Künstler in der Coronakrise: Musicaldarsteller Dennis Henschel am Existenzminimum
Corona statt "Robin Hood"

Spaziergänge mit dem Hund statt Proben für das Musical "Robin Hood": Musicaldarsteller Dennis Henschel.Foto: Privat
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  • Spaziergänge mit dem Hund statt Proben für das Musical "Robin Hood": Musicaldarsteller Dennis Henschel.Foto: Privat
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Eigentlich, ja eigentlich würde der Musicaldarsteller Dennis Henschel gerade in Fulda für das Musical "Robin Hood" proben, um dort im Juni als Will Scarlett bei der Welturaufführung des Stücks auf der Bühne zu stehen. Doch jetzt ist Corona...

 Und so steht der gebürtige Gelsenkirchener wie so viele andere Künstler statt auf der Bühne zurzeit gänzlich ohne Arbeit da.
"Langsam wird es finanziell wirklich eng", gibt er unumwunden zu. Immerhin bekomme er Kurzarbeitergeld, doch die Summe reiche hinten und vorne nicht. "Dazuverdienen darf man eh nicht viel, aber zurzeit ist es schon schwierig, einen Job im Supermarkt zu bekommen." Für Soforthilfe konnte sich der Sänger nicht bewerben, "dafür habe ich zu viel in angestellten Jobs gearbeitet, aber nicht genug, um ein Recht auf Arbeitslosengeld zu erwerben und Betriebskosten, wie sie da verlangt werden, habe ich nicht". Es ist schwierig. "Am Anfang war es trotz allem zunächst erholsam. Man konnte mal entschleunigen, Dinge erledigen, zu denen man sonst nie kommt. Aber inzwischen überwiegen doch die Sorgen, weil ich gar nicht weiß, wann und wie es weitergeht."

"Langsam wird es eng"

"Robin Hood" in Fulda ist auf 2021 verschoben. "Erstmal heißt es, dass die Engagements bestehen bleiben", verrät Dennis Henschel, der in dem Musical mit der Musik von Chris de Burg nicht nur den Will Scarlett spielt, sondern auch als Cover Robin Hood unter Vertrag ist/wäre. Doch das ist erst in einem Jahr. "Zurzeit gibt es keine Auditions, die, zu denen ich noch gehen wollte, wurden alle abgesagt", zählt er auf. "Die Großproduktionen laufen jetzt zum Teil länger als geplant, deshalb kommen neue später, aber wie es genau ausschaut, weiß noch niemand." Noch ist es fraglich, ob ab 1. September wieder "normal" Theater gespielt werden kann oder ob weiterhin Abstandsregeln eingehalten werden müssen. "Mal ehrlich: Wie soll Theater mit eineinhalb Metern Abstand auf der Bühne denn funktionieren?", fragt sich Henschel. "Da kann doch keine Magie entstehen."
Auch bei Autokino-Konzerten ist er eher skeptisch. "Unglücklicherweise bin ich gerade nicht in einem Konzert-Format. Aber es ist besser als nichts und ich freue mich für jeden Kollegen, der auf diesem Weg ein bisschen Geld verdienen kann."

Theater mit Abstand? Nicht magisch...

Sehen kann man viele seiner Kollegen jetzt in den sozialen Medien. "Das ist mir inzwischen fast zu viel. Und ich habe ein wirklich ungutes Gefühl, wenn da zum Teil ganze Konzerte kostenlos gezeigt werden. Das macht doch was mit dem Wert unserer Arbeit", ist er kritisch. "Andererseits verstehe ich natürlich jeden, der sich seinen Fans zeigen, nicht in Vergessenheit geraten möchte, denn von unserem Publikum leben wir ja eigentlich." Eigentlich. Und inzwischen gibt es auch Streaming-Angebote, bei denen man bezahlen muss, wenn man sie sehen möchte. "Das finde ich schon besser."
Trotzdem bleibt der Blick nach vorn düster. "Wahrscheinlich wird es doch 2021, bis ich wieder auf einer Bühne stehe", ist Dennis Henschel wenig optimistisch. Zwischenzeitlich hat er angefangen, online Unterricht zu geben. "Ich würde das als Coaching bezeichnen, bei dem ich technische Tipps gebe und bei der Interpretation helfe. Wenn ich merke, dass es funktioniert, was ich da zu vermitteln versuche, dann macht das richtig Spaß." Vielleicht wird es ein zweites Standbein.

Viele Zukunftssorgen

Doch bis er sein Geld wieder als Sänger verdienen kann, muss er wahrscheinlich noch viel mit dem Hund spazieren gehen. "Ein schönes Hobby, wenn man sonst keinen Sport machen darf." Und sogar Puzzles habe er mit seiner Lebensgefährtin - die ebenfalls Musicaldarstellerin ist (unglücklicherweise, wie man in Corona-Zeiten sagen muss) - gelegt und dazu Hörbücher gehört. Nur Musik hat er selten gemacht. "Das funktioniert nicht, wenn man sich zu viele Gedanken macht." Die Zukunftssorgen werden den Gelsenkirchener leider noch eine Weile begleiten, es bleibt zu hoffen, dass bei den Hilfen für Künstler noch nachgebessert wird, obwohl Dennis Henschel das gar nicht explizit verlangt. Er will einfach wieder auf die Bühne...

Spaziergänge mit dem Hund statt Proben für das Musical "Robin Hood": Musicaldarsteller Dennis Henschel.Foto: Privat
 In den letzten Jahren konnte man Dennis Henschel in Fulda häufig als Gerold im Musical "Die Päpstin" erleben. Dieses Jahr hätte es Robin Hood werden sollen...
Foto: Michael Werthmeier
Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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