Erinnerungsschwaden

David Kumpernas fordert mit seiner Ausstellung „Staub und Gold“ Erinnerungen geradezu heraus. 
Foto: Bangert
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David Kumpernas erweckt mit „Staub und Gold“ längst verloren geglaubte Erinnerungen

Diese Reaktionen hatte sich David Kumpernas erhofft. Seine so ganz andere Kunstausstellung „Staub und Gold“ fordert es geradezu heraus: Ob man will oder nicht, fast unwillkürlich klettern Erinnerungen an die Oberfläche. Sie schlummerten staubbedeckt irgendwo in der Ecke.

Der Titel „Staub und Gold“ ist entliehen vom Lied des viel zu früh verstorbenen Hamburger Musiker und Maler Nils Koppruch: „und was staub war und schmutz soll aus gold sein und wahr was nur rauch war und schein und die die ich vergessen hab die fallen mir wieder ein…“ Kunst- und Fotohistorikerin Petra Steinhardt war dicht dran am Entstehungsprozess, beschreibt die Intentionen dieser Arbeit und möchte gerade dem ratlosen Betrachter eine kleine Spur zum Verständnis aufzeigen: „Der konzeptionelle Ansatz macht es uns sicherlich nicht einfach. Wer in der Ausstellung ist, ist mittendrin und kann durchaus unmittelbar irritiert sein. Viele Ressourcen werden genutzt, um Erinnerungen hervor zu rufen. Wir können Verschüttetes neu entdecken oder die eine oder andere Gedächtnislücke schließen. Denn oft springen wir auf Fotos an, mit denen wir Persönliches verbinden. Ein Beispiel sind da sicherlich Urlaubsfotos.“ Steinhardt vergleicht den Besuch der Ausstellung mit einem Regen, der Vergessenes freispült, einem Regen, der alles wieder neu macht und den ganzen Schmutz wegwäscht. Hier tauchen viele Dinge aus der Fundgrube des Künstlers auf, der schon seit etwa vier Jahren mit der Idee schwanger ging. Da sind alte Photographien und Dias, oft minimal verändert. Da sind Diabetrachter, Lampen, Projektoren, Guckis, Glasobjekte.

Reales und Fiktives

Die Beschäftigung mit diesen Erfahrungs-Schätzen führt unweigerlich zur Beschäftigung mit dem Vergangenen, dem längt vergessen Geglaubten: „Erinnerungen leben lang. Man muss sie nur von Zeit zu Zeit aus ihrem Schlaf erwecken.“ Kumpernas setzt da auf die inspirierende Kraft von Bildern, mischt sie noch in Form von Fotografien, Projektionen und Objekten bunt durcheinander. Von jeder Wand, aus jeder Ecke springen die optischen Reize den Betrachter geradezu an. Was machen die vielfältigen Objekte mit uns? Natürlich sind es nicht „unsere“ Erinnerungen. Doch was spielt sich im Kopf ab, wenn der Blick auf fremde Erinnerungen fällt? Trachten wir danach, die Geschichten hinter den Bildern zu erforschen? Oder lassen wir uns eher auf einen Rückblick in unsere ganz eigenen Erinnerungen ein? Lassen sich Reales und Fiktives dabei überhaupt noch unterscheiden? Oder vermischt sich gar alles zu einem nicht zu entwirrenden Erinnerungsknoten? Die spontanen Reaktionen der Ausstellungsbesucher spiegeln diesen stark emotional behafteten Erinnerungs-Wirrwarr wider. David Kumpernas geht respektvoll mit Objekten um, die bereits in der Versenkung verschwunden waren. Neu kombiniert und arrangiert, wollen sie betrachtet, oft sogar in die Hand genommen werden. Man kann sich zurücklehnen und verlieren in Details. Es braucht nur ein offenes Auge.

Ausstellung und ein Endspiel

Die Ausstellung „Staub und Gold“ öffnet ihre Tore freitags von 20 bis 24 Uhr, sonntags von 15 bis 18 Uhr, sowie nach Vereinbarung. Am 24. Februar geht es im Rahmen der Finissage letztlich auch um Erfahrungen und Erinnerungen. kunstwerden.bühne präsentiert um 20 Uhr das Stück „Der Ausgestoßene“ gespielt von Karl Walter Sprungala. Nach einer Erzählung, die Samuel Beckett 1946 geschrieben, aber erst 1955 veröffentlicht hat. Es ist ein für Beckett typisches Endspiel: Der Held wird aus einem Haus, in dem er offenbar seit Jahren gewohnt hat, buchstäblich hinausgeworfen. Beckett war der Autor der Ausgestoßenen, der tragikomischen Vagabunden und Lebensdienstverweigerer.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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