Japan ade!

Fabian Tauch (links) und sein Freund Taka sind wohlbehalten in Gelsenkirchen angekommen. Nun gilt es einen Job für Taka zu finden, damit dieser bleiben kann. Foto: Gerd Kaemper
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  • Fabian Tauch (links) und sein Freund Taka sind wohlbehalten in Gelsenkirchen angekommen. Nun gilt es einen Job für Taka zu finden, damit dieser bleiben kann. Foto: Gerd Kaemper
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Vor gut einem Jahr berichtete der Stadtspiegel über den Abiturienten Fabian Tauch, der ein Freiwilliges Soziales Jahr in Japan, dem Land seiner Träume, verbringen wollte und dazu noch Sponsoren suchte. Nach nur sieben Monaten des Freiwilligen-Dienstes kehrte Fabian Tauch nun nach Gelsenkirchen zurück und erfuhr erst hier, warum seine Eltern so sehr darauf drängten: der Super-GAU drohte!

Von Silke Sobotta

GE. Erst am Flughafen von Shanghai sah Fabian Tauch auf dem Fernseher in der Wartehalle Bilder vom Atomkraftwerk in Fukushima und dem dortigen atomaren Unfall. Während am Flughafen von Osaka die Zuschauer noch mit einer Comedy-Show unterhalten wurden, sah man in Shanghai der Wahrheit ins Auge. Und der Gelsenkirchener musste feststellen, dass es die richtige Entscheidung war, Japan zu verlassen.

Die Deutsche Schule in Tokyo Yokohama

Aber gehen wir einige Monate zurück: Am 13. September informierte die Deutsche Schule Tokyo Yokohama auf ihrer Internetseite darüber, dass man zum Schulbeginn im Kindergarten schwungvolle und fröhliche Tage erleben konnte. Und weiter heißt es: „Weiterhin bemerkenswert ist ein Wandel ganz anderer Art: Zu Beginn des Schuljahres haben Herr Kai Walz als Erzieher, Herr Fabian Tauch als Freiwilliger und Herr Dennis Joss als Praktikant ihren Dienst im Kindergarten aufgenommen“.
„Ich war im Kindergarten und im Nachmittagsbereich auch in der Grundschule tätig. Es war eine komische Situation, weil ich in einer Rolle zwischen Lehrer und selbst noch Schüler steckte, aber gerade zu den Kindergarten-Kindern habe ich sehr schnell Kontakte gefunden“, berichtet Tauch.
Dabei ist der Kindergarten der Deutschen Schule international besucht von Kindern von Deutschen, die dort arbeiten, aber auch von Halb-Japanern mit einem Anteil an deutschen oder österreichischen Wurzeln und vielen mehr. „Meine Japanisch-Kenntnisse, die ich drei Jahre lang im Vorfeld des Freiwilligen-Dienstes aufgebaut habe, waren mit sehr nützlich. Denn wenn man die Kinder in ihrer Muttersprache angesprochen hat, konnte man gleich viel mehr erfahren als sonst“, freute sich der Gelsenkirchener, der traurig ist, dass er die Kinder verlassen musste, ohne sich verabschieden zu können.
Wie wichtig die Sprachkenntnisse auch im täglichen Leben sind, erfuhr Fabian Tauch vor allem auch beim Einkaufen, das gar nicht möglich gewesen wäre, hätte er die japanischen Schriftzeichen nicht lesen können.
In Yokohama lebte er in einem Guest-House, einer Art Wohngemeinschaft, was für ihn ein Vorteil war, denn er konnte die Gemeinschaft suchen und seine Sprachkenntnisse erweitern, aber sich auch in sein Zimmer zurückziehen, wenn er nachdenken wollte.

Das Erdbeben vom 11. März und die Folgen

Zu den Ereignissen des 11. März schilderte der junge Deutsche, dass der Tag für Japaner eigentlich nichts Besonderes war: „Das Erdbeben hat man natürlich gespürt, das war gar nicht zu vermeiden. Aber die Japaner sind daran gewöhnt und auch geschult darin, sich richtig zu verhalten. Im Fernsehen wurde dann auch über den Tsunami berichtet. Der Regierungssprecher hat im japanischen Fernsehen immer nur gesagt, dass alles in Ordnung ist und man alles im Griff hat. Als nicht Japanisch-Sprechender hätte man noch viel weniger erfahren.“
So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass das Leben schon kurz nach dem Erdbeben seinen gewohnten Gang ging. Die Deutsche Schule aber verfügte auch über Informationsquellen aus dem Ausland und setzte bereits am 13. März den Unterricht bis auf weiteres aus: „Aufgrund der schwer einzuschätzenden Informationslage und der damit verbundenen unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken für unsere Kindergarten- und Schulkinder sowie für unsere Kolleginnen, Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen wir uns zu dieser Maßnahme gezwungen. Wir geben damit allen betroffenen Kindern und deren Eltern die Möglichkeit vorübergehend das Land zu verlassen, ohne noch unter dem zusätzlichen Druck zu stehen, Unterrichtsstoff zu versäumen.“

Die Rückkehr nach
Gelsenkirchen

Aufgrund der Berichterstattungen zum Reaktorunglück in Fukushima forderten die Eltern von Fabian Tauch ihren Sohn zur Rückkehr nach Gelsenkirchen auf und auch der Soziale Freiwilligen Dienst sprach die Empfehlung an drei in Japan befindliche Freiwillige aus, das Land zu verlassen.
Aber auch das war bekanntlich nicht so einfach. „Dadurch, dass alle, Ausländer wie auch Japaner, das Land verlassen wollten, befanden sich am Flughafen von Tokio bereits am 14. März rund 35.000 Wartende. Also bin ich wie viele andere in Richtung Süden nach Osaka gefahren. Dort wollte man für Direktflüge nach Deutschland, zum Beispiel nach Frankfurt mitunter 5.000 Euro haben. Ich habe dann zunächst ein Ticket über Shanghai nach Paris gekauft und bin von dort weiter nach Düsseldorf. Das hat immer noch rund 1.200 Euro gekostet“, erzählt der junge Mann, der auch weiß, dass viele Menschen in ihrer Verzweiflung die überteuerten Tickets gekauft haben.
In Shanghai hatte er dann das Schlüsselerlebnis mit der Berichterstattung über den Reaktorunfall und den drohenden GAU. „Aber die richtige Angst kam erst in Deutschland, als ich so eine Nachrichtensendung nach der nächsten gesehen habe und mich richtig informieren konnte. Da habe ich dann gedacht, dass es doch gut war, nach Deutschland zurückzukehren“, weiß der Gelsenkirchener jetzt.

Jetzt gilt es einem Freund zu helfen

In dem Guest-House in Yokohama hat Fabian Tauch Freundschaft geschlossen mit dem gleichaltigen Taka, einem Japaner mit koreanischen Eltern. Taka ist in Osaka geboren und aufgewachsen. „Er hat mit Korea außer seinem Reisepass nichts am Hut“, schildert Tauch.
So wie es Fabians innigster Wunsch war, nach Japan zu gehen, wünschte sich Taka weg aus Asien und sieht seine Zukunft im Westen. „Er war auch schon in Neufundland und Australien. Daher spricht er gutes und alltagstaugliches Englisch, aber noch kein Deutsch“, erzählt Fabian.
Nun möchte Taka in Deutschland bleiben, arbeiten und hier leben. Sicherlich ein Traum vieler junger Menschen aus anderen Ländern. Doch angesichts der drohenden Gefahr für seine Gesundheit sicherlich ein verständlicher Wunsch.
Um ihn wahr werden zu lassen, sucht der junge Mann mit einem dem Abitur gleichwertigen Schulabschluss nun dringend nach einer Betätigung. „Es würde schon ein Job auf 400-Euro-Basis ausreichen, damit er das Bleiberecht bekommen kann. Später, wenn er besser deutsch spricht, würde Taka gern mit Kindern arbeiten“, schildert Fabian Tauch, der auch gern als Dolmetscher tätig werden würde.
Der junge Gelsenkirchener ist ja vorzeitig von seinem Freiwilligen Sozialen Jahr wieder zurück und hat darum noch Zeit bis er ein Studium aufnimmt. Er könnte also mit Taka gemeinsam einen Job antreten und bei der Sprache vermitteln, wobei Taka bereits fleißig deutsch lernt.
„Wir waren schon in Düsseldorf und haben im Japan-Viertel Aushänge verteilt. Taka hat auch eine Art Mofaführerschein, aber leider keinen fürs Auto“, erzählt Tauch.
Wer Taka helfen möchte und kann, der kann sich gern beim Stadtspiegel, Tel. 17084-22, melden. Die Redaktion wird dann den Kontakt herstellen.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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