Will die AWO stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden in Marl loswerden?

Landesarbeitsgericht Hamm

Fast 30 Jahre ist der 54jährige Altenpfleger R.M. schon im Konzern AWO-Bezirk Westliches Westfalen e.V. tätig. Zunächst als Auszubildender in der Altenpflegeschule im Lucy-Romberg-Haus in Marl, dann als Altenpfleger in einer Sozialstation des AWO-Stadtverbandes Marl und seit dem 01.10.1997 im Julie-Kolb-Seniorenzentrum in Marl. Dort war er die überwiegende Zeit als Nachtwache eingesetzt. Seit 1998 kandidierte er zu den Betriebsratswahlen und ist derzeit stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates.

Völlig unerwartet wurde er im März 2022 – kurz vor der Neuwahl des Betriebsrates – mit sechs Beschwerden von Bewohnern bzw. Bewohnerinnen konfrontiert. Kurz danach wurde der Betriebsrat von der Leitung des Julie-Kolb-Seniorenzentrums am 14.03.2022 um Zustimmung zur fristlosen Kündigung von R.M. gebeten. Hierzu muss man wissen, dass das Mitglied eines Betriebsrates nur fristlos und erst dann gekündigt werden kann, sobald entweder der Betriebsrat oder ein Arbeitsgericht der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hat. Der Betriebsrat des Julie-Kolb-Seniorenzentrums verweigerte zwei Tage später seine Zustimmung zur fristlosen Kündigung von R.M.. Er bewertete die Angelegenheit insgesamt als sehr fragwürdig und machte erhebliche Bedenken gegen die Behauptungen der betroffenen Bewohner bzw. Bewohnerinne
geltend, zumal mehrere von ihnen gerontopsychiatrisch verändert seien. Außerdem stünde Aussage gegen Aussage und es lägen keine eindeutigen Beweise vor, die die Aussagen der Bewohner bzw. Bewohnerinnen bestätigen würden. Vielmehr konnte sich der Betriebsrat nicht des Eindrucks erwehren, dass der Versuch unternommen worden sein könnte, „ein zweifellos unbequemes Betriebsratsmitglied freizusetzen“.

Am 22.03.2022 reichte der AWO-Bezirk Westliches Westfalen e.V. als Träger des Marler Seniorenzentrums Klage beim Arbeitsgericht in Dortmund ein, um sich die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch das Gericht ersetzen zu lassen. Aber auch das Arbeitsgericht Dortmund hat es am 14. Februar dieses Jahres abgelehnt, der fristlosen Kündigung von R.M. seine Zustimmung zu erteilen. Hierfür war die Tatsache ausschlaggebend, dass der AWO-Bezirk den Betriebsrat im März 2022 nicht ordnungsgemäß zu den Hintergründen der Kündigung angehört hatte. So habe ein entsprechendes Anhörungsschreiben gefehlt, in dem z.B. die konkreten Gründe für die fristlose Kündigung dargelegt worden wären. Eine unzureichende Unterrichtung des Betriebsrates führe jedoch – selbst  wenn der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt hätte – zur Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung. Gegen diesen Gerichtsbeschluss hat der AWO-Bezirk Westliches Westfalen e.V. beim Landesarbeitsgericht in Hamm Beschwerde eingelegt.

Die öffentliche Gerichtsverhandlung findet statt

am Freitag, den 20. Oktober 2023
um 11 Uhr
im Landesarbeitsgericht Hamm, Marker Allee 94, 59071 Hamm,
in Saal 3.

Die Initiative schätzt die Chancen für den Betriebsrat und den Altenpfleger R.M. vor dem Landesarbeitsgericht sehr optimistisch ein. „Immerhin hat das Landesarbeitsgericht Hamm erst am 18.07.2023 im Rahmen einer Berufungsklage entschieden, das R.M. Anspruch auf die rückwirkende Zahlung seiner Vergütung ab November 2022 hat“, so deren Sprecher Detlev Beyer-Peters.

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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