Vorvorletzte Generation
Vom Umwandeln

Anlass für diese Glosse war eine nervige Auseinandersetzung meiner Schwägerin und meines Schwagers mit Photovoltaik-Monteuren, die kein Wort Deutsch verstanden.

Was einem außer der Werbung für preiswerte Photovoltaik immer öfter ins Haus flattert, sind deren Monteure, die man nicht versteht, und die man nur mit körperlicher Gewalt, zumindest mir deren Androhung, davon abbringen kann, Leitungen dort entlang zu verlegen, wo man sie auf keinen Fall haben will.
Aber was machen unsere muskelreduzierten Senioren? Sie sind der Situation doch meistens schutzlos ausgeliefert, wenn die Stromsammelkabel quer unter die Wohnzimmerdecke genagelt werden, kramen in letzter Verzweiflung ihr verschimmeltes Oxford-Englisch aus, ehe sie die blanke Wut verstummen lässt, vor allem, weil sie noch fälschlicherweise in der Vorstellung gefangen sind, dass Handwerker in Deutschland sich mit Deutschen in Deutsch verständigen können und wollen - und vielleicht sogar müssen? (Weil doch jeder, der in Deutschland arbeiten will, auch Sprachkenntnisse nachweisen muss?)
Jedenfalls haben die Alten noch deutschsprechende Handwerker erlebt. Genau das avanciert neuerdings zum Kriterium für Altsein, dass man nämlich schon so steinalt ist, dass man tatsächlich noch, bitte sich festzuhalten, deutschsprechende Handwerker erlebt hat. In jener sagenumwobenen Epoche, als der Kunde noch König war. Nun ist die handelsübliche Massenmonarchie längst abgeschafft, aber selbst King Charles wird sich allein mit seinem Englisch kaum mit seinen Handwerkern verständigen können.
Heute gilt es eher umgekehrt: Der Anbieter ist Kanzler! Es empfiehlt sich also, vor dem Termin prophylaktisch nachzufragen, welche Sprachen bei der Firma gesprochen werden, und diese dann in einem Volkshochschul-Crash-Kurs zu lernen, ehe sich ein babylonischer Redeschwall in die eigenen Räume ergießt.
So jedenfalls denken die älteren Semester. Jüngere wären sofort auf der Suche nach einer passenden App und hätten den Handwerkern ihr Handy vor den Mund gehalten. Oder sie riefen müde gähnend vom Sofa aus: „Alexa, übersetz mal auf Swahili!“ Okay, Polnisch geht im Moment noch nicht, aber das kommt ja alles noch.
„Wir sprechen kein Deutsch“ ist bisher eher selten in den günstigen Anzeigen für schnelle Montage einer Photovoltaik-Anlage zu lesen. Aber warum kommen fremdsprachige Handwerker nicht selbst auf die Idee, sich die Fragen und Bitten des Auftraggebers übersetzen zu lassen? Das wäre doch ein angemessener Service.
Zumal ihr Handwerk sich doch dem Umwandeln widmet: Sonnenschein in Strom, Gleichstrom in Wechselstrom! Warum nicht Swahili in Deutsch?
Da käme doch der neue KI-gesteuerte multilinguale Montage-Roboter „Panelboy“ gerade richtig. Er brächte den handwerker-gestressten Senioren sicher den ersehnten Wandel der Kommunikation, wofür sie - wie eine Leserin anmerkt - gerne Kaffee und Schnittchen spendieren würden ...

Autor:

Franz Bertram Firla aus Mülheim an der Ruhr

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