Am Sonntag Verlegung von neun Stolpersteinen in Brambauer 80 Jahre nach der „Polenaktion“ Erinnerung an die Vorbereiter der Novemberpogrome

Stanislaus Rura wurde von den Nazis ermordet. Hier sitzt er im Kreise seiner Familie.
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  • Stanislaus Rura wurde von den Nazis ermordet. Hier sitzt er im Kreise seiner Familie.
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Lünen. Sonntag, den 28.10.2018 beginnt ab 11 Uhr die Verlegung von weiteren „Stolpersteinen“ in Lünen Brambauer an der Karl-Haarmann Straße 90. Hier wird an den Bergmann Stanislaus Rura gedacht, der 1941 im Konzentrationslager Dachau ermordet wurde. Anschließend werden um 11:30 Uhr vier Steine für die Familie des Kaufmanns Alter Bernhard Haberberg an der Waltroper Straße 32 verlegt. Während die Eltern umgebracht wurden überlebten die beiden Söhne später in England und in den USA. Ab 12 Uhr werden vier Steine für die Familie des Metzgermeisters Alfred Portje an der Waltroper Straße 62 verlegt. Während der 17jährige Sohn Günter im KZ Auschwitz ermordet wurde überlebte er mit seiner Frau Erna und der 12jährigen Tochter Helga in dem sie sich drei Jahre lang in einer kleinen Bodenkammer der Dorfkirche im holländischen Den Helder versteckten. Für Sonntag haben Überlebende Verwandte aus London, Wermelskirchen und Voerde ihre Teilnahme als Zeitzeugen zugesagt. Für die Stadt Lünen spricht der stellvertretende Bürgermeister Siegfried Störmer, Michael Kupczyk und Udo Kath als Mitglieder des Arbeitskreises Lüner Stolpersteine werden weitere Erläuterungen geben. Bei der Verlegung wird der Arbeitskreis von den Wirtschaftsbetrieben Lünen unterstützt.
Dabei wird auch Tag genau an die sogenannte „Polenaktion“ erinnert, denn vor achtzig Jahren wurden am 28. Oktober 1938 in Deutschland lebende polnische Juden kurzfristig verhaftet und zur Ausweisung an die Grenze oder direkt nach Polen gebracht. Die Abschiebung von mindestens 17.000 Betroffenen erfolgte überraschend und gewaltsam. Die Zusammenarbeit von Reichsbahn und Behörden bei der Aktion lieferte das „Vorbild“ für die späteren Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Bereits Am Dienstag wurde der 70.000te „Stolperstein“ in Frankfurt verlegt. Damit bleibt die Aktion des Künstlers Gunter Demnig das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Mit den Steinen wird an die Opfer des Naziregimes erinnert.
Alle Steine sind durch Patenschaften finanziert. Ein Stein kostet 120 Euro. In Brambauer beteiligten sich daran die katholische Kirchengemeinde Herz Jesu Brambauer für Stanislaus Rura; die Firma TEDI GmbH, der Kulturpreisträger der Stadt Lünen Michael Kupczyk, der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Haustein und das AWO-Seniorenzentrum „An der alten Gärtnerei“ für die Familie Haberberg sowie die Steinbock-Apotheke der Familie Streich, die BRAMI-Gemeinschaft und der AWO-Ortsverein Brambauer für die Familie Portje.
Bilduntertexte: So sehen die Stolpersteine mit den Inschriften aus, die am Sonntag in Lünen-Brambauer verlegt werden (Die Fotos können auf Anfrage auch größer gemailt werden)

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Vor achtzig Jahren wurden am 28. Oktober 1938 in Deutschland lebende polnische Juden kurzfristig verhaftet und zur Ausweisung an die Grenze oder direkt nach Polen gebracht. Darunter auch Einwohner aus Lünen. Die Abschiebung von mindestens 17.000 Betroffenen im Rahmen dieser „Polenaktion“, unter ihnen auch der spätere Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, erfolgte überraschend und gewaltsam. Die Zusammenarbeit von Reichsbahn und Behörden bei der Aktion lieferte das „Vorbild“ für die späteren Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Eine Protestaktion in Paris gegen die „Polenaktion“ endete für einen deutschen Botschaftsmitarbeiter am 9. November 1938 tödlich und war Anlass für die Novemberpogrome, die auch in Lünen zur Ermordung von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern durch die Nazis führte. Auch dieses furchtbare Ereignis geschah vor 80 Jahren.
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Die Verlegung von Stolpersteinen ist ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Diese quadratischen Messingtafeln sind mit von Hand eingeschlagenen Lettern beschriftet und werden von einem angegossenen Betonwürfel mit einer Kantenlänge von 96 × 96 und einer Höhe von 100 Millimetern getragen. Sie werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster bzw. den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen. Im Oktober 2018 gab es über 70.000 Steine; in Deutschland und in 23 weiteren europäischen Ländern. Die Stolpersteine sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Quelle: Wikipedia
Der Arbeitskreis Lüner Stolpersteine setzt sich aktuell aus ehrenamtlich arbeitenden Lüner Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die sich bereits in der Vergangenheit für das Verlegen der Gedenksteine in ihrer Heimatstadt eingesetzt haben.

Autor:

Udo Kath aus Lünen

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