TTIP / CETA / TISA — ALLE Kommunen sind betroffen

News aus der Politik-Szene Lünen | Foto: — geralt / pixabay —
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Am Freitag, den 12.02.2016, hatte der Bürgermeister JKF in den Sitzungssaal des Lüner Rathauses zur Informationsveranstaltung zum Thema "Internationale Freihandelsabkommen"

TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ,

CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) ,

TISA (Trade in Services Agreement)

eingeladen.

Als Referent und Diskussionspartner stand der aus Wetter (Ruhr) stammende Abgeordnete des Europäischen Parlaments Prof. Dr. Dietmar Köster (SPD) zur Verfügung.

Hintergrund der Veranstaltung war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und eine Bürgeranregung (hier und hier),
die mittels Empfehlung des inzwischen pensionierten Bürgermeister Stodollik von der Behandlung im Haupt- und Finanzausschuss (= HuFA) am 20.08.2015 in die Ratssitzung am 27.08.2015 und dann weiter in die Amtszeit seines Nachfolgers JKF in den HuFA am 22.10.2015 verschoben wurden.

In diesen jeweiligen Sitzungen bekundeten Ratsvertreter , dass sie offenbar in Mehrheit nicht über ausreichendes Wissen zur Bewertung des Themas verfügen.

Die Stadtverwaltung hatte daraufhin diese Info-Veranstaltung organisiert.
Deshalb richtete sich die Einladung ausdrücklich nicht nur an interessierte Bürger*Innen, sondern auch an ALLE Ratsmitglieder.

Leider waren im versammelten Plenum von ca. 45 Personen nur einzelne Ratsvertreter der Grünen/Bündnis90, der GfL und der PIRATEN vertreten.
Die CDU ließ sich wegen laufender Klausurtagung zum Haushalt entschuldigen, von den SPD-Genossen des Referenten wurde keine diesbezügliche Information bekannt.

Herr Prof. Köster reflektierte vorab den Ablauf des bisherigen Verhandlungsstatus und verwies darauf, dass das Freihandelsabkommen CETA (Kanada mit EU) als "Blaupause" für TTIP bereits unterschriftsreif verhandelt sei.

In der Auseinandersetzung bezüglich Zweck, Nutzen und Risiken der Abkommen verwies er nachdrücklich auf die seiner Ansicht nach nicht in Relation stehenden Nutzen / Kosten-Effekte.

Nach verschiedenen Untersuchungen von Wirtschaftsinstituten wird laut Prof. Köster mit einem Wirtschaftswachstum in Deutschland von 0,5% des BIP durch TTIP zu rechnen sein. Das allerdings im Zeitraum bis 2027, also wenn überhaupt nur ein Wachstum von nur noch rund + 0.05% pro Jahr!

Allerdings drohen dafür die Aufgabe von Standards und die Einführung von PRIVATEN Schiedsgerichten, die Unternehmen anrufen können, wenn nach ihrer Überzeugung Staaten z. B. Gesetze erlassen, die ihre Investitionen gefährden und Gewinnabsichten verringern.

Solche privaten Gerichte wurden bereits früher (auch von Deutschland) in Handelsverträgen vereinbart.
Hintergrund war aber jeweils, dass es bei dem Vertragspartner kein existierendes Rechtssystem gab.
In den USA, Kanada und Europa ist aber unbestritten ein solches demokratisches Rechtssystem existent!

Prof. Köster sieht demnach die Gefahr, dass in Anbetracht drohender Milliarden-Strafen durch eine solche nicht demokratisch legitimierte Parallel-Rechtssprechung die autonome Gesetzgebung der beteiligten Staaten behindert oder sogar verhindert wird.

Abgesehen von den im "Geheimen" verhandelten Details dieser Abkommen, die dann urplötzlich als gesamtes Paket den Parlamentariern zur Abstimmung vorgelegt werden (CETA umfasst 1.600 Seiten), ist noch nicht einmal vollkommen klar, ob die einzelnen europäischen Parlamente diesen Abkommen zustimmen müssen (bzw. dürfen) oder die EU-Kommission und das EU-Parlament für alle Nationen bindend ratifiziert.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung vermittelte Prof. Köster dann die Einwirkungen von CETA und TTIP auf die unterste demokratische Organisationsebene, die Kommunen.

Hier wurde schnell klar, dass diese Freihandelsabkommen bis in diese tiefste Stufe greifen wird.
In früheren Abkommen gab es sogenannte "Positivlisten", die alle betroffenen Branchen beinhalteten.
Nun geht man den Weg der Bildung einer "Negativliste". Diese beinhaltet bis jetzt aber ausdrücklich nur die Branche "Audio- / Visuelles" (Google, YouTube, Facebook ?), die ausdrücklich von den Vereinbarungen nicht betroffen sind.
Somit sind alle anderen Brachen betroffen von den Absprachen.

Als Beispiel wurde u. a. erwähnt, dass demnach Rekommunalisierungen von Unternehmen nicht mehr möglich sein werden oder Stadtwerke z. B. auch bei der Wasserversorgung zukünftig Ausschreibungen bis in die USA öffnen müssen!

Abschließend beurteilte Prof. Köster, der die Meinung vertritt: "Freier Handel ist nicht alleiniges Ziel, sondern vielmehr der FAIRE Handel", die Risiken aus den geplanten Abkommen als immens, auch oder speziell für die Kommunen.
Deshalb hat er auch an der Protestveranstaltung gegen TTIP in Berlin am 1010.2015 mit den anderen 250.000 besorgten Bürgern*Innen teilgenommen.

Der EU-Abgeordnete Köster sieht die Streichung der Nebengerichtsbarkeit in Form von Schiedsgerichten aus den Verträgen als Grundvoraussetzung um überhaupt weitere Überlegungen anzustellen und wird solange auf keinen Fall diesen Verträgen zustimmen.

Hier bleibt abzuwarten, wie sich seine SPD als Mitregierungspartei auf Bundesebene dazu stellt.

Für Lünen als Kommune wurde klar:

1. alle vor dem Abschluss stehende Handelsabkommen greifen durch bis auf die kommunale Ebene
2. die Risiken sind in ihrem Umfang nicht abschließend bewertbar, sind aber maßgeblich vorhanden.

In der Konsequenz können die Ratsmitglieder als Vertreter der Bürger*Innen die wieder im Haupt- und Finanzausschusses am 25. Februar 2016 anstehende Anträge (siehe Links oben) zur Absage der "Internationalen Freihandelsabkommen" bei nachdenklicher Bewertung nicht mehr vertagen oder ablehnen.

Zum weiteren informieren und nachlesen die nachfolgenden (unvollständigen) Infomöglichkeiten:

TTIP — die Fakten

Echte Transparenz geht anders

Prognosen und Versprechen auf Rechnung

TTIP: fragwürdige Vorteile

Autor:

Reiner W. Dzuba aus Lünen

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