Interview mit Ex-09-Coach Farat Toku über Corona-Zeit und Fußballlehrer-Ausbildung
Einfach Menschen umarmen

Farat Toku: Immer engagiert an der Seitenlinie. Foto: Peter Mohr
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Seit mehr als zwanzig Jahren ist Farat Toku mit der SG Wattenscheid 09 verbunden. Zu Beginn der 2000er Jahre kam er erstmals als Spieler zur Lohrheide, kehrte dann unter Trainer "Putsche" Helmig erneut zurück (Mitspieler war damals BVB-Trainer Edin Terzic) und war später mehr als vier Jahre - in einer turbulenten Zeit - Trainer bei den 09ern. Nun hat der inzwischen 41-Jährige seine Ausbildung zum Fußballlehrer abgeschlossen. Im Gespräch mit dem Stadtspiegel stand er Rede und Antwort.

Erst einmal Glückwunsch zum „Fußballlehrer“. Wie groß ist deine Erleichterung, die Ausbildung jetzt geschafft zu haben?
Danke für die Glückwünsche. Sicherlich bin ich auch erleichtert, ich bin aber auch für die Zeit dankbar, ein Teil dieser Gruppe gewesen zu sein. Es ist schön, wenn man weiß, dass man die höchste Lizenz, die man als Trainer im Fußball erwerben kann, jetzt in der Tasche hat.

Was war die schwierigste Hürde, die zu nehmen war?
Die schwierigste Hürde war, überhaupt in den Lehrgang reinzukommen, wenn man bedenkt, dass sich 120 Trainer aus ganz Deutschland beworben haben und nur 24 Trainer an dem Lehrgang teilnehmen. Der nächste Lehrgang wird sich stark verändern. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich einer der Trainer war, der teilnehmen durfte.

Wie lief die Ausbildung durch die Corona-Einschränkung konkret? Mehr Online- als Präsenzschulung?
Wir mussten immer flexibel sein und uns an die Beschlüsse der Politik halten. Es war schon sehr schwer, weil wir ja auch Abstände einhalten mussten, Maske tragen usw… Irgendwann hat die Sportschule Hennef zugemacht, und wir mussten dann nach Frankfurt umziehen. Wir waren aber gut vorbereitet, und die Ausbilder haben immer eine Lösung gehabt. Als Trainer sind wir es ja auch gewohnt, flexibel zu sein und kurzfristig einen Plan zu ändern. Ich hatte ja diesbezüglich genug Erfahrung von 09. Wir hatten auch Onlinephasen, die für uns alle nicht schön und auch sehr anstrengend waren. Für mich persönlich war es ungewohnt und auch "doof", stundelang in die Kamera zu gucken.

Wie hast du – abgesehen von deiner Ausbildung – die letzten 14 Monate unter Corona-Bedingungen verbracht? Wie viele Fußballspiele hast du „live“ gesehen?
Es war für mich sehr ungewohnt, so oft zu Hause zu sein. Ich habe meine Wohnung erst dann so richtig kennen gelernt. Ehrlich gesagt - irgendwann habe ich die ständigen Talkshows über Corona ignoriert. Die Politik hat leider ihre komplette Linie verloren und ist völlig überfordert gewesen. Man hat den Menschen die Verunsicherung angesehen. Fußball in Corona-Zeiten konnte man sich ohne Zuschauer erst gar nicht anschauen. Es war ungewohnt, und ich möchte mich auch erst gar nicht dran gewöhnen. Es fehlt immer noch etwas, und das kann man nicht ersetzen. Wenn es möglich war, dass Zuschauer ins Stadion zugelassen waren, habe ich mir so viele Spiele angeschaut, wie es nur möglich war. Mein Auslandspraktikum war auch sehr interessant, auch die fünfwöchige Praktikumszeit auf Schalke war sehr spannend. Man kann es so sagen, ich hatte genug zu tun und keine Langeweile.

Was fehlt dir persönlich momentan am meisten?
Mir fehlt es, Menschen, denen man nahesteht, einfach mal wieder zu umarmen. Freunde treffen, ins Stadion gehen. Eigentlich alles, was man früher als selbstverständlich angesehen hat. Als Trainer fehlen mir die Kabine, die Jungs und der Rasen, der Wettkampf, sich mit anderen zu messen, Fans im Stadion zu erleben.

Hattest du in der Zwischenzeit (nach dem Einstellen des Spielbetriebs in Wattenscheid) Angebote, einen Trainerjob zu übernehmen?
Ja, es gab Angebote und es hat mich auch gefreut. Ich wollte mich aber auf den Lehrgang konzentrieren, um mich als Trainer zu verbessern und zu entwickeln. Ich bin nicht der Trainertyp, der schnell irgendwo unterschreibt, um wieder Trainer sein zu können. Ich muss überzeugt von der Aufgabe sein. Es ist auch egal, in welcher Situation der Verein dann steckt. Ich muss zum Verein passen und der Verein genauso zu mir. Das ist der Schlüssel, um dauerhaft erfolgreich zu sein.

Und gibt es nun – mit der „frischen“ Lizenz in der Tasche – schon konkrete Pläne?
Ja, klar gibt es die, und ich freue mich schon auf die neuen Herausforderungen.

Autor:

Peter Mohr aus Wattenscheid

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