Ausflug in das zerstörte Duisburg - Noch nie gesehene Privataufnahmen zeigen die zerstörte Stadt am 10. Mai 1945

Dieses Foto zeigt die Passagiere des Bodenpersonals, die an der „Cooks Tour“ am 11. Mai 1945 teilnahmen
41Bilder
  • Dieses Foto zeigt die Passagiere des Bodenpersonals, die an der „Cooks Tour“ am 11. Mai 1945 teilnahmen
  • hochgeladen von Harald Molder

Das war schon eine Überraschung, die mich als Vorsitzender des Vereins ZEITZEUGENBÖRSE DUISBURG nun ereilte.

Bei der Recherche zu den Jubiläumsfeierlichkeiten 100 Jahre Hüttenheim stolperte ich nun über ein Foto, das nicht in Hüttenheim entstanden ist, aber unverkennbar auf dem uns Duisburgern bekannten König Heinrich Platz.

Und was sieht man auf dieser Aufnahme? Amerikanische GIs beim Picnic. Die Neugier hatte mich gepackt, was es mit dieser Aufnahme auf sich hat. Und so warf ich einen Blick auf die offizielle Webseite der 392. Bomber Group der USA Air Force und traute meinen Augen nicht!

Weitere Fotos fand ich, die in Duisburg gemacht wurden und zwar auf der sog. „Cooks Tour“!

Ich startete eine Anfrage bei der angegebenen Adresse, ob es denn noch weitere Aufnahmen aus der Stadt Duisburg im dortigen Archiv gibt, und siehe da, ein wahrer „Foto Regen“ erfolgte auf dem elektronischen Postwege.

Annette Tison schrieb mir dann aus den USA in einigen netten Mails:

„Lieber Mr. Molder,

ich bin eine Forscherin bei der 392nd Bomb Group. Da gibt es die Fotos von Duisburg, die während der „Cooks Tour“ in der "Trolley Mission Übersicht" und dem „Cooks Tour" Anbschnitt bei den Mai 1945 Missions auf www.b24.net eingestellt sind. Ich sende ihnen zunächst 11 weitere Fotos, die in Duisburg gemacht während der „Trolley Missions“ gemacht wurden, in 4 E mails.“

„Hallo Harald,

Ich bin froh, dass die Fotos hilfreich für Dich sind. Hast Du die 4 E mails mit den 11 Fotos erhalten? Ich hänge zwei weitere Fotos an. Eventuell weißt Du auf Grund deiner Kenntnis über Duisburg, wo diese gemacht wurden. Ich habe mit einer Lupe ein Straßenschild hinter den drei Männern gefunden, auf dem ich „Puloerweg“ gelesen habe.“

„Hallo Harald, mein Urgroßvater wurde 1865 in Brandenburg geboren in 1865 und immigrierte in den 1880er Jahren nach Minnesota. So habe ich in meiner Ahnenliste eine Verbindung nach Deutschland.

Ich habe noch einmal auf das Straßenschild gesehen und Du hast recht. Das V sah für mich aus wie ein O. Wie ironisch ist doch der Name in anbetracht dessen, was das Foto zeigt!

Ich habe noch ein Foto angehängt. Evtl. erkennst Du das Logo rechts im Bild. Viel Glück beim herausfinden, wo die anderen Fotos gemacht wurden.

Alles Gute
Annette“

"Hallo Harald, Du hast meine Erlaubnis die Fotos zu Veröffentlichen. Aber gebe bitte www.b24.net die entsprechende Anerkennung! Bitte lasse mich wissen, was Du herausgefunden hast.

Alles Gute
Annette“

Zur Geschichte, wie die Fotos entstanden:

Am 9. Mai 1945 kündigte die „14th Combat Wing“ der US Army die „Cooks Tour“ an, eine Möglichkeit für verdiente Stabschefs und andere Soldaten in Instandsetzungstrupps die die Auszeichnungen „Legion of Merit“ oder den „Bronze Star“ erhalten hatten, bombardierte Gebiete in Deutschland zu besichtigen.

(Anm.: Die Bezeichnung wurde nach dem britischen Tourismus Pionier sowie Gründer des gleichnamigen Reiseunternehmens, Thomas Cook, gewählt!

Legion of Merit („Legion des Verdienstes“) wurde am 20. Juli 1942 durch den US Kongress gestiftet. Er ist ein hoher militärischer Orden, der auch an ausländische Offiziere und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verliehen wurde.

Der Bronze Star ist eine Auszeichnung der US Streitkräfte, die für herausragende Leistungen im Kampfeinsatz oder besonders verdiente Pflichterfüllung verliehen wurde.)

Die 392nd, 44th, und 491st stellten je Einheit eine Maschine mit mindestens 5 Männern Personal. Die zehn Passagiere bestanden u.a. aus: einen Engineering Officer (Technischer Offizier) als Vorgesetzten, einen Fotografen, jeder mit einem Stahlhelm ausgerüstet, einen Karabiner oder Gewehrschützen pro Einheit oder einer 45er Pistole pro Offizier und eine „K Ration“ für einen Tag. Letzteres war die Essensration für die Soldaten.

Die Flugzeuge für diese spezielle Tour starteten von jeder Gruppe um 0700 hours (7 Uhr) am 10. Mai 1945 und jedem Folgetag bis alle ausgesuchten Soldaten ihre Tour gemacht hatten.

Die Flugzeuge flogen von ihrem Stützpunkt nach Southwold, dann Ostende, Brüssel, Liege, Düren, Köln und Frankfurt (am Rhein entlang) und dann erfolgte die Landung auf der Station „Y-55“.

Dieser Flugplatz lag bei Venlo, auf der Grenze zwischen dem südöstlichen Holland und Deutschland.

(Anm.: Es handelte sich um den ehemaligen deutschen Fliegerhorst Venlo, der grenzüberschreitend in den Niederlanden und Deutschland liegt. Er befindet sich auf dem Gebiet der Orte Venlo,Nettetal-Leuth und Straelen-Herongen. Nach der Befreiung von Venlo durch die alliierten Streitkräfte wurde das Fluggelände als Flugplatz „Yankee 55“ instandgesetzt.)

Von Venlo wurden die Männer nach Duisburg gefahren, wo sie gemütlich herum bummeln konnten und wo sie ihr Mittagessen einnahmen. Nach ihrer Rückkehr auf „Y-55“ flogen sie über Brüssel, Ostende und Southwold zurück zu ihren Stützpunkten in England.

Dieses Foto zeigt die Passagiere des Bodenpersonals, die an der „Cooks Tour“ am 11. Mai 1945 teilnahmen. Die Einzigen, deren Identität bekannt ist, sind M/Sgt. (Master Sergeant) Everett Collin (4. v.lks.); S/Sgt. (Staff Sergeant) Douglas MacRae (stehend 5. v. Lks.) und M/Sgt. Robert Moore (knieend 2, v.re.). Die Maschine war # 44-50753, Short Round II.

In seinem Tagebuch schreibt Master Sergeant Ernest H. Barber von der 392nd Bomb Group - 578th Bomb Squadron:

„Übrigens habe ich vergessen zu erwähnen, dass gleich nachdem wir einige Teile von Holland überflogen und Arnheim passiert hatten am Rhein hinunter flogen bis an das nördliche Ende des Argonner Waldes und dann einen weiten Bogen zurück flogen bis nach Düsseldorf und immer am Rhein entlang.

Und an dem gesamten Fluss entlang konnte man gesunkene Schiffe und Lastkähne sehen und im „Ruhr Valley“ (dem Ruhrgebiet) zahllose ausgebombte Fabriken. An einer Stelle passierten wir ein riesiges Gebiet auf dem eine Unmenge ausgebrannter Tanks sahen.

Nach einem Rundflug von etwa 4 Stunden und 45 Minuten landeten wir auf einem Flugplatz in Belgien (Anm. es war in Holland!) in der Nähe der deutschen Grenze. Dort stiegen wir in einen „Sixby Army LKW“ und fuhren in Richtung Rhein. Auf unserem gesamten Weg sahen wir ausgebrannte Autos, LKWs und Panzer am Straßenrand und auch einige unserer Maschinen die abgeschossen worden waren.

Als wir den Rhein gegenüber von Duisburg erreichten, mussten wir uns in einer Warteschlange anstellen, da wir eine Pontonbrücke überqueren mussten.
Nachdem wir hinübergefahren waren, sahen wir endlose Schlangen von deutschen Zivilisten die Karren und Fuhrwerke schoben und zogen, auf denen sich all ihre persönlichen Habseligkeiten und Haushaltsgegenstände befanden.

Es war ein Mitleid erregender Anblick, aber wenn es „das“ war um sie in die Knie zu zwingen, so sei es drum. Wir hatten auch ihre „Horror Camps“ und die Behandlung unserer Männer und Freunde vor Augen.

Wir kamen endlich im Herzen der Stadt an und ich habe nicht ein geöffnetes Geschäft oder Kaufhaus gesehen. Wir bummelten herum durch Geröll und Schutt und fuhren dann am Fluss entlang zurück, wo alle Fabriken außer Betrieb gebombt waren.

Wir hielten und hatten einige deutsche Biere an einer der Fabriken, die gar nicht mal so schlecht waren. Wir sahen die „Victory Railroad Bridge“, die unsere Männer in 7 Tagen gebaut hatten, was wohl als eine Glanzleistung bezeichnet werden darf.

Wir waren zwischen 11.45 Uhr am Morgen und 16.00 Uhr am Nachmittag in der Stadt.
Während dieser Zeit haben wir irgendwo versucht, einen alten Tresor in einem ausgebombten Haus zu öffnen. Ohne Erfolg!

Ich fand einen verchromten Revolver vom Kaliber 44, der jedoch keinen Hersteller Namen trug. Diesen besitze ich heute noch, wenngleich ich noch nie mit ihm geschossen habe.

Wir kehrten zum Flugplatz zurück und nachdem wir noch eine Weile über dem Kontinent herumgeflogen waren, kehrten wir gegen 20.00 Uhr nach Wendling zurück.

(Anm.: Die „RAF Station Wendling“ war im 2. Weltkrieg ein Flugplatz in Norfolk. Er lag etwas 4 Meilen west - nordwest von East Dereham.)

Unsere Gruppe in der Maschine war für diesen Trip: Major George Player, Major Myron Keilman, Captain Henry Allen, T/Sgt. (Technical Sergeant) Patrick Burns, M/Sgt. John Coltran, M/Sgt. Ernest Barber und ein Weiterer den ich nicht mehr identifizieren kann.“

Abschließend möchte ich noch einmal den Dank der ZEITZEUGENBÖRSE DUISBURG an Annette Tison aussprechen, die uns diese seltenen Aufnahmen zur Verfügung gestellt hat.

Zeitgleich fand übrigens der 2. Vorsitzende der ZEITZEUGENBÖRSE, Markus Mosch, im Internet weitere Fotos, die wohl von der gleichen Gruppe in Duisburg gemacht wurden.

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

9 folgen diesem Profil

12 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.