Der Leiter des Stadtarchivs, Dr. Stefan Pätzold, stellt sich vor
"Die Erinnerungskultur wachhalten"

Dr. Stefan Pätzold hat als neuer Leiter des Stadtarchivs viele Aufgaben vor sich. Mit neuen Ideen will er weitere Mülheimer für die Stadtgeschichte begeistern. | Foto: PR-Fotografie Köhring/TW
  • Dr. Stefan Pätzold hat als neuer Leiter des Stadtarchivs viele Aufgaben vor sich. Mit neuen Ideen will er weitere Mülheimer für die Stadtgeschichte begeistern.
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Bewährtes fortsetzen, Pflichtaufgaben abhaken und mit eigenen Ideen persönliche Akzente setzen. Es ist viel, was sich Dr. Stefan Pätzold, der Dr. Kai Rawe als Leiter des Mülheimer Stadtarchivs abgelöst hat, vorgenommen hat. Seit Mai geht er Schritt für Schritt auf die Mülheimer zu.

Von Andrea Rosenthal

„Ich wünsche mir Offenheit, um mit allen geschichtsinteressierten Menschen in und um Mülheim ins Gespräch zu kommen“, bringt Dr. Stefan Pätzold seine Vision für das Haus der Stadtgeschichte auf den Punkt. Dabei kann der studierte Historiker, dessen Schwerpunkt auf der mittelalterlichen Geschichte liegt, in Mülheim schon auf einige bewährte Kooperationen zurückgreifen. Die Donnerstagsreihe zur Stadtgeschichte will er ebenso fortsetzen wie die Mitarbeit am Mülheimer Jahrbuch und das Zeitzeichen, das monatlich in der Mülheimer Woche erscheint.

„Die Donnerstagsreihe wird im September fortgesetzt, auch wenn wir unter Corona-Auflagen nur 30 Personen in unseren großen Vortragssaal lassen können“, verspricht Dr. Stefan Pätzold. Auch das nächste Zeitzeichen für die Mülheimer Woche ist in Arbeit.

Viele Aufgaben

„Außerdem müssen wir uns in Mülheim auch weiterhin mit dem Aufbau eines Dokumentenarchivierungssystems zur elektronischen Langzeitarchivierung beschäftigen“, erklärt der Leiter des Stadtarchivs. Dazu kommt die Sanierung des Tersteegen-Hauses. Um Anträge auf Zuschüsse stellen zu können, benötigt man ein Nutzungskonzept, das individuell auf die neue Raumstruktur des Heimatmuseums zugeschnitten ist. Diese Aufgaben erfüllt Dr. Stefan Pätzold mit Jens Roepstorff, Annett Fercho und sieben weiteren Kräften.

Dr. Stefan Pätzold hat in den vergangenen 15 Jahren als stellvertretender Leiter des Stadtarchivs in Bochum gearbeitet, wo er auch heute noch wohnt. Zuvor hat er mehrere Stationen durchlaufen, unter anderen in Pforzheim. „Das ist das Spannende, dass die Stadtgeschichte überall anders ist, auch wenn sie auf den selben geschichtlichen Grundpfeilern beruht“, erklärt er, dass er zwar fundierte geschichtliche Grundlagen mitbringt, aber dennoch Zeit zum Einarbeiten benötigt. „Auch mit 54 Jahren brauche ich da noch Welpenschutz und die Hilfe all der netten Mülheimer in den Vereinen und Institutionen.“

Spannendes Mittelalter

An der Arbeit in Mülheim hat Dr. Stefan Pätzold nicht nur der neue Aufgabenbereich als Leiter des Stadtarchivs gereizt, sondern vor allem die mittelalterliche Geschichte. „Das Schloss Broich ist sehr spannend. Damit würde ich mich gerne überfachlich beschäftigen. Eine Tagung von Archäologen und Historikern wäre vorstellbar“, gerät der Geschichtsexperte ins Schwärmen. Auch das Kloster Saarn birgt noch spannende Geschichte(n) aus dem Mittelalter.

Eine wichtige Aufgabe hat Dr. Stefan Pätzold beim Blick auf die Nutzer des Stadtarchivs und seiner Veranstaltungen erkannt. „Wir müssen die Jüngeren erreichen und auch die Neu-Mülheimer mit Migrationshintergrund“, formuliert er sein Ziel. Dafür möchte der Leiter des Stadtarchivs gemeinsam mit Jens Roepstorff an die Schulen herantreten. „Wenn die Kinder und Jugendlichen nicht zu uns kommen, gehen wir eben in die Schulen“, erklärt Dr. Stefan Pätzold. Dabei soll Jens Roepstorff sich den Grundschulen und der Sekundarstufe I widmen, während er selbst gemeinsam mit Oberstufenschülern Projekte erarbeiten möchte. „Auch bei den Neu-Mülheimern mit Migrationshintergrund gibt es so viele mit guter Ausbildung, bei denen ich mir gut vorstellen kann, dass sie auch an der Geschichte der Stadt, in der sie leben, interessiert sind“, hofft Stefan Pätzold. Er kann sich vorstellen, mit den verschiedenen Religionsgemeinschaften zu kooperieren.

Netzwerk bilden

Ein Anfang dafür wird im nächsten Jahr die Ausstellung zu 1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland sein. Dann starten ausgehend von Köln lokale Aktionen, bei denen in Mülheim das Stadtarchiv und die jüdische Gemeinde kooperieren. Es soll Vorträge und die Ausstellung „Abgestempelt. Judenfeindliche Postkarten.“ der Landeszentrale für politische Bildung geben.
Auch mit der Stadtbibliothek, dem Kunstmuseum und der städtischen Musikschule sind Veranstaltungen geplant. Mit dem Lehrstuhl Rhein-Maas der Universität Essen/Duisburg (UDE) ist eine Jahreskooperation angestoßen. Prof. Dr. Fuchs wird Vorträge in Mülheim halten, Dr. Pätzold an der Universität und die Studenten bekommen im Stadtarchiv Zugang zu neuen Forschungsfeldern.

Die Mülheimer dürfen sich auf zwei interessante Ausstellungen im Herbst freuen. Es geht um 25 Jahre Förderverein der Städtepartnerschaften und um das 40. Jubiläum des Mülheimer Zupforchesters.

Eigene Bücher

Dr. Stefan Pätzold berichtet weiter: „Ich möchte auch gerne unsere Eigenpublikationen verstärken. Ende des Jahres soll ein Sammelband aller 170 bisherigen Mülheimer Zeitzeichen erscheinen.“ Danach soll es im Zwei-Jahres-Rhythmus weitergehen. 2022 gibt es etwas zu „50 Jahre Stadtarchiv“ und 2024 dann eine kleine Stadtgeschichte Mülheims.

„Leider ist Geschichte heute für die jungen Menschen weit entfernt, da die Zeitzeugen wegsterben. Ich möchte die Erinnerungskultur wachhalten und mit neuen Medien an die Menschen herantreten“, verspricht der Leiter des Stadtarchivs. Dazu wir er bestehende Kontakte reaktivieren und neue ausbauen. „Es wird nicht schnell gehen, aber der gute Wille ist da“, weiß Dr. Stefan Pätzold und hofft auf viele offene Türen, wenn er sich Schritt für Schritt in die Geschichte der Stadt einarbeitet.

Autor:

Andrea Rosenthal aus Mülheim an der Ruhr

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