Warten auf ein Herz

Warten auf die Transplantation: Michael Freier und seine Mutter Gaby Freier-Pillat. | Foto: privat
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Verreisen, Auto fahren, einen Beruf erlernen, ein unabhängiges Leben in einer eigenen Wohnung führen - was für die meisten Menschen ganz normal ist, bleibt für Michael Freier seit seiner Geburt 1986 ein Traum.

"Michael war bei seiner Geburt scheinbar ein gesundes Kind", erinnert sich seine Mutter Gaby Freier-Pillat. Nach fünf Tagen wurde ein Loch im Herzen festgestellt - bei Neugeborenen nichts Ungewöhnliches: "Wir sollten eigentlich am sechsten Tag nach seiner Geburt entlassen werden. Ich fuhr dann wegen einer zweiten Meinung in die Uniklinik nach Essen, Michael blieb auch danach noch stationär im Krankenhaus. Er durfte Weihnachten und zu Ostern über die Feiertage immer beurlaubt nach Hause. Wohl durch den vermehrten Stress bei diesen Gelegenheiten wurde Michael öfter zuhause bewusstlos."

Im Essener Klinikum wurde die Fallot'sche Tetralogie diagnistiziert, und für Michael begann eine lebenslange Leidensgeschiche. Schon mit acht Monaten musste er die erste Notoperation über sich ergehen lassen.

"Die OP konnte nicht komplett abgeschlossen werden, der Herzmuskel war zu dick, und die Lungenschlagader war verkehrt herum angewachsen, außerdem hat Michael ein Loch in der Herzscheidewand", erklärt Gaby Freier-Pillat. Als Folge der Krankheit ist die linke Herzkammer nicht richtig ausgebildet, außerdem ist die Halsschlagader verengt.

Michaels Kindheit ist bestimmt von einer Vielzahl von Krankenhausaufenthalten. "Es ging immer abwechselnd, Krankenhaus, dann wieder nach Hause." Nicht nur in der Umgebung wurde Michael Freier stationär behandelt, zum Teil bis nach Hamburg und Köln oder ind Herzzentrum nach Bad Oeynhausen ging die Reise. Seine Krankheit hat Machael Freier zu einem vorsichtigen und zurückhaltenden, scheuen Menschen gemacht.

So wie andere Kinder in die Schule zu gehen, war für Michael Freier nicht möglich. Drei Stunden Unterricht am Tag, mehr schaffte er körperlich nicht, Michael bekam eine Hauslehrerin. Doch auch sie stellte fest: Michael baute nach einer Stunde komplett ab, ein sinnvoller Unterricht war nicht möglich.

Mit zwölf Jahren ging es Michael Freier massiv schlechter, sein Herz verlor immer mehr an Leistung, er litt an Luftnot. Als er 14 Jahre alt war, wurde ihm ein Herzschrittmacher und ein Defibrillator eingesetzt. "Schon damals war klar, dass ich einmal ein Spenderherz brauchen würde", erklärt Michael Freier. Seit vier Jahren ist sein Problem nun akut, seit zwei Jahren steht er auf der Warteliste für Organtransplantationen.

Aufgrund seiner Vorerkrankungen bekam Michael Freier mit 26 einen Herzinfarkt. Sein Herz leistet nun nur noch sieben Prozent dessen, was ein gesundes Herz leisten kann. Im März 2014 braucht er einen neuen Schrittmacher, bei seinem alten waren die Batterien verbraucht.

Doch einige Monate nach der OP, im Juni, platzt die gesamte Operationsnarbe auf. "Michaels Herz war entzündet, er musste wieder ins Herzzentrum nach Bad Oeynhausen und bekam dort eine sehr starke Antibiose", so seine Mutter. Vier Monate liegt Michael Freier dort im Krankenhaus, springt dem Tod von der Schüppe. Fünfmal wird er operiert, bekommt unzählige Herzkatheter. Ein neuer Defibrillator und ein neuer Herzschrittmacher werden eingesetzt.

Von der Liste der Organempfänger wird er gestrichen, für eine mögliche Transplantation oder für die Einpflanzung eines Kunstherzens geht es ihm viel zu schlecht. Im August 2014 wird sein Name wieder auf die Warteliste gesetzt. Auf welchem Platz er steht? - Michael Freier weiß es nicht. "Es gibt zwei Listen, eine für die hochdringlichen Fälle, und eine für die anderen", erklärt Freier. Er steht auf der zweiten Liste.

Mittlerweile ist sein Körper so weit eingeschränkt, dass viele Dinge gar nicht mehr gehen: Spazierengehen ist unmöglich. "Ich bin immer nur zu Hause, kann gar nicht mehr raus." Alleine wohnen geht auch nicht: Michael wohnt bei seinen Eltern. Ein Defibrillator steht für den Notfall im Wohnzimmer, alle Familienmitglieder wissen, wie man ihn einsetzt. "Michael kann jederzeit umkippen. Deshalb ist immer jemand bei ihm. Alle sind auf einen Notfall vorbereitet."

Warum geht Michael Freier mit seiner Krankheitsgeschichte an die Öffentlichkeit? Seine Mutter und er möchten sensibilisieren, die Menschen auffordern, sich mir der Problematik Organspende auseinanderzusetzen. "Jeder sollte sich mit dem Thema beschäftigen", regt Gaby Freier-Pillat an. "Viele Menschen haben Angst vor der Organentnahme", weiß sie. Sie würde sich wünschen, dass mehr Menschen ihre Absichten in dieser Hinsicht vor ihrem Tod regeln. "Schließlich ist es für die trauernden Angehörigen bei einem Todesfall auch nicht angenehm, wenn sie über die Organe eines Verstorbenen entscheiden müssen."

Wann Michael Freier ein Spenderherz bekommt, weiß niemand. Nach seiner Transplantation könnte er ein ganz normales Leben führen. Seine größten Träume: Den Führerschein machen und in Urlaub fahren. Seine Familie spart schon dafür.

Zitat:
".Ich weiß gar nicht, wie es sich anfühlt, einen gesunden Körper zu haben und freue mich sehr darauf, eines Tages als gesunder Mensch die Welt zu erkunden." Michael Freier

Infos:

Die Fallot-Tetralogie ist eine angeborene Herzfehlbildung, die etwa Prozent der angeborenen Herzfehler ausmacht

Sie besteht aus den vier Komponenten Pulmonalstenose, Ventrikelseptumdefekt, einer über der Herzscheidewand reitenden Aorta und einer Rechtsherzhypertrophie

Das über den rechten Herzvorhof aus dem Körper zurückkommende sauerstoffarme Blut gelangt wegen der Verengung des Ausflusstraktes nur teilweise in die Lunge, um dort wieder mit Sauerstoff aufgeladen zu werden

Eine Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff ist die Folge

Infos zur Organspende:

www.organspende-info.de

Wer einen Organspendeausweis ausfüllt, kann das Einverständnis zur Organ- und Gewebespende entweder generell erteilen, auf bestimmte Organe oder Gewebe einschränken oder einer Organ- und Gewebespende widersprechen

In der Zeile "Anmerkungen/Besondere Hinweise" kann eine Person benannt werden, die im Todesfall benachrichtigt werden soll.

Der Organspendeausweis wird an keiner offiziellen Stelle registriert oder hinterlegt, sondern sollte immer mitgeführt werden

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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