Entsorgungsbetriebe: Noch längst keine Klarheit über Vorwürfe

Kein Team mehr: der frühere EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze und Oberbürgermeister Reinhard Paß (v.l.). | Foto: Gohl
  • Kein Team mehr: der frühere EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze und Oberbürgermeister Reinhard Paß (v.l.).
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Auf dem Prüfstand waren in den letzten Wochen die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE). Vorgänge innerhalb der GmbH hatten für Unmut gesorgt, den Oberbürgermeister in Bedrängnis gebracht und letztlich zum Rücktritt von EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze geführt.

Ausschuss diskutierte

Dabei ging es, wie berichtet, um einen hochdotierten Beratervertrag für einen SPD-Ratsherrn, um teure Eintrittskarten für Konzerte und Fußballspiele, die angeblich nicht nur Geschäftspartnern zur Verfügung gestellt worden waren, um Dienstwagen und mehr. Am 28. Januar nun stand das Prüfungsergebnis im Haupt- und Finanzausschuss des Rates zur Diskussion.
Die Sitzung war unterteilt in einen öffentlichen und einen nicht-öffentlichen Teil. Schon die Unterteilung des Themas zeigt, was das Ganze zusätzlich kompliziert: Datenschutz. Denn immer wieder werden personenbezogene Aussagen gemacht, ja, Vorwürfe erhoben.

Neuer Termin Ende März

Der öffentliche Teil ergab, wie aus Ratskreisen kommentiert wurde, „im Westen nichts Neues“ und sogar eher Ratlosigkeit. Genaueres zur Frage, wer welchen wirtschaftlichen Schaden für die EBE ausgelöst hat, soll es erst Ende März geben.

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Hier nun die ungekürzte

Stellungnahme seitens der Stadt

zur Ausschussitzung, öffentlicher Teil, vom 28.1., 17.23 Uhr:

Nach Vorlage des Prüfungsberichtes zu den Vorgängen innerhalb der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) GmbH hat Oberbürgermeister Reinhard Paß in einer außerordentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses heute den Fraktionen Rede und Antwort gestanden sowie ein persönliches Fazit zu den vorgelegten Ergebnissen gezogen: "Ich bleibe auch heute dabei, dass mir vieles an der Form der öffentlich geführten Debatte im vergangenen Herbst nach wie vor nicht sachgemäß erscheint", sagte Reinhard Paß. "Ich räume aber auch ein, dass ich einiges anders bewertet hätte, wenn ich schon seinerzeit diesen Sachstand gehabt hätte. Das bedauere ich."

In seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der EBE hatte Oberbürgermeister Reinhard Paß nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den damaligen EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze im September vergangenen Jahres sofort eine Sondersitzung des Aufsichtsrates der EBE einberufen und die Geschäftsführung der Essener Verkehrs- und Versorgungsbetriebe (EVV) als Mehrheitsanteilseigner an der EBE angewiesen, die Beauftragung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorzubereiten.

Die Auswahl dieses Sonderprüfers war nach Einholung mehrerer Vergleichsangebote durch einen einstimmigen Empfehlungsbeschluss des Aufsichtsrates der EBE und anschließende Beauftragung in der Gesellschafterversammlung der EBE am 27. September 2013 erfolgt. Beauftragt wurde die Husemann Eickhoff Salmen & Partner GBR aus der Moore Stephens Audit AG, die jetzt ihre Ergebnisse im Haupt- und Finanzausschuss vorlegte.

In diesem Zusammenhang beantwortete Oberbürgermeister Reinhard Paß auch Fragen, welche die Fraktionen von CDU, Grünen, FDP, Die Linke und EBB an ihn gerichtet hatten.

So erklärte der Oberbürgermeister zum Prüfungsgegenstand der durch die EBE vergebenen Eintrittskarten für Fußballspiele und Konzerte, dass ihm bekannt gewesen sei, dass bei der EBE Fußballkarten zur Ausreichung an Mitarbeiter und Geschäftspartner vorgehalten wurden. "Über die Anzahl oder die Regelungen zur Vergabe hatte ich jedoch keine Kenntnisse", erklärte Reinhard Paß. "Die Anzahl, die mir zur Genehmigung vorgelegt wurden, war derart gering, dass ich mich nicht veranlasst sah, dies in den Aufsichtsgremien der EBE zu thematisieren. Die Ausgabe von Konzertkarten war mir nicht bekannt."

Zur Anzeigepflicht des Beratervertrags der EBE mit dem ehemaligen Ratsmitglied Harald Hoppensack erläuterte Reinhard Paß die Grundlagen und Rechtsvorschriften der Stadt Essen. "Herr Hoppensack hat die wesentlichen anzeigepflichtigen Meldungen vorgenommen und somit die erforderliche Transparenz gewährleistet", so der Oberbürgermeister. "Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass Herr Hoppensack es versäumt hat, mir als Oberbürgermeister den Vertrag mit der EBE gemäß Paragraph 3 Ehrenordnung anzuzeigen, so dass dem Haupt- und Finanzausschuss dazu nicht berichtet werden konnte."

Er habe dies zum Anlass genommen, das bisherige praktizierte Verfahren zu überprüfen, so Reinhard Paß. "Zur Vorbeugung eventueller Missverständnisse erlaube ich mir daher, die Mitglieder des Rates, der Ausschüsse und der Bezirksvertretungen künftig zu Beginn eines jeden Jahres höflich an ihre Mitteilungspflicht zu erinnern."

Zur Aufhebung des Dienstvertrages mit dem ehemaligen EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze erklärte Reinhard Paß: "Dieser Vertrag wurde zum 31. Dezember des vergangenen Jahres aufgehoben. Der eigentliche Vorgang – das muss ich einräumen – ist sehr unglücklich vonstatten gegangen. Ich habe den mit mir abgestimmten aber ursprünglich in anderer Version vorgelegten Vertrag vor meiner Unterschrift nicht erneut gelesen. Denn selbstverständlich bin ich davon ausgegangen, dass es sich um den mit mir abgestimmten Vertragstext gehandelt hat. Ein Schaden ist daraus nicht entstanden und hätte übrigens auch nicht entstehen können. Es war schlicht ein Versehen, das es allerdings nicht hätte geben dürfen – das bedauere ich."

Anders als teilweise öffentlich dargestellt, hat auch die Pensionsregelung für Klaus Kunze als Geschäftsführer der EVV Verwertungs- und Betriebs-GmbH (EVB) die Stadt Essen nicht benachteiligt. "Es trifft zu, dass Herr Kunze mit dem Ausscheiden als Geschäftsführer bei der EVB eine Abgeltung für Pensionsansprüche aus seinem Anstellungsvertrag bei der EVB erhalten hat", erklärte der Oberbürgermeister. Dies begründet sich zum einen auf die arbeitsvertraglichen Pensionsansprüche von Klaus Kunze aus seiner Tätigkeit bei der EVB und zum anderen auf dem Wahlrecht, sich die aus dieser Tätigkeit erwachsenden Pensionsansprüche anstelle einer monatlichen Rentenzahlung bis zum Lebensende als Einmalzahlung ausbezahlen zu lassen.

Vom Ergebnis der Sonderprüfung zeigte sich der Oberbürgermeister – zumindest in Teilen – enttäuscht: "Es gibt Vorwürfe, die sich entgegen der ersten Annahmen als nicht wahrhaftig beziehungsweise als nicht angemessen bewertet erwiesen haben", so Reinhard Paß. "Es gibt aber auch Vorwürfe, die sich als wahr erwiesen haben. Und mit Blick auf diese Aspekte will ich keinen Hehl daraus machen: Das, was ich aus diesem Bericht erfahren habe, hat mich betroffen gemacht und mich außerdem enttäuscht. Ich bleibe auch heute dabei, dass mir vieles an der Form der öffentlich geführten Debatte im vergangenen Herbst nach wie vor nicht sachgemäß erscheint. Ich räume aber auch ein, dass ich einiges anders bewertet hätte, wenn ich schon seinerzeit diesen Sachstand gehabt hätte. Das bedauere ich."

Der Oberbürgermeister weiter: "Ich habe seinerzeit angekündigt, dass ich es - sollten sich die in Rede stehenden Vorwürfe im Ergebnis der Prüfungen als stichhaltig erweisen - als meine Pflicht als Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der EBE erachte, in der angemessenen Weise zu handeln. Ich werde es dabei an der notwendigen Konsequenz und auch Härte nicht mangeln lassen – das sagte ich seinerzeit und dazu stehe ich auch heute noch."

Demzufolge sollen die nächsten Schritte in dieser Angelegenheit nun darin bestehen, dass die Geschäftsführung der EBE den bereits ansatzweise bezifferten Schaden abschließend verifizieren wird und verpflichtet ist, diesen bei den Verursachern geltend zu machen.

Zusätzlich soll den Fraktionen innerhalb eines Datenraums bei der EVV die Gelegenheit gegeben werden, den Prüfbericht von Husemann Eickhoff Salmen & Partner GBR inklusive der zugehörigen Unterlagen einzusehen. Dazu wurden die Fraktionen aufgefordert werden, jeweils einen Vertreter zu benennen.

"Auf diese Weise möchte ich den von mir nach wie vor präferierten Weg einer möglichst sachlichen Auseinandersetzung mit den nun vorliegenden Ergebnissen fortsetzen", so Oberbürgermeister Reinhard Paß. "Gleichzeitig können die Fraktionen im Rat der Stadt sich Ihren legitimen Anspruch auf größtmögliche Transparenz in dieser Angelegenheit erfüllen. Das liegt in unser aller Interesse."

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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