Meine erste Box-Erfahrung bei Rot-Weiß Buer

"Körper-Klaus" und Stadtspiegel-Mitarbeiter Raphael Wiesweg (r.) versucht sich im Ring gegen Westfalenmeister Marcel Zimmermann. Fotos: Privat
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Ich bin 30 Minuten zu früh dran und komme so in den Genuss, zwei- bis dreijährige Kinder auf einer Matte Purzelbäume schlagen zu sehen. Trainer Andreas Wendt unterstützt die Kleinen dabei, sieht mich, kommt auf mich zu und begrüßt mich mit einem festen Händedruck. Der Anfang meiner kurzen Box-Karriere.

Nachdem ich meine Sportklamotten angezogen hatte und der 15-köpfigen Sportgruppe vorgestellt wurde, teilte Andreas Wendt mit, dass extra meinetwegen das heutige Training etwas umgestellt wird. Ob ich schon einmal „Seilchen hüpfen“ gemacht habe, werde ich gefragt. Wer hat das schon nicht, denke ich mir in diesem Moment, und muss beinahe schmunzeln. Doch ich belasse es bei einem nüchternen ‚Ja‘ und erinnere mich selbst daran, mit welch großem Respekt ich zum Boxverein Rot-Weiß Buer auf dem Brößweg 16 aufgebrochen bin.

"Seilchen springen" für Profis

Bereits das 45-minütige Aufwärmprogramm mit „Seilchen springen“ und sich aus kürzester Entfernung möglichst schnell große Medizinbälle in einer Fünfer-Gruppe zuzuwerfen, nimmt mich ordentlich mit.
Bisher prägten Fußball, Tennis, Streethockey, Badminton, Basketball und Squash meinen sportlichen Lebensweg. Daher würde ich durchaus behaupten, dass ich nicht unsportlich bin. Doch bevor der Boxring aufgebaut wird, brauche ich schon den ersten großen Schluck aus meiner Wasserflasche.
Wendt, der selbst ein erfolgreicher Boxer war und nicht selten vor 2.000 Zuschauern geboxt hat, bringt mir einen frisch verpackten Zahnschutz, Wettkampf-Handschuhe und einem Schutzhelm. „Ohne Schutz lasse ich meine Boxer nicht in den Ring“, betont Wendt, dass ihm die Sicherheit wichtig ist. „Dir wird aber auch nichts passieren“, erzählt Wendt weiter, während er dabei ist, meine Hände zu bandagieren. „Würde man die Hände nicht immer bandagieren, sähen deine Hände dann teilweise so aus“, zeigt der Box-Trainer auf seine Fäuste, wo die Fingerknöchel stärker hervortreten und kaputter aussehen, als beispielsweise meine. Außerdem dienen sie auch zum Schutz der Handgelenke.
Der Zahnschutz dient auch nicht nur zum Schutz, denke ich mir in dem Moment, als ich mir das Teil in meinen Mund schiebe. Wirklich gut reden, geschweige denn überhaupt ein Wort vernünftig aussprechen, kann ich ab diesem Moment nicht mehr. Einen schönen Maulkorb hat er mir da verpasst, ist mein Gedanke, bevor es in den Ring geht. Zunächst lerne ich das Nötigste, was Wendt mir in der kurzen Zeit erklären kann.

Chiffrierte Ansagen setzen mich beinahe k.o.

Dann meine ersten 30 Sekunden im Ring und ich darf gegen den 20-jährigen Marcel Zimmermann boxen, immerhin Westfalenmeister und in unserem Bundesland somit kein Unbekannter in der Box-Szene.
Kurze Pause, zweiter Durchgang, wieder 30 Sekunden. Das nächste, was ich höre, sind für meine Wahrnehmung chiffrierte Ansagen von Wendt. Wer weiß, wen er damit in der Halle gerade gemeint hat. Im nächsten Moment wird mir klar: Er meinte seinen Schützling und eine bestimmte Schlag-Kombination. Ich merke nur noch in kürzesten Abständen, wie mich Zimmermann erst am Bauch, dann an der Hüfte und dann im Gesicht treffen will - was ihm auch gelingt. Denn den Treffer spüre ich viele Tage später immer noch unter dem rechten Auge und auf meiner Nase. Leicht angeschwollen, an einem Abend ist sogar eine leichte grün-blaue Färbung zu erkennen und Muskelkater vom Feinsten werden mich immer an diesen Tag erinnern.

Der Muskelkater in meinen Waden ist am schlimmsten. Die Beinbewegung ist brutal (wichtig) und so muss ich nach 105 Minuten hartem Training - nach dem Sparring musste ich noch an den Boxsack - daran zurückdenken, wie ich zunächst über das „Seilchen springen“ schmunzeln wollte. Gut, dass ich mir das verkniffen habe.
Mein Respekt hat sich bestätigt. Mein Eindruck, dass das Boxen die kompletteste Sportart ist, ebenso. Momentan laufe ich - wenn man das noch so nennen kann - wie Quasimodo durch die Gegend.
Schon nach dem Duschen und einem „isotonischen Getränk“, wie Wendt mir anbot und dann mit einem Mischbier um die Ecke kam, sehnte ich mich nach Purzelbäumen mit den zwei- und dreijährigen Kindern.

Autor:

Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen

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