Kleine Schleimer auf der Kriechspur: Große und Spanische Wegschnecken

Hinderniskriechen ! (eigenes Foto)
17Bilder

von Christel und Hans-Martin Scheibner

Schnecken - ein Erfolgsmodell seit über 500 Millionen Jahren

Schnecken sind zwar äußerst langsam, aber ausgesprochen widerstandsfähig. Seit mehr als 500 Millionen Jahren, das beweisen Funde von Meeresschnecken aus dem frühen Kambrium (Erdaltertum) sind sie ein Erfolgsmodell der Evolution, haben die Dinosaurier überlebt sowie den Untergang der riesigen Schachtelhalmwälder. Heute besiedeln sie fast alle Lebensräume, die weder zu kalt noch zu trocken sind.

Das Wichtigste über Landnacktschnecken

Ich beschränke mich in meinem Beitrag auf die beiden hier im Raum bekanntesten Nachktschnecken, welche, wie ihr Name schon sagt, kein Häuschen tragen: die Große Wegschnecke sowie die Spanische Wegschnecke. Sie gehören zu den Weichtieren (Mollusca), und ihr Körper besteht zu 85 Prozent aus Wasser. Auf den ersten Blick sind beide Arten vor allem für Laien kaum zu unterscheiden, was häuftig zu Verwechslungen führt. Die Farben rot, orangerot, dunkelrot und braun sind bei beiden Arten vertreten. Aber auch schwarze Exemplare wurden schon gesichtet, welche leicht mit der Schwarzen Wegschnecke verwechselt werden können.

Die zwittrigen Tiere, deren Geschlechtsöffnung sich seitlich am Vorderende befindet, paaren sich halbkreisförmig umrundend und tauschen schleimige Samenpakete aus, um sich anschließend wieder zu trennen. Dieser äußerst komplizierte Akt kann oft Stunden dauern. Danach legen sie ihre Eier in ein geeignetes Versteck. Frisch geschlüpft wiegen die kleinen Schnecken nicht mehr als 1/10 Gramm und sind 1,5mm groß.

Der Schneckenkörper besteht aus einem muskulösem Fuß, welcher der Fortbewegung dient, und einem schützenden Mantel aus Epidermisgewebe. Sie bewegt sich durch Kontraktionswellen, welche vom Ende des Fußes bis zum Kopf wandern, vorwärts. Eine Drüse unter im Kiel sondert dabei ständig Schleim ab, auf welchem die Schnecke gleiten kann. Der Schleim hat aber auch eine Schutzfunktion. Landnacktschnecken können schäumen, wenn sie sich bedroht fühlen. In einer Minute kann die Wegschnecke 5 - 7cm zurücklegen, in einer Stunde kommt sie etwa 3 - 4m vorwärts.

Im Rückenbereich hüllt ein Eingeweidesack die inneren Organe ein. Als Lungen (Pulmonata)- oder auch Landlungenschnecke (Stylommatophora) atmet die Wegschnecke durch ein Atemloch im vorderen Bereich ihres Körpers.

Wegschnecken (Arionidae) verfügen über 2 Paar Fühler - an den längeren sitzen die Augen, an den unteren kürzeren die Geruchsorgane, mit denen sie auch schmecken und tasten. Sie können zwar nicht so gut sehen, dafür ist ihr Geruchssinn um so stärker ausgeprägt. Nahrungsquellen finden sie so in einem Umkreis bis zu 100m. Ihre Raspelzunge, die "Radula" womit sie probelemlos auch gröbere Nahrung zerkleinern kann, ist übersät mit winzigen Chitinzähnchen. Wie der abgesonderte Schleim ist auch ihre verdaute Nahrung hoch begehrt bei Mikroorganismen des Bodens. Wie in früheren Zeiten, als höchstwahrscheinlich alle Schnecken noch Häuschen trugen, sitzt ihr Darmausgang rechts hinter dem Kopf und nicht, wie eigentlich erwartet, am Hinterende ihres Körpers. Springschwänze, Milben und andere kleine Bodentiere, welche von dieser Mikroflora leben, werden herbeigelockt. So trägt sie, ähnlich wie Regenwürmer, zur Humusbildung bei.

Die heimische Groß oder auch Rote Wegschnecke

Unsere heimische, 10 - 15cm groß und 2 - 3 Jahre alt werdende Große Wegschnecke, auch Rote Nacktschnecke genannt (Arion rufus) ist meist dämmerungs- und nachtaktiv, und in einer Nacht kann sie bis zu 50 Meter zurücklegen. Nur an kühlen, feuchten Tagen und im feucht-schattigen Park- und Waldbereichen trifft man sie auch tagsüber an. Dort hält sie sich auf dem Boden an Pflanzen und Totholz oder auch unter Laubhaufen oder Steinen auf und ist durchaus in der Lage, sich in den Boden einzugraben oder auch sich in Spalten zu verstecken. Ihre gesamte Körperoberfläche, welche nie austrockenen darf und sich unter optimalen Bedingungen ledrig-feucht, aber nicht schleimig anfühlt, hält sie ständig feucht. Sie paart sich vom Sommer bis zum Herbst. Einmal jährlich kann sie bis zu 400 Eier (etwa 50 Stück pro Gelege) an einen geschützten Ort legen, aus denen 4 Wochen später die Schneckenbabys schlüpfen, aus dem im Herbst gelegten Eiern jedoch erst im folgenden Frühjahr. In unseren Gärten ist sie so gut wir gar nich mehr anzutreffen und steht inzwischen in Süddeutschland als gefährdete Tierart auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Sie kommt bis in Höhen von 1500m vor.

Als wertvolles Mitglied unseres Ökosystems ernährt sie sich von groben Stengeln, Blättern, Beeren, Früchten, Pilzen, Kadavern, Kot und Abfällen. Dabei bevorzugt sie Pflanzenmaterial, welches nicht mehr mit dem Saftstrom der Pflanze verbunden ist. Weniger als 1/5 dieser Nahrung besteht aus frischem Grün. Da Schnecken einen völlig anderen Stoffwechsel als wir haben, und können diese auch Pilze vertragen, die für uns ungenießbar, giftig oder tödlich giftig sind.

Zu den natürlichen Feinden der Großen Wegschnecke zählen viele Vogelarten, Igel, Marder Enten, Gänse, Mäuse, Ratten und Maulwürfe sowie diverse Amphibien. Einige Insekten leben von ihren Kadavern bzw. legen dort ihre Eier ab.

Ein ungeliebter Neozoen - Die Spanische Wegschnecke oder Kapuzinerschnecke

Seit in den 50er Jahren die kleinere nur 8 - 12cm große Spanische oder Lusitanische Wegschnecke, auch als Kapuzinerschnecke bezeichnet, plötzlich in der Schweiz bis in 1700m Höhe auftauchte und seither von dort aus ihren Siegeszug durch ganz Mitteleuropa hält, nimmt der Bestand an den äußerst nützlichen Häuschenschnecken ab. Aber auch unsere diesseits der Alpen heimische große Wegschnecke wird von diesem fremden Eindringling, den man zuerst für einen iberischen Migranten (Arion lusitanicus) hielt, der aber wohl eher ein Südwestfranzose ist, verdrängt. Sie wurde auf den Namen "Arion vulgaris" getauft. Man geht davon aus, daß sie über den Handelsweg hierher gelangte.

In Scharen fallen diese sich äußerst rasant vermehrenden Tiere über unser Kulturland her und sind zu einer echten Landplage geworden, wo sie so ziemlich alles fressen. In kürzester Zeit können sie große Flächen kahlfressen. Das Un- oder auch Beikraut lassen sie stehen. Die vertilgen aber auch Hundekot und Vogelmist. Aber auch inParkanlagen, auf Wiesen und an Waldrändern trifft man sie an. Die Zukunft wird zeigen, ob sie auch den Wald erobert.

Sie ist nicht besonders empfindlich gegen Austrocknung und Licht und äußerst mobil. Der Schleim, den diese Schneckenart in großen Mengen absondert, ist äußerst bitter, ihr Körper äußerst zäh, sodaß sie keine natürlichen Feinde haben. Als biologische Waffe hat man - leider mit nicht zuviel Erfolg - versucht, Indische Laufenten gegen sie einzusetzen, welche als einziger Freßfeind infrage kommen. Nur Eier und Jungtiere können diesen noch zum Opfer fallen. So ist es wohl auch zu erklären, daß sie Kannibalen sind und persönlich ihre toten Artgenossen vertilgen, aber auch andere Schneckenarten. Im Gegensatz zur Großen Wegschnecke legen sie 2 x jährlich zwischen 350 und 450 Eier, welche problemlos auch den Winter überstehen. Die Schnecken selbst leben jedoch nur eine Saison.

Obwohl diese Schneckenart normalerweise nur verendete Tiere verzehrt, wird von der Schneckenzucht mit angegliedertem Institut im süddeutschen Nersingen berichtet, daß die Spanischen Wegschnecken über die dort gezüchteten Weinbergschnecken herfallen und sie verspeisen, um anschließend ihre Eier in die leergefressenen Gehäuse zu legen.

Schneckenwitze

Die Charakteristik der Schnecken inspiriert immer wieder, wie nicht anders zu erwarten, zu den kuriosesten Cartoons. Zum Abschluß der Bildergalerie finden Sie eine kleine Auswahl. Aufgrund der undurchsichtigen Urheberrechtslage habe ich alle Bilderwitze entfernt.

Hier ein Nabu-Link mit Tips zur Schneckenbekämpfung im Garten:

http://www.nabu.de/oekologischleben/balkonundgarten/gartentipps/00546.html

Autor:

Hans-Martin Scheibner aus Xanten

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