Gregor Lauenburger sprach mit der Selbsthilfegruppe Angst und Depression über die Bibel
„Das finde ich sehr tröstlich“

Schulseelsorger Gregor Lauenburger (l.) sprach mit Uli Tonder über Hoffnungsgeschichten in der Bibel. 
Foto: Henschke
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Mehr wissen über seelische Probleme. Die Selbsthilfegruppe Angst und Depression Essen-Werden steht für Austausch unter Betroffenen, Gleichgesinnten und Interessierten.

Gegründet im April 2010, ist sie Mitglied im Essener Netzwerk gegen Depressionen. Koordinator Uli Tonder betont: „Selbsthilfegruppen bestehen aus Gleichberechtigten, somit gibt es hier bei uns keinen Leiter. Wir haben 16 Mitglieder, wovon im Schnitt acht Personen dienstags ab 18.30 Uhr zu den wöchentlichen Gruppenstunden ins Haus Heck kommen. Das Alter der Gruppenmitglieder liegt bei Ü 55, rund 80 Prozent sind nicht mehr berufstätig. Somit sind Mobbing am Arbeitsplatz und ähnlich gelagerte Probleme bei uns kein Thema.“ Der Schwerpunkt liegt auf der Öffentlichkeitsarbeit. Die Gruppe kämpft gegen die Stigmatisierung depressiver Menschen zum Beispiel mit Infoständen wie auf der Gesundheitsmeile innerhalb der Messe „Mode, Heim und Handwerk“. Uli Tonder zieht den Hut vor seinen Mitstreitern: „Dafür braucht es Mut.“ Sechs bis acht Vorträge pro Jahr werden in Haus Heck abgehalten, diese Veranstaltungen sind öffentlich und kostenfrei.

„In jedem Menschen begegnen wir Gott“

Nun ist Gregor Lauenburger der Einladung gefolgt und möchte über biblische Hoffnungsgeschichten reden. An 135 Stellen gebe es in der Bibel das Wörtchen „Hoffnung". Der Schulseelsorger am Mariengymnasium nimmt da kein Blatt vor den Mund: „Im Grunde eine Bibliothek mit 72 Schriften, die im Laufe von über 1.000 Jahren entstanden sind. Sie stammen aus dem Orient und müssen auch so betrachtet werden. In unserem Kulturkreis wäre das Äquivalent wohl Märchen.“ Der Schöpfungsmythos ein Lied mit sieben Strophen: „Jede Strophe steht für einen Tag. Ganz schön romantisch.“ Wissenschaft und Theologie passten nämlich doch zusammen: „Es fängt bei beiden an mit einem großen Knall.“ Es soll Licht werden, Tag und Nacht werden geschieden: „Kommen wir zu der Stelle, an der wir Menschen vorkommen. Am Samstag nach dem Abendessen hat sich Gott gesagt: Da fehlt noch was. Er schafft den Menschen nach seinem Abbild.“ Aber wir sehen doch alle unterschiedlich aus? Lauenburger sieht doch die Ähnlichkeiten: „Wir können Gut und Böse unterscheiden, wir sind kreativ, wir sind alle sein Ebenbild. In jedem Menschen begegnen wir Gott. Machen Sie mal das Experiment und lächeln Sie die Leute in Bus oder Bahn an. Da hat noch nie einer grimmig zurückgeschaut.“ Am siebten Tag ruhte Gott. „Das finde ich sehr hoffungsfroh. Wenn wir richtig was getan haben, dürfen wir ruhen. Was am achten Tag passiert, steht hier nämlich nicht drin.“

Lukas, Kapitel 15, Vers 12 bis 32

Lauenburger fährt fort: „Sind sie bereit für die zweite Geschichte? Neid unter Geschwistern?“ Jesus erzählt eine Geschichte. Ein Gleichnis: „Ein Mann hatte zwei Söhne…es könnten aber auch eine Mutter und zwei Töchter sein. Der Ältere fleißig. Der Jüngere hielt es nicht mehr aus und wollte nur noch weg. Der Vater teilte seinen Besitz. Da merkt man übrigens, wie konstruiert die Story ist. Denn eigentlich hätte der Vater ja auch sein Haus verkaufen müssen.“ Der Jüngere zieht in die Ferne und bringt seinen Erbteil durch: „Kennen Sie George Best?“ Der britische Kicker wurde zitiert mit: „Ich habe viel Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest hab’ ich einfach nur verprasst.“ Der Jüngere kehrt reumütig zurück und der Vater nimmt ihn mit offenen Armen auf, feiert ein Fest, lässt sogar das Mastkalb schlachten. Der Ältere ist geschockt: „So was Ungerechtes.“ Die Geschichte hat kein Happyend. Jesus erzählt nicht weiter. „Wir alle kommen darin vor, vielleicht sogar in mehreren Personen. Ich persönlich sehe mich in dem jüngeren und dem älteren Sohn. Eventuell sogar im Vater? Der steht für Gott. Ich finde, das ist die tröstlichste Geschichte in der gesamten Bibel. Bei Gott hast Du immer noch eine Chance. Und zwar auf das Ganze. Gott ist nicht gerecht. Aber Gott wird uns gerecht, egal, was wir ausgefressen haben.“ Nun möchte Gregor Lauenburger aber doch einschränken: „Ich würde das keinem Junkie erzählen, der auf Entzug ist. Zumindest nicht so. Man muss die biblischen Geschichten schon darauf abklopfen, ob sie nicht zynisch sind.“ Man solle sich auch nicht zum Richter aufschwingen und darüber urteilen, was andere tun: „Gerechtigkeit ist ein menschlicher Begriff. Der passt nicht zu Göttlichkeit. Da fängt das Elend nämlich an, wenn man sich mit anderen vergleicht. Dabei ist jeder Mensch anders.“

Glaube, Hoffnung, Liebe

Das Hohelied der Liebe? Bei der Geburt seiner Tochter zum Beispiel habe er sie gespürt, diese bedingungslose Liebe: „Auch wir Erwachsenen können aufrichtig volle Pulle lieben wie ein kleines Kind.“ Andererseits: „Egal, was ich versuche, es nutzt nix, wenn ich die Liebe nicht habe. Das finde ich sehr tröstlich. Denn wir stehen vor einem Vorhang, dahinter ist Gott. Und nur durch ein klitzekleines Loch scheint die Liebe durch. Mehr nicht. Aber ich werde die Erkenntnis haben in Fülle. Darauf kann ich mich freuen. Das beruhigt mich total.“ Diese Worte lassen die Emotionen hochschlagen in der Runde. Wer nie Liebe erfuhr, sie nicht spüren kann, der hadert und droht daran zu Verzweifeln. Eine Teilnehmerin lässt Skepsis durchblicken: „Ich bin 75 Jahre alt. Aber mit dem ewigen Leben kann ich überhaupt nichts anfangen.“ Sie denke nur: „Deckel zu und Schluss. Ich habe keine Angst vorm Tod.“ Gregor Lauenburger traut sich nicht zu, diese Gedanken zu bewerten. Er könne nur dazu ermuntern, die Bibel in die Hand zu nehmen und zu lesen: „Ich glaube, dass dieses Buch viele Antworten hat. Wenn wir uns genügend Mühe machen, uns darauf einzulassen, dann können wir daran heil werden.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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