Nordirakische Flüchtlingslager: "Keine Hoffnung"

Jesidische Frauen im Flüchtlingslager bei Dohuk. | Foto: Büro Schwabe
  • Jesidische Frauen im Flüchtlingslager bei Dohuk.
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„Die syrischen Flüchtlinge haben zum Teil gar keine Hoffnung mehr, in ihre Heimat zurückkehren zu können. Viele wollen nach Europa und Deutschland kommen.“ Diese Erfahrung machte der heimische Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe (SPD), als er am vergangenen Wochenende in den Nordirak reiste und dort drei Flüchtlingslager besuchte.

„Ein Flüchtling hat mir einen Zettel zugesteckt. Darauf hat er mich gebeten, seiner Familie die Flucht nach Deutschland zu ermöglichen“, erzählt Schwabe. 15.000 Syrer sind in dem nordirakischen Lager bei Erbil untergebracht, dem der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe einen Besuch abstattete. „Ringsherum sind einige Dörfer mit insgesamt 20.000 Einwohnern. Das heißt, es kommt fast ein Flüchtling auf einen Einheimischen“, schildert Schwabe die Lage.
Zum Teil lebten die Flüchtlinge in provisorischen Zelten. „Es hängt vom Zeitpunkt ab, wann die Flüchtlinge eingetroffen sind.“ Andere, die schon länger dort lebten, wohnten in Campingzelten, „die unter normalen Umständen Wind und Wetter standhalten“, so Schwabe.
Auch Menschen, die in Rohbauten leben, hat der Bundestagsabgeordnete gesehen. „Die Häuser sind halb angefangen, und die Menschen versuchen, sich mit Planen eine Unterkunft in den Gerippen zu schaffen.“
18.000 Jesiden sind in einem Flüchtlingslager bei Dohuk untergebracht, das Schwabe ebenfalls besuchte. „Viele hausen auch davor, weil das Lager überfüllt ist.“
Bei seinem Besuch im Nord­irak habe er Gelegenheit gehabt, mit vielen Flüchtlingen zu reden, berichtet Schwabe. Während die Syrer zum Teil keine Hoffnung hätten, wieder zurückkehren zu können, „wollen die Jesiden größtenteils in der Region bleiben, aus der sie traditionell stammen“. Bei den Christen sei es gemischt. Manche würden mit Verweis auf ihre 2.000-jährige Vergangenheit bleiben wollen, andere wollten in die USA, nach Kanada und nach Europa auswandern.
Auch von 500 schwerst traumatisierten Jesidinnen, die aus der Gefangenschaft des IS fliehen konnten, wo sie zum Teil vergewaltigt wurden und verkauft werden sollten, erfuhr er. „Diese Frauen brauchen Hilfe.“ Daher werde zurzeit von politischer Seite diskutiert, sie für eine Zeit nach Deutschland zu holen. „Oder für immer, wenn sie es wollen.“
Als Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe plädiert Schwabe dafür, dass Deutschland die finanziellen Mittel erhöht, um den Menschen in der Bürgerkriegsregion zu helfen. Zugleich erklärt er in seiner Eigenschaft als Wahlkreisabgeordneter: „Ich möchte nicht, dass alle Flüchtlinge hierher kommen.“ Stattdessen wünsche er sich, dass jeder dort bleiben könne, wo seine Heimat sei. Wenn jedoch Flüchtlinge nach Deutschland kämen, „müssen sie die größte Unterstützung, Wertschätzung und Hilfe bekommen“, betont Schwabe.
Ohne eine militärische Komponente könne IS nicht in die Schranken verwiesen werden. „Deshalb waren die Waffenlieferungen an die Peschmerga richtig und auch das Bundeswehr-Mandat zur Ausbildung der Peschmerga ist notwendig.“ Grundlage für einen militärischen Erfolg gegen IS und für eine Lösung für die über zwei Millionen Binnenflüchtlinge im Irak sei jedoch eine politische Lösung, die nur über einen Aussöhnungsprozess zwischen Schiiten und Sunniten in Bagdad unter Einschluss der Kurden und der religiösen Minderheiten gelingen könne.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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