Pils schmeckt auch ohne Kippe: Prophezeites Kneipensterben ist trotz Rauchverbot ausgeblieben

Ein massives Kneipensterben, weil die Gäste ausbleiben würden, wurde von vielen prognostiziert, als vor vier Jahren mit dem Rauchverbot in Gaststätten das Nichtraucherschutzgesetz NRW umgesetzt wurde. Aber in der Castroper Altstadt haben die Gastwirte durchaus andere Erfahrungen gemacht.

„Es ist nicht so schlimm, wie ich es befürchtet habe“, sagt Karin Wischermann, die seit 1993 die Gaststätte „Kulisse“ betreibt, über die Entwicklung der Besucher- und Umsatzzahlen in den vergangenen vier Jahren. „Es sind jetzt auch Gäste da, die vorher nicht gekommen
sind“, hat sie bemerkt. Zudem gebe es auch viele Raucher, die das Verbot zu schätzen wüssten, da es in der Gastronomie nicht mehr so verqualmt sei.
Das sieht auch Michael Hertz so. Er hat die Gaststätte „Zum Treppchen“, die mehrere Jahre leer gestanden hatte, ganz bewusst erst im Frühjahr 2013 eröffnet, nachdem das Rauchverbot bereits einige Monate in Kraft war. „Es kommen mehr Pärchen und Frauen, was ohne Verbot nicht so der Fall wäre“, ist der Gastwirt sicher. Und die Gäste würden loben, dass sie nach dem Kneipenbesuch nicht stinkend nach Hause kämen.

"Schutz für die Mitarbeiter"

Auch den Inhaber freut es, dass er nicht nach jedem Arbeitstag sofort duschen und seine Kleidung wechseln muss, nur um den Qualm los zu werden. Doch nicht nur deswegen findet er es gut, dass es das Nichtraucherschutzgesetz gibt. „Es ist auch ein Schutz für die Mitarbeiter“, macht Hertz deutlich.
Seiner Erfahrung nach ist das Rauchverbot unter seinen Gästen kein Thema mehr. „Es wird hingenommen, und es ist ja auch müßig, sich darüber zu beschweren.“ In der „Kulisse“ wird schon noch gelegentlich darüber diskutiert. „Einige Gäste reden von Bevormundung“, sagt Wischermann, und einige ältere Besucher akzeptierten das Verbot nur mit Widerwillen. Insgesamt habe es sich aber gut eingespielt, und die Besucher gingen zum Rauchen vor die Tür.

Vor der Tür

Das halten Michael Hertz' Gäste ebenfalls so. Es funktioniere ohne Probleme, „aber wir sind auch eine Eckkneipe und obendrüber ist eine Gewerbeeinheit“, erläutert er, dass es keine Beschwerden von Nachbarn gebe. Nur wenn Fußball laufe und die Besucher draußen mal etwas lauter würden, müsse er sie sensibilisieren.
Karin Wischermann bereitet die Lautstärke vor der Tür schon manchmal Kopfzerbrechen. „Immer wieder muss ich einschreiten und den Sheriff spielen.“ Vor allem am Wochenende, wenn besonders viele Gäste da seien, handle sie präventiv, damit die Nachbarn nicht gestört würden.
Daher fände Wischermann einen abgegrenzten Raum für Raucher innerhalb der Gaststätte am besten. Den hatte sie auch. „Wir haben viel Geld für eine Glaswand und eine Lüftung ausgegeben, und zwei Jahre später kam dann das Rauchverbot.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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