„Und dann wieder was Verrücktes ausprobiert“

Malocher und Querdenker für Musik und Kultur: Oliver Buschmann | Foto: Herr Walter
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Er nutzt Nischen, brachte Kultur ins Kreuzviertel und machte den Stadthafen zum Sandstrand. Oliver Buschmann setzt gern auf Neues. Seit über 30 Jahren schreibt Oliver Buschmann die Musik- und Kulturgeschichte mit. Mit uns teilt er einen persönlichen Rück- und Ausblick auf Dortmunds Gastronomie und Freizeitkultur.

von Steffen Korthals

Wie sind Sie in die Gastronomie- und Kulturszene eingestiegen?
Buschmann: Mein Vater, Glen Buschmann, war langjähriger Leiter der Dortmunder Musikschule, Komponist, sowie erster Vorsitzender des Domicil.
Er hat mich als Kind mit in den Club an der Leopoldstraße genommen. Als ich 16 Jahre alt war, fing ich an, dort mitzuhelfen und stand auf einem Bierkasten, um besser den Zapfhahn bedienen zu können. Außer Musik gab es Zuhause nichts. Ich habe versucht, Trompete, Percussion und Steeldrum zu lernen.
Ihr Weg ging aber dann nicht in Richtung Jazzmusiker oder Musiklehrer?
Buschmann: Ich fand es damals interessanter, andere Sachen auszuprobieren. Krankenpfleger habe ich auch gelernt. Irgendwann waren wir alle auf einer kulturellen Mission. Wir haben damals in Kollektiven gearbeitet. Das war halt so. Los ging es mit der Stadtteil- und Kulturarbeit für das Fritz-Henßler-Haus. Und dann Anfang der Achtziger mit dem Kuckuck, einem der wenigen Musikszeneläden seiner Zeit. Parallel habe ich noch mit angefangen, ein Konzert- und Theaterbüro zu betreiben. Man hat immer mehrere Standbeine
gebraucht; aber das ist ja bis heute in der Kultur so geblieben.

Und dann kam die Live Station im Hauptbahnhof?
Buschmann: 1986 bin ich mit eingestiegen. Das waren aufregende Zeiten mit manchmal 25 Konzerten pro Monat plus Tanzveranstaltungen. Indie, HipHop, Reggae, Jazz und Comedy - wir haben einiges losgetreten in der Region. Curtis Mayfield, Maceo Parker, Gang Starr, Dinosaur Jr. und viele mehr sind bei uns aufgetreten, als sie noch gar nicht so bekannt waren.

Das Ende der Live Station nach über 23 Jahren war sicher ein prägendes Ereignis in Ihrer Karriere als Kulturmacher?
Buschmann: So einen Club gibt man nicht einfach auf. Es wäre ein kleiner Akt gewesen diesen zu erhalten - citynah, verkehrsgünstig, ohne Neubaukosten. Egal, wer den Ort betrieben hätte. Damit hätte sich ein Dortmunder Stadtvater durchaus rühmen können.

Die Gastronomie aufzugeben war aber für Sie keine Option?
Buschmann: Nein. Parallel habe ich mir das Swabedoo an der Möllerbrücke als Mix auf Café, Bar und Restaurant aufgebaut und mit kulturellem Programm ergänzt. Sowas hatte es im Kreuzviertel vorher noch nicht gegeben. Ich probiere gerne neue Sachen aus. Nach zehn Jahren war es aber auch dort Zeit, weiterzuziehen und es ging für mich in den Hafen. Dort habe ich drei Jahre lang die Strandbar Solendo gemacht, bis es Differenzen mit meinem Partner gab. Mit den oft angeführten Lärmbeschwerden eines Hafenanwohners hatte das nichts zu tun.

Und in den Hafen haben sie sich verliebt?
Buschmann: Ein bisschen schon. Mit Herr Walter habe ich dann direkt wieder was Verrücktes im Hafen probiert. Ich habe ein umgebautes Schüttgüterschiff wieder fit gemacht, das mehrere Jahrhunderte als Schleppkahn gedient hat. Und freue mich, eine einzigartige maritime Location mit Musik- und Kulturprogramm im Ruhrpottambiente geschaffen zu haben.

Fühlen Sie sich beeinflusst durch öffentliche Pläne für den Hafen?

Buschmann: Welche Pläne? Es gibt keine konkreten Hafenentwicklungspläne. Dabei würde ich mir wünschen, dass im Hafen noch mehr passiert und sich vielleicht noch ein Kollege ansiedelt.

Ist der Hafen damit als Freizeitort weniger interessant geworden?
Buschmann: Der Hafen hat nach wie vor großes Potential. Wir sind kein aufgeräumter Duisburger Innenhafen. Wir sind ursprünglich. Die Industrie hier ist wunderbar. Industrie und Kultur im Hafen stören nicht, sondern ergänzen sich.

Sie werden häufiger als Vordenker gesehen - wie geht es weiter am Hafenbecken?

Buschmann: Das Leben am Kanal boomt woanders. Freifläche ist im Dortmunder Hafen da, ohne dass jemand gestört wird. Dabei geht es mir nicht um eine große Partymeile Hafen, sondern um den Charme des Hafens an sich. Die Besucher auf Herr Walter sagen mir häufig, wie sehr sie die Atmosphäre schätzen.

Ist es schwieriger geworden in Dortmund neue Veranstaltungen zu machen?

Buschmann: Es gibt einige Leute mit Ideen und immer noch genug Nischen. Die bürokratischen Bedingungen zur Umsetzung müssten nur vereinfacht werden.

Sind Sie denn enttäuscht vom Kultur- und Clubangebot?

Buschmann: Nein. Dortmund hat da eine Menge Angebote. Die Leute sind hier nur schwerer zu bewegen. Oft wollen viele, versacken aber dann auf der Couch. Orte für Kommunikation müssen genutzt und gefördert werden.

Ist das der Antrieb für Ihre Arbeit?

Buschmann: Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit Menschen zu kommunizieren - draußen, im Club oder vielleicht demnächst auf einem weiteren Boot. Ich mache halt gerne Sachen, die es hier gerade noch nicht gibt.

Herr Walter

ist ein Party- und Eventschiff im Hafen. Neben Clubabenden zwischen Swing, Drum & Bass, Soul, Pop, Salsa, werden zahlreiche Live-Konzerte und Sessions angeboten. Außerdem: Lesungen, Fußball ( Brinkhoff`s Ballgeflüster ) und Firmenfeiern, Hochzeiten, Geburtstage, Essen und Sandstrand, Pool und Lounge unterm großen Sonnensegel in uriger Atmosphäre.
Herr Walter liegt an der Speicherstraße 90, : 14 24 10,

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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