Serie „Bochumer Ehrenbürger“: Teil 2
Louis Baare und der Bochumer Verein

Louis Baare, Generaldirektor des Bochumer Vereins und Stadtverordneter in Bochum. | Foto: Stadt Bochum
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  • Louis Baare, Generaldirektor des Bochumer Vereins und Stadtverordneter in Bochum.
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Im Jahre 1899 errichtete der Bochumer Verein für seinen zwei Jahre zuvor verstorbenen langjährigen Generaldirektor Louis Baare ein lebensgroßes Denkmal in Stahlhausen. Das Denkmal überdauerte den Zweiten Weltkrieg nicht, denn es wurde wohl eingeschmolzen, aber das Sockelfragment wurde bei Bauarbeiten wiedergefunden und jüngst an seinem ursprünglichen Standort an der Baarestraße wieder aufgestellt. Nur ein Grund, sich gerade jetzt an Louis Baare, der 1888 zum Ehrenbürger der Stadt Bochum ernannt wurde, zu erinnern. Der Lokalkompass beschäftigt sich im zweiten Teil seiner Ehrenbürger-Serie mit dieser „frühen Managerfigur“, wie der Historiker Dr. Marco Rudzinski Louis Baare charakterisiert.

Am 12. Juni 2021 jährt sich Baares Geburtstag zum 200. Mal. „Dieses Datum sollte im Jahr des 700-jährigen Stadtjubiläums nicht untergehen“, erklärt Marco Rudzinski, der im vergangenen Jahr den Sammelband „Bochumer Ehrenbürger“ herausgegeben hat. In einem eigenen Beitrag befasst sich der Geschichtswissenschaftler auch mit der Bochumer Ehrenbürgerpolitik des 19. Jahrhunderts. Baare, 1821 im westfälischen Minden geboren, folgte als Ehrenbürger dem von ihm geschätzten Otto von Bismarck, der bereits 1885 von der Stadt Bochum ausgezeichnet worden war.
Rund 40 Jahre, von 1854 bis 1895, lenkte Baare, der als Kaufmann zuvor im Eisenbahnwesen Erfahrungen gesammelt hatte, zunächst als Direktor, dann als Generaldirektor die Geschicke des Bochumer Vereins. „Baare besaß zwar Aktien des Unternehmens“, ordnet Marco Rudzinski ein, „verfügte aber keinesfalls über die Aktienmehrheit. Er war der Kaufmann, der organisatorische Leiter. Da auch sein Sohn im Unternehmen an Einfluss gewann, kann man in gewisser Weise von einer Dynastie sprechen.“

Bedeutung des Bochumer Vereins

Um die Bedeutung des Qualitätsstahlerzeugers und -verarbeiters Bochumer Verein für die Stadt im 19. Jahrhunderts zu ermessen, muss man sich vor Augen führen, dass Bochum zu dieser Zeit noch keine von Zechen geprägte Stadt war. „Die Zechen lagen bis zu den ersten Eingemeindungen im Jahre 1904 jenseits der Stadtgrenzen. Mayer und Kühne bzw. der Bochumer Verein war daher zu Baares Zeiten der wichtigste Arbeitgeber in Bochum.“ Das Unternehmen Mayer und Kühne wurde 1854 in die Aktiengesellschaft Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation umgewandelt. Jacob Mayer behielt die technische Leitung und blieb bis zu seinem Tod 1875 eine wichtige Figur im Unternehmen, aber die Gesamtleitung oblag Louis Baare, der nach anfänglichen Schwierigkeiten eine souveräne Position als Generaldirektor erlangte und die Gussstahlfabrik zum Großbetrieb ausbaute.
Louis Baares maßgeblicher Einfluss auf Bochums Entwicklung im 19. Jahrhundert liegt allerdings nicht allein in seiner beruflichen Tätigkeit begründet, denn er wurde 1862 auch in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Zudem stand er ab 1872 der Bochumer Handelskammer vor. „Sein Engagement in der Stadtverordnetenversammlung“, sagt Marco Rudzinski, „war sicherlich nicht uneigennützig, denn Baare verfolgte dabei die Interessen seines Unternehmens. Dabei waren seine Macht und sein Einfluss in der Stadt sicherlich nicht unumschränkt, reichten aber doch weit.“

Ernennung zum Ehrenbürger

So wurde Baare rund 25 Jahre nach seinem Eintritt in die Stadtverordnetenversammlung 1888 zum Ehrenbürger Bochums ernannt. „Damit zollte die Stadt Baare auch Anerkennung dafür, dass der Bochumer Verein die Gründerkrise unter seiner Führung gut überstanden hatte“, erläutert Marco Rudzinski.
Die Ehrenbürgerschaft rückte Baare an die Seite des Reichskanzlers Otto von Bismarck, der ja bereits 1885 zu Bochums Ehrenbürger ernannt worden war – Baare selbst bezeichnete sich scherzhaft als „Bismarcks College“, als ihm die Ehrung zuteilwurde. Baare kam bereits im Jahre 1880 in unmittelbaren Kontakt zu Bismarck, dessen Zollpolitik er bereits zuvor unterstützt hatte. Bismarck lud ihn zu einem Austausch über Fragen der Arbeiterunfallversicherung ein. „Die von Baare gemeinsam mit anderen erarbeitete Gesetzesvorlage zur Unfallversicherung wurde am Ende zwar nicht eins zu eins umgesetzt“, gibt der Historiker Marco Rudzinski eine Einschätzung, „aber die Nähe zum Kanzler mehrte doch Baares Ansehen. In Abgrenzung von der älteren Literatur, die das Verhältnis von Baare zu Bismarck häufig überhöht, bleibt jedoch festzuhalten, dass Bismarck nur anlassbezogen und punktuell den Kontakt zu Baare suchte.“
War Baare bei seinen Zeitgenossen keinesfalls unumstritten, so hat er Bochum doch zweifellos seinen Stempel aufgedrückt. Durch die Bereitstellung von Wohnungen und die Schaffung von Konsumanstalten, die Lebensmittel vertrieben, wirkte der Bochumer Verein zu seinen Lebzeiten ganz unmittelbar auf den Alltag der Bevölkerung ein. So ist es sicherlich auch kein Zufall, dass das Baare-Denkmal ausgerechnet vor dem Kost- und Logierhaus des Bochumer Vereins in Stahlhausen errichtet wurde, das wie das Denkmal im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

Zum Weiterlesen
Bochumer Ehrenbürger. Aspekte kommunaler Ehrung im Ruhrgebiet. Hg. v. Marco Rudzinski (ISBN 978-3-87023-453-9 ).

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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