St. Ludgerus muss sich neu erfinden

Die Kirche von Christi Himmelfahrt steht auf dem Entwurf einer Streichliste.
Foto: Henschke
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Der Entwicklungsprozess wird für die Pfarrgemeinde bittere Einschnitte bringen

Was wissen, was halten die Fischlaker, Heidhauser und Werdener Katholiken vom Pfarreientwicklungsprozess? Propst Jürgen Schmidt und Christian Kromberg vom Koordinierungsausschuss wollten es wissen.

An zwei Abenden wurden die Gemeindemitglieder von St. Ludgerus und St. Kamillus informiert. Zusammengefasst ist schnell: Die Zahl der Priester sinkt seit Jahren, die Kirchen werden leerer und die Gemeinden kleiner. Das bedeutet finanzielle Einbußen. Dies wiederum führt dazu, dass St. Ludgerus den Haushalt kräftig zusammenstreichen muss, an allen Ecken und Enden muss gespart werden. Jeder muss Opfer bringen, Liebgewordenes aufgeben. Die Katholische Kirche muss, will sich aber auch „neu erfinden“. Im Bereich der Liturgie sollen zu den gängigen ganz neue Gottesdienstformen gefunden werden, die weniger besuchten Vorabendmessen bedürften einer Konzentration auf wenige Standorte. Im Wechsel soll an den Sonntagen ein gestalteter Kinder- und Familiengottesdienst in jeweils einer Gemeindekirche gefeiert werden. Die Aktiven in der Kirchenmusik der Gemeinden sollen zur Weiterentwicklung der Pfarrei beitragen, indem sie gemeinsam Gottesdienste und Konzerte gestalten und damit zum Zusammenwachsen von Chören und Chorgemeinschaften beitragen. Um die Vielfalt an liturgischen Feiern zu gewährleisten, sollen Ehrenamtliche aus den Gemeinden für die Gestaltung und Leitung von Wortgottesfeiern qualifiziert werden, dies auch die Übernahme von Trauergottesdiensten und Begräbnisfeiern umfassen.

Prekäre Lage

Dies alles wird jedoch auch begleitet von den harten Einschnitten, die eine finanziell durchaus prekäre Lage erzwinge. Denn für das Jahr 2030 wurde eine Finanzlücke von 5,5 Millionen Euro vorhergesagt. Also muss der Immobilienbestand beschränkt werden.
Im Entwurf des Standortkonzeptes „Kirchen und kirchliche Gebäude“ geht es um „den Perspektivwechsel in der Entwicklung der Pfarrei: weg vom Nebeneinander und hin zum Miteinander der Gemeinden.“ Übrig bleiben sollen eine Pfarrkirche, zwei größere und zwei kleinere Gemeindezentren, zwei starke Standorte für die Kinder- und Jugendarbeit. In Werden würde das Ludgerushaus einem neuen Träger zur Vermietung angeboten. Für den Erhalt der dort integrierten Schatzkammer seien zwingend neue Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen. Die Domstuben könnten zu einem Standort für ein Sozialprojekt entwickelt oder zu Altenwohnungen umgebaut werden. Pfarrkirche könnte die Basilika St. Ludgerus mit ihrer bereits neu gestalteten Krypta bleiben. Die Lucius-Kirche sollte eine stärkere Nutzung als Gemeindekirche erfahren. Nebenan könnte Räume anders genutzt werden. Das Luciusdorf allerdings werde nicht angetastet.

Nur noch ein Anbau?

In Heidhausen könnte die Kirche St. Kamillus Gemeindekirche bleiben unter der Voraussetzung, dass eine tragfähige und für den Haushalt entlastende Finanzierung zwischen Pfarrei, Kamillianer-Orden und Klinikträger neu verhandelt und gefunden wird. Anstelle des bisherigen Gemeindezentrums würde eine deutlich kleinere neue Versammlungsstätte geschaffen. Pater Dietmar Weber stellt auch klar: „Unsere Kirche wurde damals ausdrücklich auf Wunsch der Heidhauser Gemeinde erbaut. Sie ist ans Bistum vermietet, das ist richtig.“ Doch ist dieser Standort gesichert? Gibt es in 15 Jahren überhaupt noch den Orden in Deutschland? Diese Frage kann auch Kamillianer-Provinzial Dr. Jörg Gabriel nicht abschließend beantworten.
In Fischlaken würde ein völlig neuer Gesamtkomplex für Kinder und Familien entstehen. Dafür wäre die Kirche Christi Himmelfahrt abzureißen. Auf dem Gelände könnte eine neue Kindertagesstätte einschließlich eines neu gestalteten Außengeländes entstehen. Das vor Ort vorhandene Potenzial engagierter Christen soll so gestärkt und gefördert werden. Doch die Fischlaker murren: „Sind wir dann nur noch ein Anbau der Kita? Das ist zu wenig!“ Schon seit längerem liegt ein Entwurf vor, der eine flexible Nutzung der Kirche ermöglichen würde. Hier könnten mit mobilen Wänden Räume abgetrennt werden, bei Bedarf aber der gesamte Kirchenraum geöffnet sein. Platz für eine Erweiterung der Kita bliebe, auch ohne die Kirche abzureißen. Recht neu dagegen ist der Gedanke, intensiv mit der evangelischen Gemeinde zu kooperieren. Warum soll es nicht möglich sein, Am Schwarzen ein ökumenisches Zentrum zu schaffen? Denn ohne solche Lösungen würde die düstere Prophezeiung einer Fischlaker Katholikin vielleicht doch eintreffen: „Was erst einmal kaputt gemacht wurde, ist für immer weg.“

Frische Ideen

Aber Propst Jürgen Schmidt möchte nicht immer nur über Schließungen und Abriss sprechen: „Natürlich führt kein Weg daran vorbei. Aber wir haben hier die Chance, uns völlig neu aufzustellen. Das braucht auch Mut. Ich denke da an das Wort von Papst Franziskus, dass mir wie auf den Entwicklungsprozess unserer Pfarrei geschneidert scheint: „Wir leben nicht in einer Ära des Wandels, sondern erleben einen Wandel der Ära.“ Der Kirchenmann war beeindruckt von den Abenden mit den Gläubigen: „Eine durchaus kritisch hinterfragende, aber vor allem konstruktive Stimmung. Auch sind mir im Nachgang von Gemeindemitgliedern etliche frische Ideen vorgetragen worden.“ Immerhin haben sich über 120 Menschen aus der Pfarrgemeinde seit Jahren immer wieder getroffen und auf die wesentlichen Eckpunkte verständigt. Die Vorschläge liegen also auf dem Tisch, am 22. November wird der Pfarrgemeinderat endgültig abstimmen. Am 30. November folgt eine öffentliche Informationsveranstaltung für die gesamte Pfarrei zum beschlossenen und dem Bischof übergebenen Votum.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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