Nicht nur in der Kreisliga: Kloppen statt Kicken

Gute, alte Zeit: Heute ist der Schiri froh, wenn er nichts auf die Mappe kriegt.           Foto: Kirchner | Foto: Hannes Kirchner
  • Gute, alte Zeit: Heute ist der Schiri froh, wenn er nichts auf die Mappe kriegt. Foto: Kirchner
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„Es ist in den letzten Jahren immer mehr geworden!“ Horst Arens muss es wissen. Seit fünf Jahren ist der 41-jährige Huckinger als Anti-Gewaltbeauftragter ehrenamtlich im Fußballkreis 9 (Duisburg, Mülheim, Dinslaken) tätig.

Kein leichter Job – für den Arens ideale Voraussetzungen mitbringt. Denn neben seiner Tätigkeit als Polizeibeamter greift Arens seit 26 Jahren auch zur Pfeife und ist als Schiedsrichter aktiv.

Direkt Gewalt verhindern kann der Anti-Gewaltbeauftragte nicht. „Ich werde erst tätig, wenn schon etwas passiert ist. Wenn es zu gewaltbedingten Spielabbrüchen kommt, fertigt der Schiedsrichter einen Sonderbericht. Ich leiste Hilfe bei der schriftlichen Bearbeitung der Vorfälle, sichte die Berichte und schaue, ob Straftaten vorliegen. Wenn das der Fall ist, leite ich die Sonderberichte an meine Polizei-Kollegen weiter.“

Zwei szenekundige Polizeibeamte kümmern sich in Duisburg um Straftaten, die auf Sportanlagen begangen werden. Das muss nicht immer ein Fußballplatz sein, auch bei Eishockeyspielen wurde man schon einmal tätig. „Vom Handball oder Basketball hört man da nichts“, erläutert Arens, der sich über mangelnde Arbeit in Sachen Gewalt beim Amateurfußball nicht beklagen kann. „20 bis 30 Vorfälle pro Saison gibt es schon in unserem relativ großen Kreis, der von Dinslaken über Duisburg bis nach Mülheim reicht.“

Bei Jugendspielen
mischen Eltern und
Verwandte mit

Die zunehmende Gewalt sieht Arens als ein gesellschaftliches Problem, das vor den Sportplätzen nicht Halt macht. „Ich bin ja selbst noch aktiver Schiedsrichter und bekomme es sonntags auf den Fußballplätzen mit, wie einige Spieler sich da reinsteigern und dann auch nicht aufhören können, bis sie dann mit den Repressalien Gelbe Karte, Rote Karte zu leben haben. Und dann ist oft immer noch nicht Schluss! Mittlerweile auch bei Jugendspielen, da mischen sich dann Eltern und Verwandte ein, betreten den Platz, schlagen manchmal gar Spieler. Ich bearbeite ja nicht nur Gewalt gegen Schiedsrichter, sondern auch Spielabbrüche, die durch tumultartige Zustände bedingt sind. Da ist es oft ganz schwierig, das strafrechtlich aufzuarbeiten.Wer hat den ersten Schlag gegeben? Wie ging es hin und her?“

Möglichkeiten, die Zustände in Zukunft zu verbessern, sieht Arens vor allen Dingen bei den Verbänden: „Wir als Schiedsrichter können da wenig machen. Das kann nur von Seiten des Verbandes laufen. Es ist schon so, dass die Spruchkammern drastische Strafen aussprechen, wenn Schiedsrichter geschlagen wurden. Da werden Spieler dann bis zu einem halben Jahr gesperrt. Die Strafen werden ausgesprochen, nur die Gewalt geht weiter. Es sollte vielleicht mal so weit gehen, dass eine gesamte Mannschaft oder als Spitze ein Verein vom Spielbetrieb ausgeschlossen wird. Wenn eine Mannschaft zwei bis drei Spielabbrüche pro Saison hat, dann möchte sie vielleicht gar keinen Fußball spielen, sondern sich vielleicht in einer Kampfsportart betätigen.“

Mitunter ist es so, dass es Teams gibt, die aus Angst vor Ausschreitungen oder Repressalien gegen manche Mannschaften gar nicht mehr antreten wollen.
Düstere Aussichten, die wenig Hoffnung geben. Dabei könnte es doch so einfach sein, wenn den Unparteiischen mit Respekt begegnet würde. Doch der bleibt mehr und mehr auf der Strecke und der Schiri ist das schwächste Glied in der Kette. Geschichten von C-Jugendspielern, die nach dem Match dem Schiri an der Bushaltestelle auflauern und ihn bedrohen, sind längst Realität.
Kein Wunder, dass Horst Arens eine Lanze für die Schiedsrichter bricht: „Man sollte mit den Entscheidungen der Schiris leben. Sie machen genauso wie die Spieler Fehler. Nur, wenn der Torwart in der 90. Minute den Ball unter sich durchrollen lässt, wird ihm meist nicht der Kopf abgerissen. Wenn der Schiedsrichter dagegen in der Schlussminute einen Abseitstreffer anerkennt, hat er einiges zu erleben.“

Trotz allem gibt es auch gute Nachrichten rund um das Thema. Die Zahl derer, die als Schiedsrichter fungieren wollen, ist nicht dramatisch rückläufig, allerdings gibt Arens zu bedenken: „Wir haben eigentlich noch ganz gut Nachwuchs. Ob der dann noch bei der Stange bleibt, wenn er solche Gewalttaten erlebt, bleibt die Frage. Viele geben dann auf!“

Autor:

Andreas F. Becker aus Duisburg

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