Zukunft des Colosseum Theaters ist ungewiss
Musicals im Revier: Schluss mit lustig

Das Colosseum Theater, rund 120 Jahre alt, steht seit 1989 unter Denkmalschutz und hat eine bewegte Geschichte. Der Saal bietet aktuell Platz für 1.400 Gäste. | Foto: Blum
  • Das Colosseum Theater, rund 120 Jahre alt, steht seit 1989 unter Denkmalschutz und hat eine bewegte Geschichte. Der Saal bietet aktuell Platz für 1.400 Gäste.
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Im Colosseum, der Veranstaltungshalle am Rande der Essener City, ist bald Schluss mit lustig. Denn: Der Besitzer, die Firma Stage Entertainment, will sich kurzfristig von der Immobilie trennen. Und: Auch in Oberhausen soll bald der letzte Vorhang im Metronom-Theater fallen, das ebenfalls von Stage Entertainment betrieben wird. Dort wird noch bis März 2020 das Musical "Tanz der Vampire" gespielt.

Das Colosseum hat eine bewegte Geschichte: In den Jahren 1900 und 1901 wurde das markante Backsteingebäude, das seit 1989 unter Denkmalschutz steht, am Ostrand der Krupp-Gussstahlfabrik als Industriehalle errichtet. Lokomotivrahmen und Kurbelwellen für Schiffe wurden dort hergestellt. In besten Zeiten von rund 2.000 Beschäftigten.
Im Zweiten Weltkrieg ist das Gebäude von Zerstörungen verschont geblieben, anschließend wurden dort von AEG Kanis Dampf- und Gasturbinen gefertigt und die Erdgaspipeline von Sibirien nach Westeuropa hergestellt.
Und dann zog die Unterhaltung ein: Von Mai 1995 bis Dezember 1996 wurde das Industriegebäude zu einem Musical-Theater umgebaut.
Doch richtig rund lief es nie: Zunächst versuchte sich die Stella Entertainment AG daran, musste dann aber Insolvenz anmelden. Seit 2000 gehört die Musicalspielstätte der Stage Entertainment und wurde mit Musicals bespielt. Zehn Jahre später war auch damit Schluss. Seitdem wird das Colosseum für Gastspiele, Konferenzen und Kongresse vermietet.
Nun will sich die Firma ganz von der Immobilie trennen, Gespräche mit Interessenten liefen bereits, so wird verkündet.

Kommentar

Man fragt sich: Warum laufen Musical im Norden und im Süden des Landes wie geschnitten Brot und nicht im Revier? Warum reisen - laut Stage-Geschäftsführung - Musicalbesucher zwar aus dem Ruhrgebiet nach Hamburg, wenngleich es hingegen nur wenige Fans ins Ruhrgebiet zieht?
Hamburg, Berlin und Stuttgart sind offensichtlich eine Reise wert. Das Ruhrgebiet wohl weniger, zumindest unter Musicalfans.
Dabei haben sich die Übernachtungszahlen in Essen in den letzten Jahren doch prächtig entwickelt, Hotels werden gebaut und zweistellige Wachstumsraten eingefahren.
Was also läuft falsch in der Welt der Musicals? Ein klein wenig mag es auch daran gelegen haben, dass die besten Inszenierungen erst später oder gar nicht im Revier gespielt wurden. Mal abgesehen von "Elisabeth", das 2001 im Colosseum aufgeführt wurde und das noch Geld in die Kasse spülte.
Es ist verständlich, dass irgendwann die Reißleinen gezogen werden, wenn die Produktion von Musicals im Revier mehr kostet als sie einspielt. Denn unterm Strich geht es schlichtweg darum, mit dem Geschäftsmodell Geld zu verdienen. Und: Mit einer denkmalgeschützten Immobilie, die aufwändig in Stand gehalten muss, ist auch nicht gerade satt Kasse zu machen. Im Gegenteil.
Dabei ist das Colosseum Theater ein wirklich schöner Spielort. Und in den letzten Jahren wurde dem Publikum dort ein abwechslungsreiches Programm geboten: Comedy, Konzerte, Musicals, Ballett. Oftmals waren die Shows auch bis auf den letzten Platz ausverkauft.
Mit Max Raabe & Palast Orchester im November 2020 werden bereits heute Gastspiele bis weit in die Zukunft beworben. Und: Max Raabe würde das Haus sicher wieder komplett füllen. Garantiert.
Es wäre schade, wenn es ab Sommer 2020 im Colosseum-Theater keine Live-Unterhaltung mehr geben sollte.
Wir dürfen daher gespannt sein, wie die Zukunft des Hauses ausschauen wird. Eines ist sicher: Mit Kurbelwellen oder Gasturbinen wird es sicher nichts zu tun haben. Denn: Auch dieser Markt liegt in Trümmern.

Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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