Drachenboot in Witten
„Gemeinsam in eine Richtung“

Alle Hände hoch! Die „United“ und die „Baby United“ (links) Seite an Seite auf der Ruhr. | Foto: F. Schwabe
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  • Alle Hände hoch! Die „United“ und die „Baby United“ (links) Seite an Seite auf der Ruhr.
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Pflegefamilien der Waisenheimat Kinder- und Jugendhilfe Witten beweisen zusammen mit erfahrenen Drachenboot-Paddlern Ausdauer und Teamgeist

Langsam treibt das Paddel über die Ruhr, immer weiter auf die MS Schwalbe zu. Seit einem Monat ist das Schiff erst wieder im regulären Fahrtbetrieb. Die Gruppe im Drachenboot folgt dem verlorenen Paddel mit gebannten Blicken. Aber: der Kapitän hat gut aufgepasst und umschifft das Treibgut mit einer gekonnten Kurve. „Hier passt jeder auf den Anderen auf“, sagt Frank Schwabe. Er ist der Vorsitzende des CCF-Witten e.V. und der angehörigen Drachenbootgemeinschaft und steuert das Boot. Auf dem Wasser bilden die Paddler, Kanuten, Ruderer und Segler eine große Gemeinschaft – und die konnten Pflegefamilien der Kinder- und Jugendhilfe Witten am Sonntag auf der Ruhr erleben.

„Es ist einfach schön, dass der Verein das hier ermöglicht.“
- Ruth Nelißen

Zuerst gab es eine kleine Einführung und Sicherheitsunterweisung für die rund 10 Kinder und ihre Pflegefamilien. Auf dem Gelände der Canu-Camping-Freunde Witten e.V. an der Herbeder Brücke haben sie gelernt, wie sie die Paddel richtig halten und bewegen können: eine Hand oben am Griff, die andere ganz nah über dem Blatt. „Das werdet ihr morgen in den Armen merken“, schmunzelt Frank Schwabe. Die Kinder werden außerdem mit neonfarbenen Schwimmwesten ausgestattet und tummeln sich bunt unter dem hellgrauen Himmel. Sie sind zwischen drei und fünfzehn Jahren alt und haben teilweise schwere Einschränkungen. Die Jüngsten werden deshalb auch bei dem Ausflug entsprechend betreut. „Wir wollen Aktionen anbieten, bei denen alle mitmachen können.“, so Ruth Nelißen von der Kinder- und Jugendhilfe Witten. Beim Drachenboot ist das kein Problem, da sowieso alles über die Gemeinschaft funktioniert. Für die Sicherheit gibt es Begleitpersonen und die Schwimmwesten. Die Boote, Paddel und Expertise steuert die Drachenbootgemeinschaft (DBG) bei. „Es ist einfach schön, dass der Verein das hier ermöglicht.“, sagt Ruth Nelißen. So würde daraus ein gemeinsames Erlebnis für die Familien und die Pflegeeltern könnten sich untereinander austauschen.

Bevor die Boote ins Wasser können, ist noch ein wenig Organisation nötig: die Gruppen müssen so zusammengepuzzelt werden, dass in jedem Boot das Gewicht gleichmäßig verteilt ist. Neben den Pflegefamilien sind auch noch rund 10 erfahrene Paddler an Bord. Über eine eiserne Leiter mit rollenden Sprossen wird das erste, rund 12,5 Meter lange Boot langsam und vorsichtig in die Ruhr geschoben. Dafür sind viele Helfer nötig. Sowohl kleine als auch große Hände packen mit an. Auch der bunte Drachenkopf und der goldene Schwanz dürfen nicht fehlen. Dann die Trommel, mit der der Rhythmus angegeben wird. Denn alle Paddler müssen sich zusammen und gleichzeitig bewegen, um richtig voranzukommen.

Eine Runde und ein Rennen

„Herzlich willkommen auf der United“, sagt Frank Schwabe, als alle in beiden Booten sitzen. „Das neben uns ist die Baby United. Warum? Sie ist kleiner“. Die „Baby United“ konnte bereits erwirtschaftet werden und gehört bald dem Verein, das größere Boot ist noch ausgeliehen. „Große Drachenboote kosten neu bis zu 13.000 Euro“, sagt Frank Schwabe, „da bedarf es Förderer, um solche Summen zu stemmen. Hier bemühen wir uns gerade um Unterstützung.“ Er steht ganz hinten am Steuer mit Mikrofon und Piratenkopftuch und gibt die Anweisungen: „Nur die Schlagbank“ – „Paddel halt“ – „Boot stoppen“. Allmählich können die Paddler ihre Schläge immer besser aufeinander abstimmen. „Habt ihr denn schon einen Team-Namen?“, fragt der Steuermann. Die Kinder kommen recht schnell mit einem Vorschlag: „Black Angels“ soll die Gruppe heißen. Der Team-Name wird auch sogleich zum Schlachtruf, sobald das kleinere Boot, mit Steuermann Jens Oberbeck daneben auftaucht.

Beide Boote steuern auf den Kemnader Stausee zu. Dort treiben ein paar Schwäne mit ihrem Nachwuchs, die großzügig umfahren werden und sich von den langen Drachenbooten gar nicht beeindrucken lassen. Die Passagiere der Schwalbe dagegen winken fröhlich und schauen interessiert zu, wie das Boot wendet. Vorbeikommende Kanuten grüßt Frank Schwabe mit „Ahoi“. Auch einige andere Drachenboot-Teams trainieren auf der Ruhr. Vorbeikommende Fahrradfahrer feuern die Paddler an.

Am Ende gibt es für die Jugendlichen und Erwachsenen noch die Möglichkeit, eine Regatta-Strecke zu fahren. Dann heißt es zum ersten Mal: „Are you ready? Attention! Go!“. Bei einer Distanz von 250 Metern kommt die Gruppe noch einmal ordentlich ins Schwitzen, bevor es wieder an Land geht. Thomas Fromme, Bereichsleiter der Westfälischen Pflegefamilien ist mit der Aktion sehr zufrieden: „Alle hatten Spaß. Auch die Kombination aus erfahrenen Paddlern und Pflegefamilien fand ich gut. Es ist auch schön zu merken, wie man als Team die Boote in Bewegung bringt.“ Immer im Takt der Trommel. Auch die elfjährige Emely fand es schön, gemeinsam auf dem Wasser zu sein. Sie ist zum ersten Mal Drachenboot gefahren.

Gemeinsames Abschlusspicknick

Vor der Vereinshütte bauten die Organisatoren der Kinder- und Jugendhilfe zum Abschluss noch einen großen Picknicktisch auf – reich gedeckt mit Brötchen, Frikadellen, Muffins und einem großen Bastkorb mit Obst. „Das ist ein schönes Gelände hier. Auch schön, dass wir hier noch zusammen in der Runde sitzen können“, findet Ruth Nelißen. Auch Frank Schwabe von der DBG ist sehr zufrieden mit der Aktion. „Es lässt sich nur begrenzt planen. Man weiß vorher ja nie, wer genau teilnimmt und wie es dann letztendlich wird. Aber uns geht es um Spaß und um Bewegungsangebote. Es ist uns wichtig, dass alle die Chance haben, das zu erleben und somit dem Alltag ein Stück entfliehen können. Und das geht mit dem richtigen Team im Rücken immer. Wir verfügen über sozial eingestellte Teammitglieder die für solche Aktionen geeignet sind und derartige Projekte aus Überzeugung tragen! Das hat auf jeden Fall Wiederholungswert.“


Die Aktion wurde mit 4 ausgebildeten Rettungsschwimmern und Drachenbootsteuerleuten sowie einem lizenzierten Trainer durchgeführt.

Die Drachenboot- und Kanusportabteilung wurde erst in diesem Jahr im CCF-Witten e.V. gegründet und befindet sich noch mitten im Aufbau. Neben dem Drachenbootsport engagiert sich die DBG mit dem vereinseigenen Projekt „Drachenboot-verbindet“ sozial und bietet auch einfachen Zugang für Interessierte. Zudem werden Verstärkungen für die Teams und Förderer sowie Paten für die Boote und der weiteren Entwicklung gesucht.

Autor:

Inga Heidl aus Witten

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