Erschütterndes - Unfassbares

Von einer Riesenlinde getroffen - Elbinger Knie/Posteitweg. Fotos: Markus Decker
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  • Von einer Riesenlinde getroffen - Elbinger Knie/Posteitweg. Fotos: Markus Decker
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Schäden noch nicht messbar. Postreitweg: Haus aufgeschlitzt; Bärendelle: Dach-Gefahr! Und viel mehr...!

Das Haus am Elbinger Knie/Postreitweg zieht an. Leute gucken, nehmen ihr Handy, knipsen. Und noch mal. Guck mal, da ist ja noch mehr! Das Ausmaß der Orkan-Schäden ist hier noch immer nicht wirklich absehbar. Maria Preußer, Ex-Konrektorin Elisabethschule, treffend: „Ich war wie erschlagen. Als ich Pfingstmontag nach 22 Uhr etwas Ungeheures hörte.“

„Es war im Haus ein Dröhnen, als wenn eine Bombe einschlägt.“ Die 90-Jährige weiß wovon sie spricht. „Ich erlebte hautnah im Weltkrieg als Jugendliche, wie eine Bombe neben meinem Elternhaus in den Garten einschlug. So ähnlich war das. Erschüttert bin ich.“

Ja, auf die Hausecke knallte eine Riesen-Linde mit solch gewaltiger Wucht, dass Sparren, Regenrinne wie Lakritz-Rollen hängen. Die Seitenwand ist oberhalb weggewuchtet. In der Küchenwand ein Ball-großes Loch - mit Blick zum Rhein-Ruhr-Zentrum; nicht durchs Fenster, sondern durch die Mauer. Ferner hinterließ das Wurzelwerk einen Krater in der Straßen-Teerdecke. Blick aus dem Wohnzimmer: „Mein schöner Garten ist platt. Büsche, Sträucher zerschlagen.“ Eine umgestürzte Tanne schaffte den Ruin.

Längst nicht alles. Die Linde knallte auch vor die Garage, die hinter Blattgrün-Wust nur zu erahnen ist. Wassermassen drückten das Tor auf, das donnerte aufs Auto, plättete Kühlerhaube, drückte die Windschutzscheibe raus. „ Keller voll Wasser, in der Waschmaschine schwimmt schwarze Brühe. Ich weiß nicht, wie es weitergeht…“

Postreitweg, einige Meter weiter. Die Garageneinfahrt ist zwar nicht flach. Aber die Anwohner sorgten schon seit Jahren vor mit Flut-Schutzblechen. Für die brausenden Wassermassen kein Hindernis. Der Hüne Max Meyer bestätigt: „Diese Straße war ein See. Das Wasser stand mir zum Oberschenkel. Gullys verstopft. Dreck, Fäkalien stießen hoch…“ Wasserstand in der Garage 1.70 Meter. Die gleicht jetzt einem welligen Pfannkuchen. Zwei Motorräder haben nach der Bad-Sause für immer ihren letzten Gang eingeläutet.

Auch das Garagentor bei Ute und Hans-Dieter Naujoks ist verschoben, verzogen. „Zig Tonnen Wasser drückten dagegen. Ein Knall, raus war es aus Rahmen, Halterung. Wassermassen wuchteten weiter gegen die Sicherheitseisentür, die verbog sich wie eine Ziehharmonika. „Das Wasser stand dann über 1.70 Meter. Bis kurz vor der Wohnungstür. Seit 30 Jahren wohnen wir hier. So etwas haben wir noch nie erlebt.“ Flut-Schutz, Sandsäcke - die Wasserwucht fegte alles beiseite.

Bestätigung von Christian Behrendt. „Garage, Keller wie beim Nachbar unter Wasser. Zusätzlich noch Wasser in der Wohnung, durchs Dach.“ Und alle schufteten Wassermassen wieder weg – Tag und Nacht.

Schulen, Kindergärten sind dicht. Doch im Grevel-Kindergarten rackern Erwachsene mit hochroten, erhitzten Köpfen, ackern wie Weltmeister, zersägen dicke Äste, wuchten die in Karren, in Säcke. Nicole Becker, Leiterin, Ute Reschke, Stellvertreterin mit Eltern, Helfern. Kein Jammern bei Vanessa Keller über zerkratzten Hände, Arme: „Wenn es etwas zu helfen gibt, muss ich dabei sein!“ Auch „Wildfremde“. Sascha Keller, KiTa-Vater, strahlend: „Ich postete ins Internet, dass wir dringend Hilfe brauchen, da große Bäume auf dem Spielgerät, Dach liegen. Wir aber das Sommerfest, Samstag, für die Kinder nicht platzen lassen wollen.

Antwort folgte prompt. Denn der Essener Tobias Becker gründete über Facebook die Gruppe Essen.packt.an. Und haste nicht gesehen, werkelten am nächsten Tag Helfer in der KiTa, vom Studenten bis zum Senior, packten an. Nachmittags: 90 Säcke, prall gefüllt mit Laub, Ästen, wurden abtransportiert. Alles für ein DANKESCHÖN. Vorbildlich!

Die denkmalgeschützte Bärendelle steht nicht unter Orkan-Schutz. Sabrina Dörr, Anwohnerin: „Vor meinem Fenster sind Bäume wie Zahnstocher weggebrochen. Mit lautem Rums sausten Dachziegel der ehemaligen Hauptschule runter. Pfingstmontag, 23 Uhr, haben wir erste Bestandsaufnahme gemacht. Totales Chaos! Wie nach dem Krieg! Durch die Bärendelle ist kein Durchkommen. Ich bin zutiefst erschüttert über die Auswirkungen der letzten Nacht und berührt von dem Anpacken der Anwohner. Hier ging alles Hand in Hand.“

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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