Borbecker Familienvater versuchte Amokfahrer zu stoppen
Nachbar saß am Steuer: "Wir hoffen, dass er nicht wiederkommt"

Dieses Foto aus der Silvesternacht hat die Familie am Tag danach auf den sozialen Netzwerken gepostet.  | Foto: privat
  • Dieses Foto aus der Silvesternacht hat die Familie am Tag danach auf den sozialen Netzwerken gepostet.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von Christa Herlinger

Nach den Ereignissen der Silvesternacht ist noch längst nicht wieder alles so wie vorher Nach außen hin hat der Alltag sie längst wieder. Eltern und Tochter gehen wie gewohnt zur Arbeit, für den Sohn hat mit Beginn der Woche die Zeit des Schülerpraktikums begonnen. Doch der Schein trügt. Seit den Geschehnissen in der Silvesternacht ist bei der Borbecker Familie nichts mehr so, wie es einmal war.

"Ich hab noch immer so ein Gefühl, als hätte ich lauter Watte im Kopf", versucht Daniela L. ihren Gemütszustand zu beschreiben. Auch mehr als eine Woche nach dem Jahreswechsel ist es für sie kaum vorstellbar, was in diesen wenigen Minuten nach Mitternacht alles hätte passieren können. Die gute Nachricht: Die Familie ist wohlauf, auch die kleinen Blessuren, die Ehemann und Kinder bei ihrem geglückten Versuch unternommen haben, sich vor Andreas N. in seinem silbernen Mercedes in Sicherheit zu bringen, sind inzwischen kaum mehr sichtbar. Doch die Silvesternacht 2018/19 wird die Familie ganz so schnell nicht vergessen können.

Vorfreude aufs Feuerwerk

Gemeinsam mit dem Großvater und seiner Frau stand die Familie kurz nach Mitternacht auf der Schloßstraße. Der 14-jährige Sohn und sein Freund konnten es kaum erwarten, die eingekauften Feuerwerkskörper zu entzünden. "Ich bin im Haus geblieben", erinnert sich Mutter Daniela. "Der Hund kriegt sonst bei all dem Feuerwerk immer zuviel." Deshalb liest sie die Handynachricht, die sie um 0.28 Uhr von einer Freundin erhält, auch direkt. "Bis dato war ich völlig arglos", berichtet die medizinische Fachangestellte. "Ich hatte auf der Straße zwar einen gellenden Schrei gehört, doch ich habe mir nicht wirklich etwas dabei gedacht." Geschrieen hat ihre 18-jährige Tochter. Zu dem Zeitpunkt, als das Auto von Andreas N. zum zweiten Mal auf sie und ihren Bruder zuraste.

Sprung über den Zaun bringt Sicherheit

Mit einem Sprung zur Seite konnte sich die 18-Jährige vor dem Mercedes in Sicherheit bringen. Der 14-Jährige flüchtete über den Zaun.
Dass es sich bei dem Fahrer des Autos um einen Nachbarn handelt, das war zu diesem Zeitpunkt niemandem aus der Familie bewusst. "Selbst meinem Mann nicht, der direkt die Autotür aufgerissen hat, um Andreas N. irgendwie an der Weiterfahrt zu hindern."
Der Familienvater hatte in diesem Augenblick nichts anderes als das Wohl seiner Lieben vor Augen. Schließlich war der Wagen schon wenige Minuten zuvor mit zwei Rädern auf den Bürgersteig an der Bushaltestelle gefahren, hatte bei diesem Manöver die Feuerwerks-Batterien der Jungs zerstört, die diese dort aufgebaut hatten. "Zu diesem Zeitpunkt waren alle noch der Meinung, da hätte sich jemand mit ordentlich Promille hinters Lenkrad gesetzt", so Daniela L.

Scheinwerfer aus, Warnblinkanlage an

Ein Trugschluss, denn wenige Minuten später kehrt der Mercedes zurück. Die Scheinwerfer sind aus, mit eingeschalteter Warnblinkanlage rollt er langsam auf die Gruppe zu. Die erfreut sich weiter am Feuerwerk über Borbeck. "Gott sei Dank haben meine Kinder aus den Augenwinkeln wahrgenommen, wie der Wagen plötzlich beschleunigt und geradewegs auf die Haltestelle zuschießt." Mit allen vier Rädern rast er auf dem Bürgersteig zwischen Laterne und Zaun durch. Wenig später ist die Horrorfahrt, die in Bottrop begann und dort gleich mehrere schwer verletzte Opfer forderte, zu Ende. Die Polizei stellt Andreas N. am Rabenhorst.

"Ich möchte nicht, dass er wieder kommt"

Schlaf haben die Borbecker in dieser Nacht kaum gefunden. Und auch die nachfolgenden Tage waren bestimmt vor dem, was sich direkt vor ihrer Haustür abgespielt hat: Auf die Untersuchungen der Polizei am Tatort folgten Vernehmungen. "Und es war natürlich jede Menge Presse vor Ort."
Gegen Andreas N. ist längst Haftbefehl erlassen. Der 50-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Seine Wohnung direkt gegenüber dem Haus der Borbecker steht seitdem leer. "Und ehrlicherweise möchte ich auch nicht, dass er noch einmal wiederkommt. Das würde bei mir alles wieder hochkommen lassen", findet Daniela L. ehrliche Worte.

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

16 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.