Kurzweilig und witzig
Silvester - Black Rider im Musiktheater Gelsenkirchen

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==> SilvesterTipp: The Black Rider - Silvester im Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen 

Als vor 30 Jahren The Black Rider im Thalia-Theater in Hamburg aufgeführt wurde, war mit einem Mal Musical auch für die junge, die Rock-Generation möglich geworden. Der Black Rider sei ganz anders als ein normales Musical und sowieso ganz anders als die Oper von Weber, Der Freischütz. 
Als ich, 1994, in Dortmund im Schauspiel den Black Rider sah, war ich begeistert. Der Black Rider war "ganz anders".  Nie wäre ich in ein Musical gegangen und sicher nicht in eine Oper.

Zufällig stieß ich auf die Ankündigung von The Black Rider in Gelsenkirchen, im Musiktheater im Revier. 30 Jahre später. Ein wenig mulmig war mir schon. Denn 30 Jahre sind 30 Jahre. Aber Tom Waits finde ich noch immer gut. 

The Black Rider, Der Freischütz: Die Story  

Die Story ist so simpel, wie es nur geht. Aber das machte mir vor 30 Jahren nichts aus.

Zwei wollen heiraten, aber der Geliebte, Wilhelm, passt dem Vater nicht, weil er ein Schreiberling und kein Jäger ist und nichts trifft. Da kommt der Teufel ins Spiel. Mit seinen Kugeln trifft Wilhelm jedes Wild. Und darf deswegen Käthchen heiraten. Die Gegenleistung: Eine Kugel gehört dem Teufel und ihr Ziel auch. Wer hätte es gedacht: Für die letzte Kugel hat sich der Teufel Käthchen, Wilhelms Geliebte, ausgesucht. 

Tom Waits,  Robert Wilson, William S. Burroughs - und ...

Eine ausnehmend naive, provinzielle und veraltete Story um Teufeleien und Heiratsprobleme, mit der man im 21. Jahrhundert kaum etwas anfangen kann.
Im Laufe des Abends in Gelsenkirchen fragt man sich daher, was William S. Burroughs, der Autor des Stücks (normalerweise für orgiastische Belletristik voll Sex and Drugs bekannt), Robert Wilson, der Regisseur,  und Tom Waits, der Komponist, an diesem Stoff so interessant fanden.
Sie garnieren die Story des Black Rider - ein wenig wie Goethe bei Faust I - mit einigen Philosophereien, viel Musical-Selbstironie und derben Späßen. Das macht den Abend tatsächlich kurzweilig.  
Die Musik ist eingängig. Schräg ist sie in der Gelsenkirchener Fassung beileibe nicht.* Eher brav und zum Mitsummen, als käme sie direkt aus einem Musical. Einen Skandal oder auch nur Aufruhr wird das heute nirgendwo mehr auslösen. Ein Ohrwurm oder Hit ist keins der Stücke geworden. Und: Die letzten Jahrzehnte sind nicht nur am Musical nicht spurlos vorbeigegangen.

* Wer mag kann sich aber die Originalfassung von Tom Waits auf Youtube frei anhören - dort klingen die Stücke ganz anders, schräg eben.

Black Rider im Musiktheater im Revier

Auch Tom Waits Songs machen den Abend aber kurzweilig und unterhaltsam.
Dazu die solide Aufführung in Gelsenkirchen, die unter anderem den Einfall hatte, eine Puppe den Teufel spielen zu lassen - eine tolle Idee und virtuos umgesetzt dazu!  

Ein schöner Abend also. Aber ins Schwärmen kommt man nicht. Man wundert sich, wie anders man doch vor 30 Jahren gewesen ist, wie anders die Musik und das Theater.

Nächster Termin The Black Rider
Silvester im Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen: 31.12.2020, 15 und 19 Uhr 

BTW: Das Musiktheater im Revier, dessen Repertoire vor allem aus leichtgängigen Opern und Operetten besteht, selbst ist jedenfalls einen Besuch wert: Ein Bau, wie er typisch ist für das Ruhrgebiet nach dem Krieg bis in die 1980er Jahre hinein. Moderne Glasfront, viel Beton, ein wunderschönes Foyer. Ein Hingucker jedenfalls die Reliefs von Yves Klein. Ganz unscheinbar im Untergeschoss vor der Garderobe die Spiel-Skulptur von Jean Tinguely.

Autor:

Vera Kriebel aus Dortmund-West

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