Kevin S.: Wieviel ist ein Menschenleben wert?

Das Schicksal von Kevin bewegte die Menschen weit über Gladbeck hinaus und führte zu vielen Hilfsaktionen und Solidaritätsbekundungen. | Foto: Archiv
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Die Tragödie um Kevin Schwandt, der durch einen gezielten Faustschlag beim Stadtfest Gladbeck Total im Mai 2011 auf das Schwerste verletzt wurde, zieht immer weitere Kreise. Nun hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom neuen Anwalt der Familie ein Schreiben erhalten, in dem der tragische Vorfall thematisiert und zudem die Frage nach dem Wert eines Menschenlebens aufgeworfen wird.

Strafrechtlich ist in erster Instanz bereits ein Urteil gegen den Täter ergangen: Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 120 Sozialstunden hatte das Gladbecker Amtsgericht damals geurteilt. Die Familie von Kevin, der irreversible Hirnschäden erlitten hat und seit dem Angriff im Wachkoma liegt, hat dagegen beim Landgericht Essen Berufung eingelegt.

Ein Schmerzengeld in Höhe von 60.000 Euro steht im zivilrechtlichen Verfahren - ebenfalls vor dem Landgericht Essen - im Raum. Die Zivilkammer wird ein umfassendes Sachverständigengutachten einholen, im dem geklärt werden soll, wie schwer Kevins Verletzungen wirken und ob überhaupt mit einer Wiederherstellung des Gesundheitszustandes gerechnet werden kann.

Die Größenordnung des Schmerzengeldes hält Anwalt Burkhard Benecken für deutlich untersetzt. In dem Schreiben an die Bundesjustizministerin stellt er zur Diskussion, ob die Summe ausreiche, für ein Leben, dass „im Prinzip im Alter von 21 Jahren beendet ist“.

Eine öffentliche Diskussion will Benecken anstoßen und zwar nicht nur auf Kevins Schicksal bezogen: „Wir möchten auf höchster Ebene diskutieren, ob nicht die bisher in Deutschland nach unserer bisherigen Rechtsprechung angenommenen Schmerzengelder bei Schwerstverletzungen nicht deutlich untersetzt sind“.

Es ginge nicht darum, amerikanische Verhältnisse in Deutschland zu etablieren, sondern solche Opfer wie Kevin adäquat zu entschädigen: 1 Million Euro sei bei derartigen Verletzungsfolgen eine durchaus angemessene Summe.

Diskussionswürdig sei darüberhinaus auch die Frage, ob nicht gewisse Mindestgrößenordnungen im Gesetz verankert werden sollten. Die FDP-Politikerin wird in dem Schreiben außerdem um ein persönliches Gespräch mit den Angehörigen gebeten.

Diese würden der Bundesjustizministerin gerne berichten, welches Leid ihnen und Kevin widerfahren sei durch eine Tat, die nach Dafürhalten der Familie weder in strafrechtlicher noch in zivilrechtlicher Hinsicht bislang auch nur annähernd angemessen geahndet sei.

Autor:

Annette Robenek aus Gladbeck

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