Schreiben an Thomas Kufen
Grüße aus Freisenbruch an den Bürgermeister

Hallo Herr Kufen,

ich hoffe, es geht Ihnen gut und sie haben einen schönen ruhigen Einstieg in das neue Jahr 2024 gehabt. Man hat es ja heutzutage als Politiker nicht leicht. Da muss man einfach auch mal die Seele baumeln lassen können. 

Auch wenn Sie nicht danach gefragt haben, kann ich Ihnen sagen, dass es uns hier in Freisenbruch richtig gut geht. Wir sind tatsächlich große Fans von Baustellen, besonders dann, wenn sie sinnlos sind. Das mögen wir gerne. Baulärm seit mehreren Jahren ist ja quasi unser steter Begleiter geworden. Insofern würde uns wahrscheinlich etwas fehlen, wenn versehentlich irgendjemand aus dem Kreise der Verantwortlichen rund um das geplante Einkaufszentrum Essen-Freisenbruch mal vernünftig planen oder arbeiten würde.

Die Bürgerinnen und Bürger, die Sie nicht zwingend nochmal zum OB wählen würden, lieben den ganzen Schutt, Stau und natürlich den Lärm. Die Gewerbetreibenden haben sich damit arrangiert, weniger Einnahmen zu haben, weil der Bereich vor ihren Geschäften schlecht oder gar nicht erreichbar ist. Auch die zusätzliche Attraktivität des Stadtteils durch die Schlaglöcher in den Straßen rund um die Endlosbaustelle ist nicht von der Hand zu weisen. Für die Sicherheit ist ja gesorgt, da alle paar Wochen ein paar Bauarbeiter mit der Schubkarre durch Parallelstraßen der Bochumer Landstr. trotten, um die ganzen Krater mit billigem Teer zu kitten. 

Während auf der Baustelle eine dilettantische Aktion auf die nächste folgt, hat die Generation 70+ und schlecht zu Fuß, die sich ursprünglich mal über eine vernünftige Nahversorgung gefreut hat, mittlerweile schon eine 3-Zimmer Wohnung voller Schals und Pullover gestrickt. Genau die hoffen jetzt, dass sie die Eröffnung des hyperspektakulären Einkaufszentrums noch erleben werden. Die Wahrscheinlichkeit sinkt allerdings mit jedem Jahr, das die Eröffnung nach hinten verschoben wird.

Ich will ja nicht meckern und auf die schneckenartige Umsetzung dieses glanzvollen Projektes verweisen. Ich will mich auch nicht darüber beschweren, dass man in einer Bergbauregion von Überbleibseln des Bergbaus überrascht wurde. Ich will mich auch nicht darüber beschweren, dass die Lebensqualität im Stadtteil erheblich gesunken ist und wahrscheinlich jeder im Umfeld rund um Ihre tolle Baustelle mittlerweile Stresspusteln bekommt, wenn er den Namen "Kufen" hört.

Ich möchte Sie einfach nur mal daran erinnern, dass es in der Politik nicht nur um angenehme Termine geht, wie die Einweihung eines revolutionären sich drehenden Weihnachtsbaums. Und auch von einem putzigen Grinsen in jede Kamera lösen sich die Probleme in Ihrer Stadt nicht in Luft auf.

Wenn Sie also die Güte haben, Ihre Komfort Zone mal zu verlassen und sich das Desaster in Freisenbruch zu Gemüte zu führen, werden Sie einen gewissen Handlungsbedarf feststellen. Über eine darauf folgende Interaktion würde sich der Stadtteil und alle Leittragenden sehr freuen, denn langsam wird es sehr albern.

Sie brauchen sich auch nicht zu fürchten, wenn sie sich des Teufels Werk ansehen, solange sie danach Gottes Beitrag leisten. Mit Mistgabeln und Fackeln aus dem Stadtteil jagen wird sie niemand, denn dazu sind wir hier in Freisenbruch eindeutig zu nett.

Vielen Dank für Ihre Kooperation

Herzlichst

Andreas Breimeyer

Autor:

Andreas Breimeyer aus Essen-Steele

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