Hinsehen und Handeln
Tatort Schule

Gewalt in der Schule | Foto: Stefanie Vollenberg

Mit der Einschulung beginnt für unsere Kinder ein neuer Lebensabschnitt.
„Der Ernst des Lebens“, sagt man da gerne. Durch die neue Situation werden die Kinder mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die mitunter schwierig, problematisch und anstrengend sein können. Mit dem Schuleintritt lernen sie auch neue Regeln kennen und müssen immer öfter selbstständig Lösungen für auftretende Herausforderungen finden.

Grenzen austesten und Sozialverhalten ausbauen

Die Kinder treffen in der Schule auf eine Vielzahl an unterschiedlichen Charakteren. Dass es da auch öfter mal zum Streit und zu Meinungsverschiedenheiten kommt, ist völlig normal.
Kinder lernen ihre Gefühle zu erkennen, ihre Gefühle zu kontrollieren und sie lernen die Situation aus der Sichtweise des anderen zu betrachten. Im besten Fall.
Natürlich benötigen die Kinder zu Beginn noch unsere Hilfe, beziehungsweise einen Anreiz zum Umdenken. Wir sind als Eltern Vorbild. Fehlt den Kindern die Unterstützung ihrer Bezugspersonen, kann das schwere Folgen haben.

Steht der Wechsel zur weiterführenden Schule an, treffen nochmal neue Charaktere sowie unterschiedliche Wissensniveaus und verschiedene Kulturen aufeinander. Dass die neu gemischte Gruppe sich erstmal zusammenfinden muss, ist ganz normal.
Zu den Neulingen auf der großen Schule gesellen sich auch oft zurückgestufte Schüler. So wächst auch die Alters- und Entwicklungsspanne in einer Klasse. Die nahende Pubertät und der bei vielen Kindern fehlende Rückhalt Zuhause macht sich nun deutlich bemerkbar.

Reibereien sind oft vorprogrammiert: Schüler wollen ihre Grenzen austesten, bei ihren Mitschülern und auch bei ihren Lehrern. Es gibt Lehrpersonal, welches aufmerksam beobachtet und handelt, damit die Situation nicht aus dem Ruder läuft. Es gibt aber auch Lehrkräfte, die halten sich lieber aus den Problemen der Schüler heraus, beziehungsweise bekommen gar nichts mit. Letzteres schafft Platz für Gewalt und Diskriminierung.

Aktuelle Begebenheiten an weiterführenden Schulen

Ein Schüler wandte sich Hilfe suchend an seine Klassenlehrerin, weil er mal wieder geschlagen wurde. Er zeigte ihr sogar den blauen und deutlichen Handabdruck an seinem Arm, für den einer seiner Mitschüler verantwortlich war. Die Klassenlehrerin antwortete nur: „Selber schuld.“ Eine Konsequenz erhielt der gewalttätige Schüler nicht.

Eine Mitschülerin drohte, dass sie ein Messer mit zur Schule bringen wird, um ihren Mitschüler aufzuschlitzen. Ein aufmerksamer Lehrer opferte daraufhin seine Unterrichtsstunde für ein klärendes Gespräch über Gewalt in der Klasse. Eine positive Veränderung des Verhaltens der Mitschülerin bewirkte dies allerdings nicht.

Das Mobbingopfer wurde so weit mit Beleidigungen gereizt, dass ihm ein schlagfertiger aber provokanter Spruch herausrutschte. Die Täterin reagierte sofort mit Gewalt: Die Mitschülerin hob die Hand, das Mobbingopfer flüchtete, dabei sprang es über einen Tisch und traf versehentlich eine andere Mitschülerin, welche mit einem großen Schauspiel reagierte: Dramatisch brach sie in Tränen aus, sodass die Lehrerin endlich auf die Situation aufmerksam wurde. Das Mobbingopfer bekam dafür eine Strafe: Einen Aufsatz schreiben über richtiges Verhalten im Klassenraum.

Neue Schule, neue Freunde, dachte sich ein Junge, als er von der Grundschule zur weiterführenden Schule wechselte. Doch weit gefehlt: Schnell wurde er zum Mobbingopfer eines Mitschülers: Nach verbaler Gewalt erfolgte auch körperliche Gewalt. Schließlich wurde das Mobbingopfer erpresst: Er sollte seinem Mitschüler sein ganzes Taschengeld geben, sonst würde er Lügen über ihn erzählen. Aus Angst vor Ärger gab der Junge seinem Klassenkameraden sein Geld. Die daraus resultierende Verhaltensauffälligkeit des Mobbingopfers wurde völlig missverstanden, bis das Opfer sich endlich traute, die Wahrheit zu sagen.

Gewalt in der Schule | Foto: Stefanie Vollenberg

Erst Mobbing, dann Amoklauf?

Gegenseitige Wertschätzung, Gewaltprävention und Respekt sind leider nicht an allen Schulen in unserer Stadt vorhanden. Ohne ein positives Lernumfeld verschlechtern sich die schulischen Leistungen, wie auch Gesundheitszustand der betroffenen Kinder und Jugendlichen.
Die Täter müssen gestoppt werden, bevor die Situation aus dem Ruder läuft!

Auszug aus dem Schulgesetz in NRW

§ 2 Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule
(2) Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und zur Friedensgesinnung. (…)
(4) Die Schule vermittelt die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen und berücksichtigt dabei die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler. Sie fördert die Entfaltung der Person, die Selbstständigkeit ihrer Entscheidungen und Handlungen und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl, die Natur und die Umwelt. Schülerinnen und Schüler werden befähigt, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten. (...)

In der Praxis scheitert dieser Bildungs- und Erziehungsauftrag leider häufig.

Gewalt, Diskriminierung sowie Rassismus muss konsequent im Keim erstickt werden

Eltern haben die Aufgabe, ihre Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern und sie zu einer verantwortungsbewussten und sozial kompetenten Person zu erziehen.
Kinder müssen lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen. Dazu ist es wichtig, dass man die Kinder mit ihren Gefühlen und Sorgen ernst nimmt: Zuhause, wie auch in der Schule.

Gewalt in der Schule sollte von Lehrern nicht länger verdrängt oder abgetan werden. Lehrer müssen hinschauen! Gewaltprävention und gegenseitige Wertschätzung sollte an jeder Schule präsent und am besten sogar fester Bestandteil des Unterrichts sein.

Viele Kinder und Jugendliche sind aktuell sehr angespannt, überreizt, unzufrieden und reagieren entsprechend negativ, egoistisch und gewalttätig. Die emotionale Belastung durch die Corona-Pandemie, die Inflation, Überstunden der Eltern, Konflikte in der Familie, fehlende Familienzeit und ein sorgenvoller Blick in die Zukunft werden ihren Teil dazu beitragen.

Ist „Fressen oder gefressen werden“ das richtige Motto?

Die Probleme der Kinder und Jugendlichen werden an vielen Schulen oftmals ignoriert oder desinteressiert abgetan: „Selber schuld. Dann halt dich doch fern von den Kindern!“, „Schreib einen Aufsatz darüber!“, „Ich hab jetzt keine Zeit dafür.“, „Da kann ich jetzt nichts machen.“

Die Kinder suchen Hilfe bei ihren Lehrkräften, weil sie es alleine nicht schaffen und werden abgewiesen. Manche zerbrechen daran, andere werden ebenfalls gewalttätig.
Die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags in den Schulen muss vielerorts gründlich überdacht werden, ebenso wie eine Gewaltprävention mit der man alle Schüler erreicht!
Die Zusammenarbeit zwischen der Schule und den Eltern muss auch besser funktionieren, denn die Schule kann nicht das retten, was die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag versäumt haben.

Autor:

Stefanie Vollenberg aus Bottrop

Webseite von Stefanie Vollenberg
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