Pflichtverteidiger versorgte Katzen des Inhaftierten

"Ich möchte mich für das letzte Mal entschuldigen" sagte der 64 Jahre alte Angeklagte aus Hattingen zum Vorsitzenden Richter Johannes Kimmeskamp, als er jetzt aus der Justizvollzugsanstalt in den Gerichtssaal zum Schöffengericht gebracht wurde.

Vor einer Woche war er betrunken und verhandlungsunfähig vor dem Schöffengericht erschienen und dann der Haftanstalt zugeführt worden.

Ich bekam nur Tee und Milch im Gefängnis, so der Angeklagte und zeigte dabei auf seine jetzt zitternden Hände. "Nach Essen ins Gefängnis will ich gar nicht mehr, denn da haben sie mir meinen Ehering und meine Uhr geklaut", so der Angeklagte zum Schöffengericht. Sein Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt Henner Sentner, erläuterte dann seinem Mandanten, dass Uhr und Ehering von der JVA nur einbehalten und bei Entlassung an ihn zurückgegeben würden.

Pflichtverteidiger kümmerte sich um 6 Katzen seines Mandanten

Hoch erfreut war der Hattinger aber, dass sich sein Pflichtverteidiger nach seiner plötzlichen Inhaftierung in der letzten Woche direkt um seine 6 Katzen gekümmert hatte und dafür Futter besorgte. Gleichfalls kaufte er Lebensmittel für die nicht mehr gehfähige Ehefrau des Angeklagten.

Staatsanwalt Endberg beschuldigte dann in der Anklageschrift den Hattinger, im Oktober 2015 im Zustand verminderter Zurechnungsfähigkeit 2 Dosen Katzenfutter für insgesamt 0,70 € gestohlen, die Mitarbeiterin eines Lebensmittelgeschäftes in Hattingen beleidigt und einen weiteren Mitarbeiter dieses Geschäftes mit einem Hammer bedroht zu haben.

Die Auswertung der von der hinzugerufenen Polizei veranlassten Blutprobe ergab beim Angeklagten einen Blutalkoholwert von 2,45 Promille.

Ich gehe demnächst in ein anderes Lebensmittelgeschäft, da komme ich besser zurecht, sagte der Angeklagte, der sich in der Vergangenheit schon öfter vor Gericht zu verantworten hatte. "Da dürfen sie auch nicht klauen" erwiderte daraufhin Richter Kimmeskamp.

Nach der Anhörung von Zeugen sah der Vertreter der Staatsanwaltschaft am Ende der Beweisaufnahme den Vorwurf des räuberischen Diebstahls im minderschweren Fall und die Beleidigung als erwiesen an. Er forderte für den Angeklagten, der nach seiner Einschätzung nicht einsichtsfähig ist und einem stationären Alkoholentzug ablehnend gegenüber steht, eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten ohne Bewährung.

Rechtsanwalt Sentner beantragte am Ende seines Plädoyers für seinen Mandanten ebenfalls eine Strafe von 4 Monaten, allerdings zur Bewährung ausgesetzt und mit der Auflage, dass sich sein Mandant einer stationären Therapie unterzieht.

Nach Beratung des Schöffengerichtes verurteilte dieses dann den eingeschränkt schuldfähigen Hattinger zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten ohne Bewährung und hob den bestehenden Haftbefehl auf.

Erlangt das Urteil Rechtskraft, hat der Angeklagte mit weiteren 6 Monaten Haft zu rechnen, da bei seiner letzten Tat noch eine Bewährungsstrafe "offen war".

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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