Pointen aus Stahl
Glosse: Bayern-Bündnis und Vor-Merz-Revolution

Die Bayern-Wahl hat die CSU stark getroffen. 37,2 Prozent, das wäre ein Traumwert für jede andere Partei (zum Beispiel in Hessen), aber für die Christsozialen ist es ein Debakel, weil sie einen Koalitionspartner benötigt, und das sind jetzt die Freien Wähler. Doch wie nennt man das Bündnis? Die meisten sprechen von einer „Papaya-Koalition“ – wegen der schwarzen Kerne, die von dem orangefarbenen Fruchtfleisch in Grenzen gehalten werden. Schaut man sich die Papaya aber von außen an, dann passt die Metapher nicht mehr, denn die Südfrucht hat eine grüne Schale, und Grün wollte man nicht dabei haben.
Alternativ war die Rede von der „Spezi-Koalition“, aber dann kann man gleich sagen, dieses Bündnis sei Kalter Kaffee. Vielleicht orientiert man sich im Tierreich. Vielleicht an einem Käfer. Schwarz-orange ist zum Beispiel der schwarzhörnige Totengräber; das würde zwar passen, wenn Seehofers Karriere  von dieser Regierung beendet wird, wäre sprachlich jedoch sehr umständlich. Es ginge auch: die Feuerwanzen-Vereinigung. Aber die Feuerwanze zeichnet sich durch große sexuelle Aktivität aus, und wenn man sich dann die ganzen alten Herren, die dort jetzt in der Koalitionsrunde sitzen, einmal anschaut ... – Nein! Dann schon eher der Münchener Müll-Mix. Da werden die alten schwarzen Tonnen jetzt ein wenig durchgerüttelt.

Ein Ruck geht momentan aber auch durch die CDU. Nachdem die CSU nach der Wahl ein wenig Ruhe gibt, kriegt die sozialdemokratische Kanzlerin jetzt Ärger mit der eigenen Partei, besser gesagt mit einem Störenfriedrich: Friedrich Merz – „mit e!“ Aber ohne Herz. Der Mann stand damals für die Abschaffung des Kündigungsschutzes, eine 42-Stunden-Woche und stimmte 1997 gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Es wäre maßlos übertrieben zu behaupten, dass wenn Merz die Richtlinien der Politik vorgebe, Männer, die jeden Tag von morgens bis abends auf der Arbeit waren und dann grund- wie fristlos gekündigt werden, nun zu Hause ihre Frauen misshandeln dürfen, um Frust abzubauen.
Es ist aber doch genau diese neoliberale Politik, die das Land schon genug gespaltet hat. Trotzdem rufen alle „Hurra“. Man fragt sich nur, warum das die Antwort auf die unzufriedenen AfD-Wähler sein soll. Außerdem begegnet man einem Anti-Amerikanismus einer solchen Klientel doch nicht mit dem Vorsitzenden der Atlantik-Brücke. Zudem kann ein Merz die Glaubwürdigkeit der Volksparteien und das Vertrauen in sie bestimmt nicht wieder herstellen. Der Mann saß in den letzten zehn Jahren in rund 20 Aufsichtsräten; da kann einem doch niemand erzählen, es gebe keine Interessenkonflikte. Unter anderem sitzt er noch im Aufsichtsrat der Großbank HSBC, welche auch Cum-Ex-Geschäfte durchgeführt hat, also Geschäfte mit Aktien, die so schnell abgewickelt werden, dass der Fiskus die Übersicht verliert und die Kapitalertragsteuer ungerechtfertigterweise mehrfach erstattet. Es sind also Geschäfte, mit denen der Staat und damit letztlich wir Steuerzahler beschissen werden. Die HSBC erklärte jetzt, diese Geschäfte habe sie „nicht bewusst“ durchgeführt. Klar, man kennt das: Man geht durchs Einkaufszentrum, bedient sich, packt ein, was einem gefällt, verlässt den Laden, ohne zu zahlen, am Ausgang piept es, und da fällt es einem dann auf, dass man sich völlig unbewusst die Taschen vollgemacht hat. Das kommt ja schon mal vor.
Wer solche Verkaufspraktiken deckt oder laufen lässt, ist kein ehrbarer Staatsmann, der ist letztlich ein Staatsfeind, und da hilft es auch nicht, diese Geschäfte im Nachhinein als unmoralisch zu verurteilen. Kurzum: Friedrich Merz ist eine maskuline Finanzmarktmätresse. Sollte sein politisches Comeback fürs Kino verfilmt werden, dann unter dem Titel: „Return of the Blackrock Bitch“. Die moralische Qualifikation von Merz fürs Kanzleramt kann man auf einen Bierdeckel schreiben. Es ist das Zeichen für „leere Menge“. Es reicht doch schon, dass die Lobbyisten den Politikern ihre Gesetze diktieren, müssen die Lobbyisten jetzt auch noch selbst in die politischen Ämter? Merz als Kanzler, das ist so wie wenn Jack the Ripper die Mordkommission leitet.

Außerdem: Der nun 63-jährige Merz hatte seine Partei damals beleidigt im Stich gelassen und will jetzt CDU-Vorsitzender werden. Da fehlt eigentlich nur noch, dass der 75-jährige Oskar Lafontaine wieder SPD-Chef wird, und die Verjüngung der Volksparteien ist abgeschlossen.

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Die nächsten Show-Termine:

07.11.2018 - Cuxhaven - Hotel Seelust: Solo
10.11.2018 - Betzdorf - Eule: Solo
18.11.2018 - Bottrop - Kammerkonzertsaal: Comedy im Saal
22.11.2018 - Bonn - Pauluskirche: Solo-Ausschnitte
23.11.2018 - Oberhausen - Altenberg: Nachgewürzt
24.11.2018 - Oberhausen - Altenberg: Nachgewürzt
28.11.2018 - Kirchhellen - Hof Jünger: Kabarett im Hof
29.11.2018 - Duisburg - Bib. Großenbaum: Kabarett für’n Hut

Mehr unter: www.benjamin-eisenberg.de

Autor:

Benjamin Eisenberg aus Bottrop

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