Voller Erfolg für die Unterschriftenaktion zur Petition „Abschaffung der Sanktionen beim ALG II“

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Relativ spontan haben wir uns nach dem Erfolg der letzten Unterschriftenaktion eine Woche später wieder vor dem Jobcenter Gelsenkirchen eingefunden, um die o. g. Petition weiter zu unterstützen. Natürlich finden wir, dass diese Aktion erfolgreich war. Nun möchte ich Ihnen auch sagen, wieso. Begonnen haben wir mit 4 Leuten, die sich eigentlich vorgenommen hatten, grundsätzlich zum Thema „Arbeit und Soziales“ ein wenig mehr Aktion zu zeigen. Und dann kam schon die Petition von Inge Hannemann. Also wurden wir in Sachen „Unterschriften sammeln“ zuerst aktiv, bevor wir überhaupt miteinander reden konnten.

Wieso war diese Aktion noch ein Erfolg? Bei unserer Zweiten Unterschriftensammlung vor dem Jobcenter waren wir dieses mal letztendlich 7 Mitstreiter. So lässt es sich noch viel entspannter arbeiten, weil wir auch mehr Zeit hatten, die Unterzeichner in ein Gespräch einzubinden. Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt.

Die Reaktion der Menschen war ein Erfolg. Beinahe jeder, den wir ansprachen, war bereit mit uns über das Thema „Sanktionen beim ALG II“ zu diskutieren. Ja, natürlich gab es auch die Befürworter. Und ja, natürlich gab es auch wieder die „Egoisten“, welche meinen „mir geht es doch gut.“ Aber das war kein Standard.

Letztendlich haben wir noch mal so viele Unterschriften gesammelt, wie in der letzten Woche und darüber hinaus noch mehr mit den Menschen geredet, was vielleicht bei dem einen oder anderen einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Vielen Menschen war klar, dass Hartz IV jeden treffen kann.

Ich hatte ein Gespräch mit einer Frau, die zunächst für die Sanktionen war, weil es „ja immer diese Leute gibt….“ Ich versuchte ihr zu verstehen zu geben, dass dieses Gesetz dazu einlädt eben nicht nach Menschenrecht zu handeln, sondern dass oftmals Willkür betrieben wird. Man nennt dies Ermessensspielraum. Darüber hinaus gibt es bei jedem einzelnen Menschen einen Grund, wieso er oder sie gerade nicht so funktioniert. Hartz IV ist auch mehr eine Fessel am Bein, als dass man sich um Arbeit bemühen kann. Dazu kommt, dass diese Menschenverwaltung mürbe macht und viele einfach überfordert sind und somit aufgeben. Und dann kommen die Sanktionen. Na bitte, die Dame hat unterschrieben.

Ein wenig anders lief es, als ich eine Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit ansprach. Sie meinte, dass sie nicht im Jobcenter arbeiten würde, die Sanktionen aber für gerechtfertigt hielt. Ihr konnte ich aber auch mit o.g. Argumenten nicht dienen und musste aufgeben. Ich sagte, dass wir immerhin noch in einer Demokratie leben und ich ihre Haltung nun mal akzeptieren muss, fragte sie aber gleich nach der Art der Arbeitsverträge in dem Hause. Mir wurde mitgeteilt, dass nur noch befristet eingestellt wird. Es werden aber auch befristete Mitarbeiter in manchen Fällen fest eingestellt. Ich kam nicht umhin zu erwähnen, dass es mal eine Zeit gab, in der man eine sechs monatige Probezeit hatte und dann fest angestellt wurde. Zudem konnte ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass die Agentur für Arbeit auch kein gutes Vorbild für anständige Arbeitsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt sein kann, wenn schon keine sicheren Arbeitsplätze geschaffen werden. Dabei erwähnte ich noch nebenbei, dass ich bereits seit sieben Wochen auf einen Bescheid warte und mir scheint, dass die Agentur unterbesetzt ist. Ich teilte ihr mit, dass es mir sehr angenehm ist, mal mit jemandem aus der Agentur für Arbeit reden zu können, da wir ansonsten leider keine Zeit für Gespräche dieser Art haben. Immerhin räumte sie ein, dass manche Sanktionen eben nicht gerechtfertigt wären. Na bitte, dann hätte sie auch unterschreiben können, um wenigstens diese Betroffenen schützen zu können. Nun, auch sie könnte irgendwann mal auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzen.

Eine recht sympathische und auch lustige Situation gab es, als ich jemanden ansprach, der sich gerade eine Zigarette anzündete. Er wirkte interessiert und ich begann zu erklären, worum es in dieser Petition geht. Kaum dass ich den ersten Satz begonnen hatte, kam jemand vorbei: „Ey, haste mal Feuer?“ Mein Gesprächspartner zückte das Feuerzeug und ich meinte, er könne doch mal kurz hier bleiben und mit unterschreiben. Darauf er: „Ich hab keine Zeit.“ Ich: „Ach komm, dauert auch nicht länger als eine Zigarette.“ Er blieb und ich begann von vorne zu erzählen. Da kam der nächste: „Ey, haste mal Feuer?“ Auch er bekam seine Zigarette angezündet und ich nutzte die Zeit, auch ihn in den Kreis der Unterschriftswilligen zu integrieren. Nun konnte ich gleich drei auf einen Schlag informieren und erhielt auch die gewünschte Unterschrift. Sie signalisierten, dass sie das Engagement superklasse finden und drücken uns die Daumen. Ich erzählte noch, dass genau diese Liste auch gleich zur Post gebracht wird und dann geht alles seinen Weg. Die drei verabschiedeten sich und ich schaute mich um. Susanne Helmke hatte auch gleich drei junge Herren um sich herum vereint. Es fluppte.

Ich schaute in die andere Richtung und auch hier waren alle im Gespräch.

Dann kam noch Joachim Sombetzki zu uns. Er meinte, dass er uns schon gesucht hätte. Joachim engagiert sich seit Jahren für die Hartz IV-Selbsthilfegruppe in Gelsenkirchen.

Da wir uns am Donnerstag eigentlich zum ersten mal als Initiative „Stellen anzeigen“ treffen wollen, konnten wir auch gleich gemeinsam über unsere Idee reden. Also war unsere Unterschriftenaktion auch noch in dem Sinne ein Erfolg, als dass auch die Netzwerkarbeit fluppte. Wir müssen dringend über den Gelsenkirchener Appell reden und haben noch so einiges vor. Da uns mittlerweile echt kalt wurde, gingen wir ins Café.

Bernd Schreiber war mit seinem Rollstuhl für unsere Aktion sehr werbewirksam aufgestellt. Und als wir dann gemeinsam Richtung Café gingen, zogen wir schon so einige neugierige Blicke auf uns. Jetzt galt es, die Listen zusammenzutragen und einzutüten.

Ein gemeinsames Gespräch mit allen Beteiligten gab uns doch ein gutes Gefühl von Teamgeist und was geschafft zu haben. Dirk Hering, Rainer Kleinau, Joachim Sombetzki, Susanne Helmke, Bernd Schreiber, Stefan Gundlach und Sandra Stoffers, wir stehen zu dieser Aktion mit Namen und Gesicht und hoffen, dass wir noch mehr werden, wenn es darum geht, menschenwürdig leben und arbeiten zu können. Das Hartz-IV-Gesetzt darf es in dieser Form nicht geben. Es dürfen keine Menschen bis auf 0,– Euro sanktioniert werden. Wir machen alle Fehler und dafür bestraft man einen Menschen nicht, in dem man ihm die Lebensgrundlage entzieht. Es sind aber auch nicht nur Fehler, die Menschen machen, sie werden auch in die Knie gezwungen. Es wird Druck ausgeübt, den manche einfach nicht aushalten und den Halt verlieren. Und wer sich ein mal in diesen Behördendschungel wiedergefunden hat, weiß, wovon ich rede. Es ist so schön einfach, sich über anonyme Menschen zu erheben und ihnen alleine die Schuld an ihrem Schicksal zu geben. Vergessen wird oft, dass jeder Einzelne seine eigene Geschichte hat. Es sind nicht alle faul, dumm, ignorant oder bescheißen das System. Es sind Menschen, die leben wollen, der Arbeitsmarkt jedoch kaum anständig bezahlte Arbeit hergibt. Es können nicht mehr alle Menschen in Arbeit gebracht werden. Dennoch ist Arbeit genug da. Diese wird aber gerne ins Ehrenamt oder in Minijobs ausgegliedert. Wieso haben wir kein Geld mehr für Menschen? Wieso haben wir nur Geld für die Wirtschaft? Wir müssen uns diese Fragen stellen und ihnen auf den Grund gehen. Und damit ein erster Schritt wieder heraus aus dieser Abwärtsspirale gemacht werden kann, haben wir Inge Hannemanns Petition unterstützt.

Dem Postbeamten habe ich noch ausdrücklich erklärt, welch eine wertvolle Ware er da in der Hand hält. Und beim verlassen des Postgebäudes winkte mir noch einer von den Jungs zu, die sich zum Rauchen um mich herum gestellt haben.

Es war heute eine tolle Truppe unterwegs, wir trafen auf viele sympathische Gelsenkirchener und nun hoffen wir, dass die Petition bis zum 18.12.2013 50.000 Unterzeichner bekommt.

Helft mit, diese Petition weiter zu verbreiten. Herzlichen Dank!

(Fotos: Rainer Kleinau)

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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