Glosse
Ist der Kanon „Froh zu sein“ ein Fall für den Verfassungsschutz?

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Aufgepasst! Am 26. September, also heute, hat Mühling Geburtstag. Vor nunmehr 234 Jahren, also nur 16 Jahre nach Beethoven, wurde Mühling in Raguhn, zwischen Leipzig und Magdeburg, geboren. Viele kennen weder seinen Familiennamen noch seine drei Vornamen Heinrich, Leberecht und August. Aber seinen Kanon, den kennt man noch:

Froh zu sein bedarf es wenig,
und wer froh ist, ist ein König.

Nein, hier ist kein Funke aus dem Götterhimmel vonnöten, wie er von Schiller-Beethoven beschworen wird, hier ist die Freude noch selbst gemacht. Und es bedarf keiner anderthalbstündigen 9. Sinfonie, sondern nur eines kleinen, einfachen Kanons. Nun ist ein Kanon immer etwas Schönes, aber der Text scheint in diesem Fall doch etwas in die Jahre gekommen. Wir sollten etwas genauer hinschauen.
Kann, so fragt sich der algorithmisierte, alexabasierte und mülltrennende amazonale Paketverfolger, kann man heute überhaupt noch froh sein? Angesichts der Corona- und Rechtsradikalen-Pandemie, der Klimakatastrophe, des Rassismus, der Überwachungsökonomie, der Antisemiten und Kinderschänder … und Donald Trump?
Sollten wir uns nicht mit den sieben Schablonenfreuden zufriedengeben: Urlaub, Sonne, Fußball, Biergarten, Auto, Pizza, Tiramisu? Und dann einfach mal die Schnauze halten?
Der eigentliche Sprengsatz aber liegt in der vierten Zeile, denn als Demokrat möchte ich natürlich keine Monarchen produzieren! Selbst wenn mich das froh machen sollte!
So leid es mir für Mühling und seinen Geburtstag tut, sein Kanon ist ganz klar ein Schlag ins Gesicht aller Verfassungstreuen.
Und überhaupt: Ein froher König? Da hat doch das Volk versagt. Eine Blamage hoch drei! Ein guillotinierter geht ja, aber ein froher König? Nein, das geht gar nicht.
Und wo wir einmal dabei sind, was verbirgt sich denn konkret hinter diesem „wenig“, dessen es nur bedarf? Dass die Sonne aufgegangen ist? Dass der Stuhlgang geklappt hat? Oder dass der Karnevalszug nicht stattfindet? Wohl kaum. Nein, es bezieht sich auf den wenigen Verstand der chronisch Frohen. Denn je dümmer, um so froher. Ja, man kann umgekehrt sagen, ungebremst froh kann nur der Ungebildete, der Dumme sein. Eine irrsinnige Fröhlichkeit wird also hier dank Mühling kanonisch besungen!
Und wieviel solcher Könige soll es denn überhaupt geben dürfen? Gibt es da eine Obergrenze? Und: Haben wir die nicht schon lange erreicht?
Aber im Ernst: Dass beim Frohsein immer ein König herauskommen soll, bedeutet schon, dass der Kanon verfassungswidrig ist. Er ruft zum Umsturz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf und möchte eine Massenmonarchie errichten.
Dann doch lieber „Freude, schöner Götterfunken!“ Obwohl, wenn man durch den weiteren Text schaut, klingen da schon seltsam martialische Töne an: „Freudig wie ein Held zum Siegen!“
Bleibt da nur noch Käfersammeln mit Axel Hacke?
Jetzt werden einige Sprachkenner feste auf meine Schultern klopfen und mir flüstern, dass mit dem König doch nur der Schneekönig gemeint ist, was ja nur ein anderer Name des kleinen Zaunkönigs sei, der zu jeder Jahreszeit unverdrossen singt und den wir ja von einigen Redensarten her kennen. Trotzdem, um Missverständnisse zu vermeiden und den Verfassungsschutz herauszuhalten, empfehle ich abschließend eine kleine Textänderung:

Froh zu sein bedarf es wenig,
und wer froh ist, ist auch fröhlich!

Mit diesem Kunstgriff entzöge man den Kanon gleich auch der strengen Beobachtung geschichtsresistenter Feministen und Feministinnen, die mit dem unfrohen Zusatz „ein/e König/in“ den Kanon endgültig zum Einsturz brächten!

Aber über den zutiefst männlichen Götterfunken regt sich keine auf !!!

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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