Erste Hilfe für die Seele: Notfallseelsorge sucht ehrenamtliche Mitarbeiter

Brandamtfrau Claudia Vogl (v.l.), Hajo Witte, Leiter der Notfallseelsorge, die ehrenamtlichen Notfallseelsorger Helmut Leitmann und Ute Wiegard sowie Polizeihauptkommissar Roland Deckenhoff stellten die Aufgaben der Notfallseelsorge vor.
  • Brandamtfrau Claudia Vogl (v.l.), Hajo Witte, Leiter der Notfallseelsorge, die ehrenamtlichen Notfallseelsorger Helmut Leitmann und Ute Wiegard sowie Polizeihauptkommissar Roland Deckenhoff stellten die Aufgaben der Notfallseelsorge vor.
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„Wir klingeln, die Tür geht auf, und ab da ist nichts mehr, wie es war“, schildert Polizeihauptkommissar Roland Deckenhoff die Situation, wenn die Polizei eine Familie nach einem Verkehrsunfall vom Tod eines Angehörigen unterrichten muss. Um die Hinterbliebenen in solch einer emotionalen Extremsituation zu unterstützen, werden oft ehrenamtliche Notfallseelsorger eingesetzt. Das Team der Notfallseelsorge Bochum sucht jetzt Verstärkung. Im Oktober startet eine knapp einjährige Ausbildung.

In Frage für diese Tätigkeit kommen Menschen, die mindestens 30 Jahre alt und belastbar sind. „Sie sollten Lebens- und eigene Krisenerfahrung haben“, erläutert Pfarrer Hajo Witte, Leiter der Notfallseelsorge. Das könnte etwa die schwere Erkrankung oder der Tod eines Angehörigen ein.
Auf die neuen Ehrenamtlichen warten zwei 24-Stunden- oder vier Zwölf-Stunden-Dienste pro Monat. Während dieser Zeit haben sie Rufbereitschaft und müssen schnell zum Einsatzort kommen, wenn sie entweder von der Polizei oder der Feuerwehr angefordert werden. „Wir sind Teil der Rettungskette und für die seelische Unterstützung zuständig“, so Witte. Zum Einsatz kommen die Notfallseelsorger meist, um Menschen zu betreuen, wenn ein plötzlicher Unglücksfall eingetreten ist, „der im Moment die Kräfte überfordert, die man normalerweise zur Verfügung hat“, sagt Witte.

Häuslicher Bereich

Das kann beim Überbringen einer Todesnachricht sein – sei es nach einem Verkehrsunfall oder einem Suizid. Auch Zeugen, die beispielsweise vom Bahnsteig aus einen Selbstmord beobachtet haben, werden von den Notfallseelsorgern betreut. „Aber der Großteil spielt sich im häuslichen Bereich ab“, erklärt Notfallseelsorger Helmut Leitmann. Das könnte bei einem Herzinfarkt der Fall sein, „wenn die Frau daneben steht, während der Mann reanimiert wird“, nennt Brandamtfrau Claudia Vogl von der Feuerwehr Bochum ein Beispiel. „Dann wird geguckt, wie die Person sich verhält und ob es Familie gibt, die helfen kann.“
Auf dieser Basis wird entschieden, ob die Notfallseelsorge hinzugezogen wird. „In der Akutsituation führen wir dann ein Gespräch“, erklärt Ute Wiegard, die seit 2011 ehrenamtliche Notfallseelsorgerin ist. Je nach Situation dauert dies eine, eineinhalb oder auch bis zu drei Stunden. Eine längerfristige Betreuung der Betroffenen bleibt die Ausnahme. „Das sind dann Sonderfälle, zum Beispiel bei einer Schulklasse, wenn ein Mitschüler verstorben ist“, so Ute Wiegard.

Kontakt zu Menschen aufbauen

Sie und Helmut Leitmann haben schon, bevor sie sich zu Notfallseelsorgern ausbilden ließen, die Erfahrung gemacht, dass sie gut zu Menschen in Akutsituationen Kontakt aufbauen können. „Ohne dass die Gespräche mir nachlaufen und mich belasten“, erzählt Wiegard. Leitmann, der auch zur Ausbildungsleitung gehört, hat zudem selbst in einer Krise erlebt, wie es ist, allein zu sein. „Das möchte ich anderen Menschen ersparen“, nennt er einen seiner Beweggründe, sich als Notfallseelsorger zu engagieren.
Damit die Ehrenamtlichen diese Aufgaben übernehmen können, werden sie fast ein Jahr lang geschult. Der nächste Kurs startet am 14. Oktober und beinhaltet unter anderem Informationen zu den sogenannten Einsatzindikationen vom Tod eines Kindes über einen Verkehrsunfall bis zum Wohnungsbrand mit Todesfolge. „Was sind meine Rechte, wer sind meine Ansprechpartner“, erläutert Hajo Witte, dass die Notfallseelsorger auch instruiert werden, wie sie sich am Einsatzort verhalten müssen.
Hinzu kommen seelsorgerische Kenntnisse, wie ein Abschied gestaltet wird, sowie Vorträge und Rollenspiele, um zu lernen, wie man in bestimmten Situationen mit Menschen umgeht. Zudem lernen die Kursteilnehmer, „wie man mit Belastungen umgeht und sich selbst schützen kann“, sagt Leitmann.

Praktische Einarbeitungsphase

Neben diesen theoretischen Einheiten gibt es eine praktische Einarbeitungsphase, während der die angehenden Notfallseelsorger erfahrene Kollegen bei Einsätzen begleiten und bei ihnen hospitieren.
Für Interessierte findet am Montag, 8. Mai, um 18 Uhr eine Informationsveranstaltung in der Hauptfeuer- und Rettungswache, Brandwacht 1, statt. Bewerbungsunterlagen und weitere Informationen können unter Tel. 0234/9254504 sowie per E-Mail an notfallseelsorge@bochum.de angefordert werden. Der Anmeldeschluss für den Kurs ist Mittwoch, 7. Juni.

Notfallseelsorge Bochum

Die Notfallseelsorge Bochum existiert seit 1996 und ist eine Einrichtung der Kirchen. Ursprünglich gehörten ihr nur hauptamtliche Mitarbeiter an. Heute zählt sie zehn hauptamtliche und gut 20 ehrenamtliche Mitarbeiter.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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