
"Die Bilder von weinenden Menschen (...) wird keiner von uns Helfern so schnell vergessen!"

Foto: Burkhard Zingraf
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Inzwischen sind einige Wochen vergangen, seitdem das Grauen die Republik überraschte. Nach sechs Tagen Dauereinsatz kehrten die Helfer des THW-Ortsverband Wesel kürzlich wieder in Ihre Unterkunft zurück. In der Gemeinde Swisttal und dem besonders stark betroffenen Odendorf waren die Helfer in der vergangenen Woche eingesetzt.

Am Dienstagabend folgte dann eine weitere Anforderung: Mit vier Spezialisten der Fachgruppe Wassergefahren ging es nach Bad Münstereifel. Dort bauten die Weseler - unterstützt von THW-Helfern eines anderen Ortsverbands, eine bzw. zwei Behelfsbrücken mit dem Material der Fachgruppe auf. Der Einsatz lief in der Nacht auf Donnerstag, die THWler durften wegen der engen Straßenzüge erst abends ab 18 Uhr in die Stadt fahren, die für den restlichen LKW-Verkehr gesperrt war.

Ortsverbandssprecher Burkhard Zingraf schildert unserer Redaktion,  was seine Teammitglieder und er selber vor Ort erlebt haben. Die Aufgaben der Niederrheiner waren - auch dank der breitgefächerten technischen Ausrüstung - vielschichtig: Die Helfer führen dort Erkundungs- und Transportaufgaben durch, pumpten Wasser aus Gebäuden, stützten einsturzgefährdete Häuser ab, schafften Zugänge in Gebäude damit Baufachberater und Statiker diese betreten und den baulichen Zustand begutachten konnten.
Zudem räumten sie in Zusammenarbeit mit Fachgruppen des THW und Bundeswehrsoldaten Bäume und Schwemmgut aus Flussläufen und Kanälen, bauten Behelfsbrücken und Übergänge, bargen PKW und Landwirtschaftliche Großgeräte, räumten Straßen und führten entlang der Bachläufe Suchaktionen nach noch vermissten Personen durch.
Burkhard Zingraf: "Ein großer Dank gilt den Arbeitgebern, welche die Helfer für den Einsatz freistellten, ebenso wie den vielen Freiwilligen und Bewohnern die trotz großer eigener Probleme die THW-Helfer immer wieder mit Getränken, Essen aber auch Sonnen- und Insektenschutzmittel versorgten."

Drei Fragen an Burkhard Zingraf

dibo: Was gab den Ausschlag für die Entscheidung des Einsatzortes fürs Weseler THW?
Zingraf: Es ging nach der Reihenfolge von Anforderungen der örtlichen Einsatzleitungen im Katastrophengebiet. Die örtlichen Einsatzleitungen forderten die Unterstützung des Technischen Hilfswerks an und der nächste verfügbare THW-Ortsverband wurde dann alarmiert und in Marsch gesetzt. Den jeweiligen Einsatzort bekamen die THW-Ortsverbände vom zuständigen THW-Landesverband zugewiesen. INFO: Das Technische Hilfswerk ist modular aufgebaut, so gibt in jedem Ortsverband in Deutschland mindestens einen Technischen Zug mit Zugtrupp, einer Bergungsgruppe und verschiedenen Fachgruppen. Der Ausbildungsstand und die Ausrüstung auf den Fahrzeugen ist bundesweit einheitlich, daher können diese Gruppen jederzeit und überall eingesetzt oder das Personal ausgetauscht werden.

dibo: Was hat Sie vor Ort am meisten geschockt und beeindruckt?
Zingraf:  “Geschockt” waren wir von der Heftigkeit der Zerstörungen und der flächenmäßig großen Ausdehnung des Schadensgebietes. Auch die Bilder von weinenden Menschen die alles verloren haben, von schreienden Kindern deren Lieblings-Spielsachen gerade auf den Müll geworfen wurden oder einem alten Mann der mit Tränen in den Augen in seinem völlig zerstörten Garten stand, wird keiner von uns Helfern so schnell vergessen.
“Beeindruckt” hat uns der Dank der Bevölkerung, die uns immer wieder mit Getränken und Essen, aber auch mit Sonnen- und Insektenschutz versorgten obwohl sie selber gerade alles verloren hatten. Die Betroffenen, die sich tausend Mal bedankten, dass wir ihnen halfen, ihre Keller auszupumpen, ihr weniges nicht zerstörte Hab und Gut zu sichern oder denen wir einfach nur zuhörten, wenn sie das Erlebte von der Seele reden konnten. Es war eine gute Zusammenarbeit von Betroffenen, zivilen Helfern, Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr und Technischen Hilfswerk, die Farbe der Einsatzkleidung war egal, denn nach einiger Zeit sahen alle gleich lehmverschmiert und staubig aus. Dieses miteinander aller Beteiligten war sehr beeindruckend.

dibo: In welcher Form „probt“ die THWler für solche Einsätze?
Zingraf:  Nach einer mehrmonatigen Grundausbildung wechseln die Helfer in die jeweiligen Fachgruppen. Dort werden die Helfer für die jeweiligen Fachaufgaben, wie z.B. in der neuen in Wesel stationierten Fachgruppe N/Notversorgung geschult - zum Beispiel im Umgang großen Stromerzeugern, nötigen Reparaturen, Pump- und Bergungsarbeiten. Weiterhin gibt es in Deutschland mehrere Bundesschulen, an denen diverse Fachlehrgänge angeboten werden. Diese sind ganztägig und dauern mehrere Tage oder auch Wochen, teilweise sind die dort erlernten Ausbildungen auch beruflich nutzbar.

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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