"Hallooo! Hallooo!" - "Der Kaiser von Atlantis" am MiR

Trotz düsterer Atmosphäre gibt es Farbkleckser und komische Szenen: Der Harlekin (William Saetre) weckt den Tod (Kai Uwe Schöler) aus seinem Schlaf. | Foto: Pedro Malinowski / MiR
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  • Trotz düsterer Atmosphäre gibt es Farbkleckser und komische Szenen: Der Harlekin (William Saetre) weckt den Tod (Kai Uwe Schöler) aus seinem Schlaf.
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Zum ersten Mal spielten die jungen Musiker des MiR-Jugendorchesters vor großem Publikum. Dabei ist das ausgewählte Stück, „Der Kaiser von Atlantis“, kein einfaches Stück, auch nicht für ein erfahrenes Orchester.

Bereits bei der Ouvertüre wird klar, dass dies keine normale Oper ist. „Der Lautsprecher“, gesprochen und gesungen von einem brillianten Claudius Muth, stellt das Ensemble und ihre Rollen vor, während moderne Musik der 30er Jahre das Ganze untermalt - Jazz- und Blues-Elemente inklusive. Der Lautsprecher beginnt jede seiner Ansagen mit einem freundlich-melodischen „Hallooo! Hallooo!“; er ist Kommentator und Propaganda-Maschinerie in einem, während er von seinem Hochstuhl aus, für keinen der anderen Charaktere sichtbar, alles beobachtet.

Brilliantes Ensemble

Die Fantasie-Figur des Trommlers wird von Anke Sieloff (im sehr futuristisch-karnevalistisch anmutenden Kostüm) mit einer Menschlichkeit dargestellt, die sich über die Dauer des Stückes entwickelt. Ihr Gegenpart, der Harlekin, wird wie gewohnt lustig von William Saetre verkörpert, unvergessen bleibt auch die Springteufel-Choreographie der beiden.

Kai Uwe Schöler ragt als „Der Tod“ ausnahmsweise nicht nur bildlich, sondern auch metaphorisch über all seinen Mitspielern. Er gibt den gelangweilten Tod perfekt, und auch seine anfängliche Trauer, nur zu einem „kleinen Handwerker Tod“ degradiert worden zu sein.

Vasilios Manis, seines Zeichens Mitglied des jungen Ensembles, brilliert in der Rolle des Kaisers Overall. Überzeugend spielt er den paranoiden Herrscher, der sich seine eigene Illusion von Sicherheit und Leben mit Kreide an die Wände seines fensterlosen Palastes (in diesem Fall ein Bunker) malt. Sein ausgeglichener Bariton verleiht seiner Rolle eine Schizophrenie, die ihn noch zerrissener erscheinen lässt.

Herausragende Leistung der Jungmusiker

Eigentlicher Protagonist des Abend ist jedoch das Orchester. Unter der Leitung von Dirk Erdelkamp spielen die 19 jungen Musiker so überzeugend, als ob sie das jeden Abend vor großem Publikum tun würden. Grandios meistern sie die klassischen wie modernen Passagen der Oper und schaffen es, sich dabei so im Hintergrund zu halten, wie es ein Opernorchester auch sollte.

„Der Kaiser von Atlantis“ lässt sich natürlich nur schwer von seiner Entstehungsgeschichte im Konzentrationslager Theresienstadt trennen. Der Komponist Viktor Ullmann, genauso wie alle anderen Mitwirkenden, wurden noch vor der Premiere nach Ausschwitz deportiert und vergast. Der Tod ist somit nicht nur eine der Hauptfiguren in der Oper, sondern auch in ihrer Entstehungsgeschichte.

Themenbezogene Ausstellung

Passend dazu hat das MiR bei dieser Gelegenheit mit dem Lavia Institut für Trauerbegleitung kooperiert. Insgesamt 48 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 23 Jahren bringen in einer multimedialen Ausstellung ihre Gedanken zum Tod zum Ausdruck. Diese Eindrücke sind in sofern beeindruckend, da alle diese Kinder mindestens einen Elternteil verloren haben und somit schon am eigenen Leib verspürt haben, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet.

„Wir haben in den Gesprächen mit den Kindern vor allem eines festgestellt: Das Leben ohne den Tod ist nicht lebenswert“, erklärt Mechtild Schroeter-Rupieper vom Lavia Institut. Ihr Kollegin, MiR-Theaterpädagogin Sandra Wildgrube, war vor allem von den Ideen der Jugendlichen für das Stück begeistert: „Sie haben uns ganz neue Ideen und Impulse für den Harlekin und den Tod gebracht, welche auch auf der Bühne gesehen werden können!“ Die Ausstellung ist vor und nach jeder Vorstellung des „Kaiser von Atlantis“ zu besichtigen.

Karten gibt es hier

Karten kosten zwischen 22,50 und 24,50 Euro und sind über die MiR-Tickethotline 4097200 oder über www.musiktheater-im-revier.de erhältlich.

Autor:

Deborrah Triantafyllidis aus Gelsenkirchen

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