Vom Leben geschrieben
Micky Maus verbindet Menschen und Geschichten

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Die Handlung der folgenden Erzählung spielt an verschiedenen Orten. Es handelt sich um eine wahre Geschichte. Eine solche, die von Zufällen, die für manche gar keine sind, geprägt ist. Zwei gemeinnützige Vereine, die nichts voneinander wissen und doch jeder auf seinem Gebiet lokale Unternehmensgeschichte wertschätzt und erhält. Ein Verein im osthessischen Brachttal und einer im niederrheinischen Kleve. Dazu zwei Akteure, die sich vorher nicht kannten und nun durch die Comicfigur Mickey Mouse auf besondere Weise zueinander gefunden haben.

Kleve: Vor einigen Monaten gelang es mir, ein Relikt aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts zu sichern. Es handelte sich um eine alte, gut erhaltene Kinderschaukel, die die Comicfigur Mickey Mouse darstellt. Ein Relikt aus der früheren Klever Kinderschuhfabrik Bause. Die Schaukel landete in den vergangenen Jahren in Thüringen und kehrte durch die Aufmerksamkeit eines Antiquariates im Dezember des letzten Jahres wieder nach Kleve zurück und schließlich bei meiner Partnerin und mir. Wir stellten das Exponat dem Klever Schuhmuseum als Leihgabe zur Verfügung. Die Mitglieder insbesondere der Vorstandsvorsitzende des Trägervereins des Museum freuten sich sehr über diese Geste, die wir von Herzen gemacht hatten. (Hier ein Link zum Artikel)

Arnheim: Vor einigen Tagen besuchten meine Partnerin und ich einen Trödelmarkt in den Niederlanden. Der Besuch war nicht von langer Hand geplant, sondern eher spontan. Es gab viel zu sehen, aber für uns war nichts dabei. Bis dann plötzlich an einem Stand meine Aufmerksamkeit doch noch geweckt wurde. Es war der viertletzte Stand vor dem Ausgang. Viele interessante Accessoires aus den Fünfzigerjahren waren dort zu sehen – unter anderem auch drei Teile eines alten Kindergeschirrs, auf denen die Mickey Mouse abgebildet waren. (hier der Link zum Artikel) Ich handelte mit dem Anbieter und kaufte die drei Teile schließlich und war irgendwie stolz. Es ließ mich der Gedanke nicht los, dass ich hier etwas Besonderes gekauft haben sollte. Zuhause angekommen, begann ich gleich mit der Recherche, um herauszufinden, was ich da tatsächlich erworben habe. Die Marken, die sich auf den Unterseiten der Keramiken befinden, lassen erkennen, dass es sich um Erzeugnisse des Unternehmens Wächtersbacher Keramik handelt und nach dem Zweiten Weltkrieg hergestellt wurden. Das Unternehmen zählte während seiner Historie einst zu den führendsten Keramikherstellern unseres Landes, zeitweise sogar vor Villeroy & Boch. Leider musste das Unternehmen vor einigen Jahren Insolvenz anmelden.

Wächtersbach/Schlierbach: Im Rahmen meiner weiteren Recherchen lernte ich Uli Berting kennen. Dieser Mann ist der zweite Vorsitzende vom Museums- und Geschichtsverein Brachttal e.V., der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Unternehmensgeschichte und zahlreiche Hinterlassenschaften des historischen Wächtersbacher Keramik- und Steingut-Unternehmens auszustellen und diverse Expertisen darüber zu publizieren, insbesondere Werke des damals führenden Jugendstil-Keramikdesigners Christian Neureuther. Uli Berting konnte mir bereits erläutern, dass es sich bei meinem Trödel-Porzellan um sehr seltene Stücke handele und will mir schon bald weitere Details hierzu benennen. Sein Ehrgeiz jedenfalls ist geweckt.
Und während wir uns so unterhielten, erzählte ich ihm von der Mickey-Mouse-Kinderschaukel und ein wenig von der Geschichte der Klever Schuhindustrie, die, wie das Wächtersbacher Keramik-Unternehmen in Hessen, in Kleve ein großer Arbeitgeber war und vielen Menschen Arbeit gab und zu hoher Reputation gelangte.
Ich hatte den Eindruck, dass wir uns gegenseitig mit jedem ausgetauschten Wort gegenseitig mehr begeisterten. Dieser Eindruck täuschte nicht und fand schließlich einen weiteren Höhepunkt: „Jetzt schicke ich Ihnen ein Foto und dann werden Sie es nicht fassen können…“, schrieb er mir über WhatsApp.

Menschen und Geschichte(n) verbinden sich

Durch meine Erzählung von der Schuh-Bause-Mickey-Mouse und von der Geschichte der Klever Schuhindustrie fiel Berting ein, dass er in einem Haus wohne, dessen Vorbesitzer dort ein Schuhgeschäft führte und u.a. Schuhe von Gustav Hoffmann vertrieb. Sein Vater, der im Jahr 1944 die Prüfung zum Schuhmachermeister in Sachsen ablegte, übernahm dieses Geschäft, und führte es mit seiner Frau weiter. Ulrich Berting besitzt heute noch sämtliches altes Inventar aus der Schuhwerkstatt seiner Eltern. Er sendete mir exemplarisch einige Fotos, unter anderem von einer uralten Holznagelmaschine aus den Dreißigerjahren sowie vom alten Meisterbrief seines Vaters und einigen alten Schuhen insbesondere einem Meisterstück. Eines seiner Fotos zeigt einen Paketaufkleber bzw. Frachtgutschein der Klever Firma Gustav Hoffmann, der mit einem Stempel aus August 1952 versehen ist – betreffend einer Warensendung von Kleve nach Schlierbach-Wächtersbach. „Ich hätte nie gedacht, dass sich jemand ausser mir jemals dafür interessieren könnte.“, freut sich der Mann aus Hessen und ergänzt: „Das ist doch ein wirklich unglaublicher Zufall. Kleve und Schlierbach. Plecker und Berting. Passt…“ Daraus könnte ganz bestimmt eine schöne Episode entstehen, die man im Klever Schuhmuseum und im Brachttal-Museum gerne erzählt. Eine Geschichte, die das Leben schrieb…

Und so schließt sich wieder ein Kreis, der irgendwie mit Disneys Mickey Mouse begonnen hat.

Mein großer Dank gilt Herrn Ulrich Berting.

Autor:

Helmuth Plecker aus Kleve

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