Holocaust-Zeitzeugin Ruth Weiss in der Pestalozzi-Realschule

Foto: Herausforderung Zukunft
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Zeitzeugin Ruth Weiss besuchte am Freitag (23.) auf Einladung des Projekts "Herausforderung Zukunft" die Pestalozzi-Realschule und diskutierte mit rund 120 Jugendlichen über ihr Leben und den Holocaust.

Die 90jährige Schriftstellerin kam wenige Tage vor dem 70. Jahrestag des KZ Ausschwitz nach Wattenscheid und schilderte ihre Erfahrungen als Jüdin mit dem NS-Regime. „Ohne Erinnerung hat die Zukunft kein Gesicht. Die Zeitzeugen werden immer weniger, es gibt nur noch wenige, die KZs überlebt haben und davon berichten können. Allerdings werden die Zeiten immer schwieriger. Bewegungen, wie Pegida sind gefährlich, hier sind Rattenfänger am Werk. Entsprechend ist es wichtig, dass die Jugend auch etwas über die Schrecken der Vergangenheit erfährt. Es liegt nun an Euch, dass ihr diesen Teil der Geschichte wachhaltet. Ihr müsste die Geschichte in die Zukunft tragen“, so der Appell von Ruth Weiss an die Schüler und Schülerinnen der 10er Klassen.

Jahrgang 1924

Ruth Weiss wurde 1924 in Fürth geboren, konnte mit ihrer Familie 1936 nach Südafrika emigrieren. „Mein Vater ging bereits etwas früher zu Verwandten nach Südafrika. Wir sind dann gefolgt. Ich habe natürlich gespürt, wie sich über Nacht die Stimmung veränderte. Plötzlich durfte niemand mehr mit mir spielen, ich war eine Außenseiterin, nur weil ich jüdischen Glaubens war. Meine Schwester wurde beschimpft und mit Dreck beworfen. Sie haben uns ihre Ablehnung spüren lassen. Als Kind war das grausam zu verstehen. Wir hatten doch nichts getan“, so Ruth Weiss. Anfang der 1960er Jahre begann sie in Johannesburg ihre Karriere als Journalistin. Sie berichtete u.a. für die Financial Times, die BBC, The Guardian und die Deutsche Welle. An der Seite von Nelson Mandela und Nadine Gordimer kämpfte sie gegen das Apartheid-Regime. „Das war mir ein wichtiges Anliegen. Ich hatte Diskriminierung in Deutschland während der Nazis erlebt. Nun sollte ich diese Diskriminierung in Afrika dulden und mittragen? Nein, das passte nicht zu meinem Verständnis von Gerechtigkeit“. Im Jahr 2005 wurde Ruth Weiss für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Frau Weiss wurde Mitte der 90er Jahre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als sie im Mittelpunkt zweier Folgen der renommierten ZDF-Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“ stand. Nach Stationen in Südafrika und Simbabwe zog sie 1992 nach England, bevor sie sich 2002 in Lüdinghausen/Westfalen niederließ. „Ich bin hier gestrandet. Mein Sohn lebt in Dänemark und ich bin – auf aufgrund der Ratschläge von Freunden – dort geblieben. Ich fühle mich dort sehr wohl. Aber Heimat? Nein, den Begriffe kenne ich nicht. Ich habe keine Heimat.“ Ruth Weiss verfasste mehrere Romane, darunter den Bestseller „Meine Schwester Sara“ und Sachbücher. Im Juli 2010 wurde eine Realschule in Bayern nach ihr benannt, im Dezember 2014 erhielt sie für ihr konsequentes Eintreten gegen Fremdenfeindlichkeit das Große Bundesverdienstkreuz.

Herausforderung Zukunft

Nach Wattenscheid kam sie auf Einladung von "Herausforderung Zukunft" . Dies ist ein überparteiliches Projekt, welches 2007 unter Schirmherrschaft der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu und Shimon Peres gegründet wurde. Die Initiative versteht sich als Plattform des Dialogs und greift aktuelle Themen auf. In den letzten Jahren konnte HERAUSFORDERUNG ZUKUNFT eine Reihe von namhaften Referenten begrüßen, darunter Jimmy Carter, Michail Gorbatschow, Seine Heiligkeit den Dalai Lama, Fürst Albert von Monaco, Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk, Lech Walesa, Shirin Ebadi, Martin Schulz und den tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus.

In regelmäßigen Abständen sind Persönlichkeiten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens auf Einladung von "Herausforderung Zukunft" zu Gast und diskutieren mit Jugendlichen. Das Projekt fühlt sich nicht zuletzt durch den Schirmherren Shimon Peres besonders dem Nahen Osten verbunden. Dazu dient auch das NRW-Israel-Forum, welches jährlich stattfindet und Fragen zur aktuellen Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten erörtert. Mit Ruth Weiss wurde zum Auftakt des Jubiläumsjahres zu 50 Jahren deutsch-israelischen Beziehungen an den Holocaust erinnert.

Autor:

Holger Crell aus Wattenscheid

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