Stadtmuseum ist zehn Jahre jung

Petra Kamburg, Leiterin des Stadtmuseums. Foto: Römer
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(Roland Römer) Zehn Jahre jung – und zwar im Mai - wird in diesem Jahr das Stadtmuseum Hattingen in Blankenstein. Jung angesichts von über 600 Jahren Stadt Hattingen. In Zeiten leerer Kassen hat es die auch überörtlich bekannte Einrichtung nicht einfach. Die CDU Hattingen will das Stadtmuseum aus Kostengründen am liebsten sogar schließen. Keine Sorge, mehrheitsfähig scheint das momentan nicht zu sein.

Ein „runder“ Geburtstag ist immer eine gute Gelegenheit, zurück zu blicken, aber auch in die Zukunft zu schauen. All dieses macht der STADTSPIEGEL mit Museumsleiterin Petra Kamburg im Interview.

STADTSPIEGEL: Frau Kamburg: Warum braucht Hattingen ein Stadtmuseum?
Petra Kamburg: Kultur ist für alle da. Kultur geht alle an. Für mich sind Kultur und Bildung Grundpfeiler im Leben eines Menschen. Man hört nie auf zu lernen. Am schönsten ist das, wenn alles miteinander verzahnt ist in einem „kulturellen Zentrum“ wie dem Stadtmuseum, das für Jung und Alt die kulturellen Bedürfnisse aus verschiedenen Bereichen verbindet. Beispielsweise können die Besucher erfahren, woher wir kommen und wie die Menschen früher in Hattingen gelebt haben. Das präsentieren und aktualisieren wir in unserer Dauerausstellung. Durch unterschiedliche Wechselausstellungen zu verschiedenen Facetten der Kunst oder Kulturgeschichte oder zu besonderen Themen der Stadtgeschichte ergänzen wir die Inhalte und fügen gleichzeitig Neues hinzu.

Wo sehen Sie Ihren „Auftrag“?
Wir verstehen uns seit zehn Jahren als ein „Haus für Kulturen“. Hier gibt es kreative Angebote für Jung und Alt. Dabei sind Veranstaltungen begleitend zu den Ausstellungen. Seien es Vorträge, szenische Lesungen oder – wie jetzt zum Holocaust Gedenktag in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule – ein Klezmer Konzert. Ferner finden Tagungen und Seminare statt. Wir realisieren Ausstellungen und präsentieren große und bekannte, aber auch junge und weniger bekannte Künstler. Bei uns findet jeder Kulturinteressierte etwas für sich. Aber damit sind unsere Aufgaben nicht erschöpft.

Welche haben Sie noch?
Sammeln, bewahren, forschen und vermitteln, das sind die Kern-Aufgaben eines jeden Museums. Wir haben für das Stadtmuseum das „Konzept der vier Säulen“ entwickelt. Dazu zählen die historische Dauerausstellung, die Wechselausstellungen, die Museumspädagogik und Veranstaltungen. Was gesammelt wurde, wird in Ausstellungen gezeigt und im Rahmen von Führungen oder Vorträgen vermittelt. Das Vermitteln der Inhalte nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Wir stehen in regem Kontakt mit Kindergärten und allen Schulformen: Hier gibt’s die Museumsgespräche als besondere Vermittlungsform. Der Rundgang durch die Ausstellung wird immer begleitet von einem kreativen Teil. Auch die jungen angehenden Erzieherinnen im Berufskolleg nutzen unsere Ausstellungen. Außerdem verbindet uns eine enge Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe.

Auf was für Ausstellungen dürfen wir uns in 2011 freuen?
Momentan läuft ja die „Ötzi“-Ausstellung mit einer von weltweit nur zwei „Ötzi“-Kopien. Auch auf die „Hüte“-Ausstellung gemeinsam mit dem Industriemuseum Henrichshütte bin ich sehr gespannt. Mit Bernd Baumhold von der Volkshochschule hat sich ein interessantes Projekt entwickelt. Der interkulturelle Rat in Wiesbaden stellt sogenannte „abrahamische Referentinnenteams“ zusammen. Zwei Referentinnen werden nach Hattingen kommen und eine Podiumsdiskussion für Frauen zum Thema „Kopftuch tragen“ anbieten. Am nächsten Tag gibt es einen Workshop mit ihnen und der Gesamtschule zum Thema „Kopftücher“ – sicher sehr spannend.

Haben es die Kreativität und der Ideenreichtum, das Engagement und das Herzblut von Ihnen und Ihrem Team nicht verdient, dass das Stadtmuseum auch über Hattingen hinaus noch bekannter wird?
In erster Linie sind und bleiben wir Stadtmuseum und sind für Hattingen und die Hattinger da und das gerne. Aber selbstverständlich wollen wir auch unsere Nachbarn nach Hattingen ziehen. Das erreichen wir durch gute Wechselausstellungen und „Außenwerbung“. Zu unseren Besuchern zählen Menschen aus etwa Recklinghausen und Dortmund und anderen Städten – vorzugsweise aus dem Ruhrgebiet. Wir wissen das so genau, weil wir bei besonderen Wechselausstellungen gezielt danach fragen.

Wieviel Besucher haben Sie pro Jahr im Stadtmuseum?
Aus 2009 wissen wir, dass wir 441 Veranstaltungen mit genau 10.006 Teilnehmern durchgeführt haben. An Besuchern bei den Wechselausstellungen und der Dauerausstellung hatten wir 6.006. Zusammen mit denen, die „nur“ zu Ausstellungseröffnungen da waren, die wir nicht gesondert erfasst haben, kommen wir auf gut 17.000 Besucher.

Mit welcher Personaldecke arbeiten Sie im Stadtmuseum?
Wir haben hier zweieinhalb Planstellen. Hinzu kommen Honorarkräfte. Regelmäßig bieten wir auch Praktikanten die Möglichkeit, Gelerntes praktisch anzuwenden und weiterzugeben.

Gerade in Zeiten knapper Kassen sind Museen und – leider – Finanzen eng verknüpft.
Das ist in der Tat so. Wir verfügen in 2011 über einen Jahresetat von 20.000 Euro. In den Jahren zuvor standen mehr Gelder zur Verfügung. Es gilt also, Drittmittel einzuwerben und Sponsoren für das Museum zu gewinnen. Wir sind dringend auf Sponsoren angewiesen und freuen uns über alle Förderer wie gerade aktuell den Lions Club Hattingen, unseren Förderverein, aber auch über die Sparkasse Hattingen und die Volksbank.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft des Stadtmuseums aus?
Ganz persönlich und für das gesamte Team: Dass wir Zeit haben, weiterhin so interessante Foto-Ausstellungen mit Geschichten von Hattingern machen können wie schon früher. Das ist spannend für alle. Außerdem würde ich gerne weiterhin berühmte Künstler zeigen. Picasso und Matisse hatten wir ja schon. Aber Picasso noch einmal aus einem vielleicht anderen Blickwinkel, das würde mich interessieren; auch eine Ausstellung mit Werken von Baselitz würde ich mir wünschen.

Steht zum Geburtstag des Stadtmuseums Außergewöhnliches an?
O ja! Die Comicserie „Alfred Jodocus Kwak“ aus dem Fernsehen oder die Disney- Zeichentrickfilme „Mulan“ und „Ein Königreich für ein Lama“ aus dem Kino kennen zumindest dem Namen nach fast alle. Bedeutend weniger jedoch wissen, dass deren Zeichner Harald Siepermann ein Hattinger ist, der nach dem Abitur hier und Jahren in den USA mittlerweile in Hamburg lebt. Mit ihm und seinen Figuren wollen wir zum Jahresende eine Ausstellung machen und er hat uns sogar Workshops zugesagt. Dabei sitzt die Sparkasse Hattingen mit uns im Boot. Durch die Zeichentrickserie mit und über Alfred J. Kwack kennt Harald Siepermann auch Kwacks geistigen Vater, den Liedermacher Hermann van Veen, der dann möglicherweise ebenfalls nach Hattingen kommt. Bislang sind alle Vorgespräche gut gelaufen. Vorher wollen wir im September um den Tag des offenen Denkmals unseren Museumsgeburtstag feiern. Dazu sind neben vielen Ehemaligen natürlich auch Jung und Alt zum Mitfeiern und Mitmachen bei vielen Aktionen willkommen!

Autor:

Dr. Anja Pielorz aus Hattingen

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